Die Fraktion Die Linke in der Bürgerschaft fordert die Abschaffung von Gefahrengebieten. Der entsprechende Paragraph soll aus dem Polizeigesetzbuch gestrichen werden. Sollte die Bürgerschaft diesen Antrag ablehnen, will die Fraktion behelfsmäßig die Schaffung einer Rechtslage beantragen, die rechtsstaatlichen Mindeststandards entsprich.
Mehr als 40 Mal hat die Hamburger Polizei bereits Gefahrengebiete in Hamburg eingerichtet. Das älteste Gefahrengebiet St. Georg besteht durchgehend seit 1995, die zwei in St. Pauli seit 2001 beziehungsweise 2005. Nachdem die Polizei Anfang Januar große Teile Altonas, St. Paulis und der Sternschanze zum Gefahrengebiet erklärte, hatte es täglich kreative Protestaktionen gegeben.
Auch nachdem die Polizei das Gefahrengebiet auf drei sogenannte Gefahreninseln verkleinerte, gingen die Proteste weiter. Am Montag wurde das Gefahrengebiet endgültig aufgehoben, noch am selben Abend demonstrierten erneut etwa 800 Menschen unter dem Motto „Don’t let the system get you down“ gegen das Instrument Gefahrengebiet.
Gegen dieses richtet sich auch ein Antrag der Fraktion Die Linke. Das Ausmaß des Gefahrengebiets in St. Pauli, der Sternschanze und Altona habe vielen Menschen deutlich gemacht, dass dieses Mittel für einen Rechtsstaat nicht tragbar sei, heißt es in dem Antrag. Alleine die Größe habe den Blick auf die rechtsstaatliche Problematik dieses Instruments gelenkt. „Wenn der Senat nicht die konkrete politische Verantwortung für so eine weitreichende Maßnahme hat, ist das höchst problematisch“, sagt Christiane Schneider, innenpolitische Sprecherin der Linken.
In dem Antrag an die Bürgerschaft fordert die Fraktion die Streichung des Gefahrengebiets-Paragraphen (§ 4 Absatz 2 Satz 1 PolDVG). Schneider hält es für unwahrscheinlich, dass die Bürgerschaft dem Antrag in diesem Punkt folgt. Sollte die Bürgerschaft den Antrag ablehnen, will die Linke zumindest das Gesetz ändern. Demnach sollen klar überprüfbare Tatbestandsmerkmale, die zu Einrichtung eines Gefahrengebiets führen können, geschaffen werden, die Rechtsfolgen aufgelistet sowie ein Richtervorbehalt für Gefahrengebiete bis 48 Stunden und ein Parlamentsvorbehalt für Gefahrengebiete über 48 Stunden geschaffen werden.
Laut Schneider würden auf politischen Veranstaltungen oft Personen „herausgepickt“ die offensichtlich dem linken Spektrum zuzuordnen sind. Dies sei aber kein greifbares Kriterium. „Die Einrichtung eines Gefahrengebietes beruht nur auf der Lageerkenntnis der Polizei“, sagt Schneider. Sie bemängelt, dass das polizeiliche Handeln nicht kontrolliert werde. So sei unklar, wer die endgültige Entscheidung zur Einrichtung eines Gefahrengebietes treffe. So sei es relativ plausibel, dass Polizeichef Kopitzsch nicht über das jüngste Gefahrengebiet informiert gewesen sei. Auch verweist Schneider darauf, dass im Gefahrengebiet Personen durchsucht worden seien. Der Polizei ist es dort aber nur gestattet, beispielsweise in Rucksäcke hinein zu schauen, diese also in Augenschein zu nehmen.
Mit Bezug auf Innensenator Michael Neumann, der im Innenausschuss gesagt hatte, es gebe in Hamburg keine politischen Konflikte, sagt Dora Heyenn, Fraktionsvorsitzende der Linken: „Über der Stadt schweben viele Probleme, wie zum Beispiel die Flüchtlingsproblematik, Gentrifizierung und die Diskussion um den Erhalt der Rote Flora.“ Der Senat müsse diese Probleme annehmen. „Ich frage mich, wo Herr Neumann wohnt“, sagt Heyenn, „die Probleme sind mit der Hand zu greifen.“
Bei der nächsten Bürgerschaftssitzung am Mittwoch, 22. Januar, will die Fraktion den Antrag einbringen.
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