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Molotow Club gekündigt

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Isabella David
@isabelladavid89

Chefredakteurin | Studentin der Politikwissenschaft an der Universität Hamburg | Kontakt: david@hh-mittendrin.de

Den MieterInnen in der Gewerbezeile der vom Abriss bedrohten Esso-Häuser auf St. Pauli, darunter das Molotow und das Planet Pauli, wurde zum 30. Juni 2014 gekündigt. Sowohl in der Bezirksversammlung, als auch in der Bürgerschaft gibt es bereits Stimmen, die Unterstützung für die Kultclubs ankündigen. Die Initiative Esso-Häuser fordert die gründliche Prüfung aller Möglichkeiten, die einen Erhalt am aktuellen Standort beinhalten. Am Sonnabend wollen unweit der Esso-Häuser tausende gegen steigende Mieten und Verdrängung demonstrieren.

Von Dominik Brück & Isabella David

Der Molotow Club in den vom Abriss bedrohten Esso-Häusern auf St. Pauli hat durch die Bayrische Hausbau, die Eigentümer der Esso-Häuser und Vermieter des Clubs ist, die fristgerechte Kündigung erhalten. Voraussichtlich Mitte nächsten Jahres könnten in dem berühmten und beliebten Kiez-Club die Lichter endgültig ausgehen. Noch am Freitag wurde im Molotow bei einer Clubtour mit der Band Caracho auf die ungewisse Zukunft der Esso-Häuser insgesamt und den Kultclubs am Spielbudenplatz aufmerksam gemacht.

Wie die Bayrische Hausbau am Mittwochnachmittag bestätigte wurde nicht nur dem Molotow, sondern der gesamten Gewerbezeile gekündigt.  „Wir müssen heute davon ausgehen, dass wir zum 30. Juni 2014 von Seiten der Stadt keine Betriebsgenehmigung für das Areal mehr haben werden“, begründet Bernhard Taubenberger Leiter Kommunikation und Strategisches Marketing bei der Bayrischen Hausbau das Vorgehen. Dies seien die Konsequenzen aus dem Gutachten zur Statik des Gebäudekomplexes. „Ab dem 30. Juni 2014 wird weder das Wohnen noch der Gewerbebetrieb in den Häusern mehr möglich sein. Es ist unsere Verantwortung als Eigentümer nun die Ummietung der Mieter in Angriff zu nehmen“, so Taubenberger weiter. Die Bayrische Hausbau kündigt an am 30. September 2013 eine Mieterversammlung einzuberufen, bei der Mietverhältnisse thematisiert werden sollen. Laut Bayrischer Hausbau gab es bereits Gespräche mit den Gewerbetreibenden über Möglichkeiten der Fortführung ihrer Tätigkeiten nach einem möglichen Abriss und dem vom Investor angestrebten Neubau. „Wir schließen nicht aus, dass die Clubs später in einen Neubau zurückkehren können. Wir stehen am Anfang eines Dialoges darüber, zu welchen Konditionen die Clubbetreiber sich dies vorstellen könnten.

„Natürlich finden wir das scheiße, besonders da die Bayrische Hausbau uns angelogen hat“, sagt jedoch Andi Schmidt, Betreiber des Molotow. Die Bayrische Hausbau habe den Gewerbetreibenden ursprünglich in Aussicht gestellt, zu gleichen Konditionen in einen Neubau zurückkehren zu können und in der Übergangszeit für Ausweichquartiere zu sorgen. „Davon ist nun keine Rede mehr. Die Bayrische Hausbau vergibt keine Garantie dafür, dass es in einem möglichen Neubau keine Mietsteigerungen geben wird“, so Schmidt weiter. Steige die Miete zu stark an, könne das Molotow nicht weiter betrieben werden. Grund für das Umschwenken des Eigentümers sind aus Sicht von Schmidt die Forderungen der Politik nach mehr sozialen Wohnungsbau in einem Neubau. „Mein Eindruck ist, dass sich die Bayrische Hausbau nun bei den Gewerbetreibenden die Verluste zurückholen will“, so Schmidt. Für den Molotow-Club suche man nun nach einer Zwischenlösung. Konkrete Hilfe habe die Bayrische Hausbau dabei bisher nicht angeboten. „Ich habe nicht das Gefühl, dass der Erhalt der Clubs für die Bayrische Hausbau eine Priorität hat“, sagt Schmidt.

Auch Zlatko Bahtijarevic, Betreiber des „Planet Pauli“, bestätigt das vom Andi Schmidt beschriebene Vorgehen der Bayrischen Hausbau. „Ich war entsetzt und hatte eine schlaflose Nacht. Wir alle haben Angst um unsere Existenz“, sagt  Bahtijarevic. Trotzdem will er jedoch nicht aufgeben und sucht nach einer Zwischenlösung für das Planet Pauli. „Das Thema gewerbliche Mieten war lange Zeit für die Politik kein wichtiges Thema“, sagt  Bahtijarevic. Jetzt sei es endlich an der Zeit sich darum zu kümmern. „Ich fordere die Politik auf, nach Lösungen für die Gewerbetreibenden zu suchen!“, so  Bahtijarevic weiter.

Foto: Jonas Walzberg Esso-Häuser

Sowohl in der Bürgerschaft, als auch in der Bezirksversammlung haben verschiedene Fraktionen bereits ihre Unterstützung für die Gewerbetreibenden am Spielbudenplatz angekündigt. „Jetzt zeigt die Bayerische Hausbau ihr wahres Gesicht. Kündigung ohne Rückkehrrecht und Übergangslösung, so kann man nicht mit dem MieterInnen und dem Kultclub Molotow umgehen. Wir werden dies nicht akzeptieren und uns gemeinsam mit den Betroffenen wehren“, sagt Michael Osterburg, Fraktionsvorsitzender der Grünen in Hamburg-Mitte. Auch Norbert Hackbusch (die Linke), Vorsitzender des Kulturausschusses in der Bürgerschaft, fordert die Stadt solle sich für einen Erhalt der Clubs einsetzen. „Heute wird das Molotow als Top-Location beim Reeperbahnfestival präsentiert und nächstes Jahr soll davon nur noch ein Haufen Schutt übrig sein? Das läuft so nicht.“ Im Gespräch mit dem Fernsehsender Hamburg 1 hat Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) bereits Hilfe für das Molotow zugesichert. Für die übrigen Clubs und GewerbemieterInnen will der Bezirks jedoch nichts tun. Es handele sich beim Molotow um einen besonderen Fall, heißt es vom Bezirksamtsleiter.

Die Initiative Esso-Häuser fordert von der Politik mehr Engagement. „Es ist skandalös wie die Bayrische Hausbau nun in Tabula-Rasa Methode den Abriss vorbereitet. Die ehemals öffentlichkeitswirksam verkauften Versprechungen, dass alle zurückkommen können, sind Schnee von gestern“, sagt Christiane Krenkler von der Initiative. Die Politik sei nun aufgefortdert ihren Versprechen Taten folgen zu lassen und allen Gewerbetreibenden ein verbindlcihes Rückkehrrecht zu gleichen Konditionen zusichern. Im Februar 2012 hatte die Bezirksversammlung beschlossen, dass die Bayrische Hausbau den Gewerbetreibenden eine Rückkehr in den Neubau ermöglichen müsse. Insbesondere das Molotow solle dabei die gleichen Konditionen erhalten und für den Umzug während der Bauzeit entschädigt werden. Die Initiative hält zudem weiter daran fest, dass eine Sanierung des gesamten Gebäudekomplexes möglich sei. Es sei erneut notwendig Sanierungsoptionen zu prüfen, insbesondere ob der Erhalt der Gewerbezeile eine mögliche Alternative darstellt.

In unmittelbarer Nähe zu den Esso-Häusern, direkt am Millerntorplatz, startet am Sonnabend um 14 Uhr im Rahmen eines bundesweiten Aktionstages die Demonstration „Keine Profite mit der Miete – die Stadt gehört allen!“, zu der unter anderem auch die Initiative Esso-Häuser mit aufruft.

Schon länger wird auch auf kreative Art für den Erhalt der Esso-Häuser und dem Kultklub Molotow protestiert:

Rechts oben auf unserer Seite geht es zu unserem Audiodossier zu den Esso-Häusern. Hört doch mal rein!

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6 Kommentare

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  3. Erich

    27. September 2013 at 09:19

    Nicht nur das Molotow ist betroffen, es sind viele andere Gewerbetreibende auch betroffen !!
    Der Bezirksamtsleiter Andy Grote hat öffentlich versichert, das sich der Bezirk Mitte sehr breit machen werde, um das Molotow zu erhalten !! Wie weit sich da durch die Preisstrucktur des zuküftingen Molotow entwickeln werde, stand noch aus !! Denn so wie zu hören war, setzt er sich nur für das Molotow ein, weil ihm das eine Herzenzangelegenheit sei !! Denn es ist zu verhindern, das solche Einrichtungen, wie das Molotow verschwinden !! Ich sage da nur, – immer schön aufpassen, undf am Ball bleiben, was so gesagt wird !! Und wenn was gesagt wurde, dann dem, der es gesagt hat, immer wieder vorhalten, sonst wird das nie etwas !!

  4. Pingback: Neues vom Molotow, von Yuck, Young Rebel Set und vielen weiteren. | Wir feiern in Ochtrup

  5. Pingback: Esso-Häuser: Der Anfang vom Ende | Mittendrin | Das Nachrichtenmagazin für Hamburg-Mitte

  6. Pingback: Eilmeldung: Esso-Häuser geräumt | Mittendrin | Das Nachrichtenmagazin für Hamburg-Mitte

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