Politik

Demo für die Esso-Häuser: „Kaputtbesitzen darf sich nicht lohnen“

Politik
Isabella David
@isabelladavid89

Chefredakteurin | Studentin der Politikwissenschaft an der Universität Hamburg | Kontakt: david@hh-mittendrin.de

Am Sonntagabend haben über 750 Menschen für einen Erhalt der Esso-Häuser demonstriert. Anlass war die Evakuierung des Gebäudekomplexes auf St. Pauli in der Nacht zum Sonntag.

Durchgang verboten: Nur noch durch Bauzäune können die Esso-Häuser, der Molotow-Club und die Tankstelle am Sonntagabend betrachtet werden. In einigen wenigen Wohnungen brennt noch Licht. Für 15 Minuten ins eigene Zuhause – in Begleitung der Feuerwehr können die BewohnerInnen nach der rasanten Evakuierung der vergangenen Nacht für einige Minuten in ihre Wohnungen, um einige Habseligkeiten, wichtige Medikamente oder ihre Haustiere zu holen.

Eine Frage der Verantwortung

„Bei der Tanke du und ich, die Esso-Häuser brauchen dich“, dröhnt es draußen laut aus den Boxen. Zwischen Bauzaun und Weihnachtsmarkt finden sich am Sonntag gegen 18 Uhr mehrere hundert Menschen zu einer Kundgebung ein. Am Nachmittag haben das Bezirksamt Hamburg-Mitte und der Eigentümer, die Bayerische Hausbau, bei einer Pressekonferenz bekanntgegeben, dass eine Rückkehr der BewohnerInnen in ihre Wohnungen sehr unwahrscheinlich sei, auch wenn die Statik noch weiter geprüft werde. Für die BewohnerInnen, Gewerbetreibenden und Mitglieder der Initiative Esso-Häuser zählt vor allem eines – die Frage der Verantwortung. „Der Notstand, den wir hier jetzt erleben, ist Resultat des Verhaltens der Eigentümer. Verfallen lassen und auf Abriss spekulieren“, sagt Steffen Jörg von der Initiative Esso-Häuser.

Die BewohnerInnen kritisieren, dass die Betroffenen – weder MieterInnen noch Gewerbetreibende – zu der Pressekonferenz am Nachmittag einladen wurden. Besonderes Ärgernis ist aus ihrer Sicht jedoch, dass die Betrachtung der Ereignisse nun auf die kurzfristige Unterbringung der BewohnerInnen reduziert wird. „Die Frage der Verantwortung wird bewusst nicht gestellt. Hier sollte entmietet werden, um abzureißen“, sagt eine Bewohnerin. Die BewohnerInnen und die Initiative fordern die Enteignung der Bayrischen Hausbau und eine genossenschaftliche Lösung. „Es geht hier nicht nur um die Esso-Häuser, es geht um die Stadt, es geht ums Ganze“, so Steffen Jörg weiter und verweist auf die Situation am Elisabethgehölz in Hamm und Langenhorn 73.

Eine auseinander gerissene Familie

Im Anschluss an die Kundgebung zieht die Demonstration über die Reeperbahn, die Simon-von-Utrecht-Straße und die Talstraße. „Kaputtbesitzen darf sich nicht lohnen – Hausbau enteignen“, ist auf dem Transparent ganz vorn am Demonstrationszug zu lesen. Die Polizei geht von mehr als 750 TeilnehmerInnen aus, der Veranstalter von etwa 1000. Die Demonstration verläuft friedlich, einige Feuerwerkskörper werden gezündet. „Das war nicht bloß ein Zuhause, sondern eine Familie, die jetzt abrupt auseinander gerissen wurde“, sagt ein Bewohner bei der Abschlusskundgebung. Als der Demonstrationszug gegen 19:30 Uhr wieder an den Esso-Häusern ankommt, sind auch die letzten Lichter in den Wohnungen erloschen. Einzig die große Werbeanzeige blinkt unbeeindruckt weiter. 

Klicken um Kommentar zu schreiben

Artikel kommentieren

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Mehr in Politik

Demonstration Golden Pudel, 19.2.2016, Foto: Isabella David

Demo für den Pudel Club: „Unsere Ruine kriegt ihr nicht!“

Isabella David20. Februar 2016
1-Michael_Neumann_SPD1

Innensenator Neuman tritt zurück – Grote wird Nachfolger

Isabella David18. Januar 2016
Winternotprogramm Münzviertel, Oktober 2015, Foto: Isabella David

Petition an die Sozialbehörde: „Das Winternotprogramm tagsüber öffnen!“

Isabella David8. Januar 2016
Tegida Demo Januar 2015, Foto: Henry Lührs

Anpacken statt lang schnacken – das war 2015 in Hamburg-Mitte

Isabella David31. Dezember 2015
Tagesstätte für Geflüchtete, Bieberhaus, Foto: Isabella David

Tagesstätte für Geflüchtete im Bieberhaus: „Vieles ist improvisiert“

Isabella David17. Dezember 2015
Schulstreik 2013, Foto: Dominik Brück

Schüler demonstrieren: „Bleiberecht statt Waffenexporte“

Isabella David17. Dezember 2015
Hosemann, City-Hof, Foto: Isabella David

Interview: „Dem City-Hof ein Denkmal setzen“

Isabella David10. Dezember 2015
FOTO: POLITIKWERFT DESIGNBÜRO

„Basta-Politik gescheitert“: Scholz nach Olympia-Referendum in der Kritik

Isabella David9. Dezember 2015
Olympia in Hamburg

Diskussion: Olympia in Hamburg – ja oder nein?

Mittendrin27. November 2015

Rund um Billstedt, Billbrook und Horn atmet die grüne Lunge der Stadt. In Hamm, Rothenburgsort, Borgfelde, Hammerbrook, St.Georg, der Alt- und Neustadt, und auf St. Pauli riecht und schmeckt man Hamburg an jeder Straßenecke. Die Hafencity glänzt und glitzert im Schatten der dicken Pötte und Kräne.

Die andere Seite der Elbe auf der Veddel, in Wilhelmsburg, auf dem Kleinen Grasbrook, in Steinwerder, Waltershof, Finkenwerder und auf der Insel Neuwerk lässt hanseatische Tradition spürbar werden.

Das ist Hamburg-Mitte, unser Bezirk inmitten einer lebhaften Stadt. So vielfältig wie seine Bewohner sind die Geschichten, die wir erzählen.

Mittendrin ist Name und Programm – täglich sind wir unterwegs und bringen euch spannende Reportagen, aktuelle Lokalnachrichten und ausdrucksstarke Bilder und Videos aus Hamburgs bunter Mitte.

Hamburger Geschichten

© 2012 - 2015 Mittendrin | Alle Rechte vorbehalten. Impressum - Umsetzung Politikwerft Designbüro.