Am Sonntagabend haben über 750 Menschen für einen Erhalt der Esso-Häuser demonstriert. Anlass war die Evakuierung des Gebäudekomplexes auf St. Pauli in der Nacht zum Sonntag.
Durchgang verboten: Nur noch durch Bauzäune können die Esso-Häuser, der Molotow-Club und die Tankstelle am Sonntagabend betrachtet werden. In einigen wenigen Wohnungen brennt noch Licht. Für 15 Minuten ins eigene Zuhause – in Begleitung der Feuerwehr können die BewohnerInnen nach der rasanten Evakuierung der vergangenen Nacht für einige Minuten in ihre Wohnungen, um einige Habseligkeiten, wichtige Medikamente oder ihre Haustiere zu holen.
Eine Frage der Verantwortung
„Bei der Tanke du und ich, die Esso-Häuser brauchen dich“, dröhnt es draußen laut aus den Boxen. Zwischen Bauzaun und Weihnachtsmarkt finden sich am Sonntag gegen 18 Uhr mehrere hundert Menschen zu einer Kundgebung ein. Am Nachmittag haben das Bezirksamt Hamburg-Mitte und der Eigentümer, die Bayerische Hausbau, bei einer Pressekonferenz bekanntgegeben, dass eine Rückkehr der BewohnerInnen in ihre Wohnungen sehr unwahrscheinlich sei, auch wenn die Statik noch weiter geprüft werde. Für die BewohnerInnen, Gewerbetreibenden und Mitglieder der Initiative Esso-Häuser zählt vor allem eines – die Frage der Verantwortung. „Der Notstand, den wir hier jetzt erleben, ist Resultat des Verhaltens der Eigentümer. Verfallen lassen und auf Abriss spekulieren“, sagt Steffen Jörg von der Initiative Esso-Häuser.
Die BewohnerInnen kritisieren, dass die Betroffenen – weder MieterInnen noch Gewerbetreibende – zu der Pressekonferenz am Nachmittag einladen wurden. Besonderes Ärgernis ist aus ihrer Sicht jedoch, dass die Betrachtung der Ereignisse nun auf die kurzfristige Unterbringung der BewohnerInnen reduziert wird. „Die Frage der Verantwortung wird bewusst nicht gestellt. Hier sollte entmietet werden, um abzureißen“, sagt eine Bewohnerin. Die BewohnerInnen und die Initiative fordern die Enteignung der Bayrischen Hausbau und eine genossenschaftliche Lösung. „Es geht hier nicht nur um die Esso-Häuser, es geht um die Stadt, es geht ums Ganze“, so Steffen Jörg weiter und verweist auf die Situation am Elisabethgehölz in Hamm und Langenhorn 73.
Eine auseinander gerissene Familie
Im Anschluss an die Kundgebung zieht die Demonstration über die Reeperbahn, die Simon-von-Utrecht-Straße und die Talstraße. „Kaputtbesitzen darf sich nicht lohnen – Hausbau enteignen“, ist auf dem Transparent ganz vorn am Demonstrationszug zu lesen. Die Polizei geht von mehr als 750 TeilnehmerInnen aus, der Veranstalter von etwa 1000. Die Demonstration verläuft friedlich, einige Feuerwerkskörper werden gezündet. „Das war nicht bloß ein Zuhause, sondern eine Familie, die jetzt abrupt auseinander gerissen wurde“, sagt ein Bewohner bei der Abschlusskundgebung. Als der Demonstrationszug gegen 19:30 Uhr wieder an den Esso-Häusern ankommt, sind auch die letzten Lichter in den Wohnungen erloschen. Einzig die große Werbeanzeige blinkt unbeeindruckt weiter.
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