Die Vereinigte Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft (vhw) darf den Backsteinbau „Elisa“ in Hamm abreißen. Am Elisabethgehölz rollt jedoch kein Bagger, bevor nicht die letzten MieterInnen ausgezogen sind. Gegen die verbleibenden fünf klagt die Genossenschaft jetzt.
Monatelang haben die MieterInnen von „Elisa“ in Hamm um den Erhalt der Wohnanlage gekämpft. Weder die Proteste noch ein Runder Tisch, an dem auch die Bezirkspolitik beteiligt gewesen ist, konnten die Abriss- und Neubaupläne der Vereinigten Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft jedoch abwenden. Der vhw liege nun auch eine offizielle Baugenehmigung für „Elisa II“ vor, teilt die Genossenschaft mit. Bereits im Februar 2013 war der Abriss des Gebäudes Am Elisabethgehölz genehmigt worden. „Sämtliche verwaltungsrechtlichen Bedingungen sind erfüllt. Jetzt liegt es an den wenigen verbliebenen Bewohnern, den Weg zur Umsetzung der mit allen Beteiligten gemeinschaftlich erarbeiteten Pläne freizumachen“, sagt Annika Patzelt, Sprecherin der vhw. Die bestehende Anlage solle durch einen Neubau mit mindestens 100 öffentlich geförderten Wohnungen ersetzt werden.
Fast alle BewohnerInnen seien auf Basis der mit dem Hamburger Mieterverein abgeschlossenen Rahmenvereinbarung bereits mit Ersatzwohnungen versorgt worden. „Von ehemals 122 Bewohnern verweigern lediglich noch fünf sämtliche Gespräche über das umfangreiche Angebot der vhw, wie Organisation von Ersatzwohnung, Übernahme aller Umzugskosten und Rückkehr in eine Neubauwohnung in „Elisa II“ zu einer garantierten Miete in Höhe von 5,90 Euro pro Quadratmeter“, heißt es von Seiten der vhw. Entsprechend der gesetzlichen und genossenschaftlichen Regeln mussten die Nutzungsverträge ordentlich mit einer mehrmonatigen Frist gekündigt werden. „Zu unserem Bedauern möchte ein Teil der Bewohner auch nach Ablauf der mehrmonatigen Kündigungsfrist keine konstruktiven Gespräche auf Basis der mit dem Hamburger Mieterverein abgeschlossenen Rahmenvereinbarung mit uns führen“, heißt es weiterhin von der Genossenschaft.
In der Konsequenz seien die fünf verbliebenen MieterInnen nun auf Rückgaben ihrer Wohnungen an die Genossenschaft verklagt worden. Die ersten Termine der Verfahren habe das zuständige Gericht für August 2014 festgesetzt. „Wir wünschen uns, dass wir auch mit diesen Bewohnern, gegebenenfalls mit Unterstützung des Gerichtes, eine konstruktive einvernehmliche Vereinbarung treffen können. Vor diesem Hintergrund gibt es selbstverständlich für die betreffenden Bewohner auch die Möglichkeit, eine Ersatzwohnung bei der vhw zu beziehen“, so die Genossenschaft.
„Elisa“ vor Gericht
„Wir sehen den Verhandlungen mit Interesse entgegen“, heißt es von Seiten der MieterInneninitative „Rettet Elisa„. „Wir bedauern, dass es in den letzten drei Jahren nicht möglich war, eine echte Diskussion um die Sache zu führen.“ Jegliche Diskussion um Sanierungsmöglichkeiten sei am Runden Tisch ausgeblieben. Durch die noch während des Runden Tisches erteilte Abrissgenehmigung, sei keine Debatte über Alternativen mehr möglich gewesen. Die Initiative weist erneut darauf hin, dass „Elisa“ laut einem Gutachten des Architekturbüros Dittert & Reumschüssel durchaus sanierbar sei. „In dem Neubauentwurf nach dem Workshop im Sommer 2013 fehlten die erforderlichen kleinen Wohnungen an der Seite zum Elisabethgehölz, obwohl die vhw in der Rahmenvereinbarung mit dem Mieterverein eine Rückkehr an den ungefähren jetzigen Wohnort garantiert“, kritisiert die MieterInneninitiative außerdem. Einem Single würden in einem geförderten Wohnbau 50 Quadratmeter zustehen. Die nachgebesserte aktuelle Neubauplanung (Oktober 2013) sehe aber nur acht Wohnungen mit einer Größe von 50 Quadratmetern vor, davon vier ohne Balkon. Demgegenüber befänden sich in der aktuellen Wohnanlage 18 kleine Wohnungen (32-43 Quadratmeter). „Weitere zehn alleinstehende Genossen, die in Elisa in größeren Wohnungen lebten, kämen als Rückkehrer möglicherweise hinzu. Sollen zukünftig 28 Genossen in 8 Neubauwohnungen leben?“, stellt „Rettet Elisa“ infrage.
Mehr als 500 Bürger aus Hamm und Umgebung sollen laut vhw bereits auf die Interessentenliste für eine der neuen Wohnungen stehen. „Der Vorstand der Genossenschaft appelliert deshalb auch im Sinne der 15.000 vhw-Mitglieder an die verbliebenen „Elisa“-Mieter, sich dem konstruktiven Dialog zu öffnen. Auch während der jüngsten Vertreterversammlung sei deutlich geworden, dass sich eine ganz große Mehrheit einen zeitnahen Baubeginn wünscht“, so die vhw. Die Genossenschaft strebt eine Fertigstellung des Neubaus im Jahr 2016 an.
Prof. Dr. Thomas
18. Juli 2014 at 11:42
Die Erteilung der Baugenehmigung für „mehr als 100 Wohnungen“ (es sind insges. 102) ist kein Grund zum Jubeln: Setzt die Umsetzung dieses Bauvorhabens doch den Abriss vorhandener 122 Wohnungen voraus – also ein Minus von 20 Wohnungen.
Bedauerlich ist besonders, dass der Abriss der vorhandenen Wohnungen mit anschließendem „Ersatzneubau“ gem. einem im Auftrag der VHW erstellten Gutachten mindestens 2.920,- € pro Quadratmeter kosten würde, eine Sanierung hingegen nur 1.842,- €/qm. Hätte die VHW das Gebäude nicht über Jahre hindurch verkommen lassen, lägen die Sanierungskosten sogar noch weit niedriger. Auch würde solide saniertes Gebäude deutlich länger bestehen, als ein mit öffentlichen Mitteln geförderter „Billig-Ersatzneubau“.
Als Mietervertreter und Teilnehmer der letzten Mitgliederversammlung der VHW bin ich mit den verbliebenen Mietern der Meinung, dass Verhandlungsbereitschaft keine Einbahnstraße ist: Vorstand und Aufsichtsrat sollten sich einen Ruck geben und die Sanierungsvariante im Interesse aller Beteiligten nicht kategorisch ausschlagen.
Stimme für Hamm
24. Juli 2014 at 14:35
Prof. Thomas ist uneingeschränkt zuzustimmen. Hinzu kommt das Versagen der örtlichen SPD-Politik (z.B. Kienscherf), die den Mieterinnen und Mietern erst uneingeschränkte Unterstützung zusicherte und dann „umgefallen“ ist.