Politik

Esso-Häuser: Der Anfang vom Ende

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Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Am Montag wurde auf einer MieterInnenversammlung in den Esso-Häusern die Zukunft der MieterInnen diskutiert. Während ein Abriss der Gebäude immer wahrscheinlicher wird, hat der Eigentümer bisher noch keine verbindlichen Zusagen für ein Rückkehrrecht der MieterInnen in einen Neubau gemacht. Die Zeit wird knapp für die Esso-Häuser und seine BewohnerInnen – bereits Mitte 2014 wird ohne Sanierung das Wohnen in dem Gebäudekomplex nicht mehr möglich sein.

Am Montag hatte der Eigentümer der Esso-Häuser auf St. Pauli, die Bayrische Hausbau, die MieterInnen zu einer Versammlung geladen. Auf dem Treffen wurde besprochen, unter welchen Bedingungen in naher Zukunft der Auszug der MieterInnen vollzogen werden kann. Die Stadtentwicklungsgesellschaft steg soll die Zwischenlösungen für die MieterInnen organisieren, bis die Rückkehr in einen Neubau geregelt ist. „Die steg hat Erfahrung in solchen Angelegenheiten und ist daher ein besserer Partner als die Bayrische Hausbau“, sagt Christina Röthig von der GWA St. Pauli, die die Initiative Esso-Häuser unterstützt. Nachdem in der vergangenen Woche bereits den Gewerbetreibenden im Erdgeschoss des Gebäudekomplexes am Spielbudenplatz gekündigt worden war, sind die Gespräche mit den MieterInnen der nächste Schritt, um den Abriss der Esso-Häuser vorzubereiten. Sowohl bei den Gewerbetreibenden, als auch bei den MieterInnen fehlen jedoch feste Zusagen für eine Rückkehr in den geplanten Neubau.

Voraussichtlich Mitte nächsten Jahres wird die Betriebsgenehmigung der Gebäude erlöschen, da die Stadt aufgrund schwerer baulicher Mängel die Nutzung der Häuser nicht länger zulassen wird. Ein durch den Bezirk Hamburg-Mitte in Auftrag gegebenes Gutachten hatte gezeigt in welchem Zustand die über 50 Jahre alten Gebäude sind. Kritiker hatten dem Eigentümer vorgeworfen, die Instandhaltung der Gebäude vernachlässigt zu haben. Die Bayrische Hausbau will an der Stelle der Esso-Häuser einen Neubau errichten, in dem auch zahlreiche Eigentumswohnungen gebaut werden sollen. Der Bezirk fordert von dem Immobilienunternehmen den Anteil der Sozialwohnungen in einem Neubau zu erhöhen.

„Aus diesem Grund wartet die Bayrische Hausbau mit festen Zusagen über die Konditionen einer Rückkehr in den geplanten Neubau ab“, sagt Christina Röthig. Durch weniger Eigentumswohnungen seien auch die Einnahmen geringer. Dies könnte zukünftig höhere Mieten zur Folge haben. Damit steht die Bayrische Hausbau den Forderungen der Politik entgegen. Laut einem Beschluss der Bezirksversammlung sollen die MieterInnen zu gleichen Konditionen wie jetzt in einen Neubau zurückkehren dürfen. „Die Politik muss jetzt alle ihre Handlungsoptionen nutzen, um den Beschluss umzusetzen“, fordert Christina Röthig. Die Initiative Esso-Häuser will weitere Gespräche mit Politikern führen, um verbindliche Zusagen für die MieterInnen zu erhalten. „Jetzt haben wir die gleiche Situation wie vorher, nur das die Umsetzung der Abrisspläne bereits begonnen hat“, sagt Christina Röthig. Auch der vorgestellte Sozialplan, der eine Umzugspauschale, Kosten für Ummeldung und Telefonanschluss sowie eine Entschädigung für Einbaumobiliar beinhaltet, entspricht nicht den Forderungen von Politik und Initiative. Statt allen MieterInnen die Leistungen des Sozialplans zukommen zu lassen, gilt dieser nur für jene, die derzeit über einen unbefristeten Mietvertrag verfügen. Alle anderen MieterInnen erhalten lediglich eine Umsetzwohnung. „Damit tritt die Bayrische Hausbau von ihrer Zusage zurück allen MieterInnen Umzugshilfen anzubieten“, sagt Christina Röthig.

Die Initiative Esso-Häuser will die aktuelle Situation in der nächsten Bezirksversammlung erneut zum Thema machen. Auch wenn die Zukunft der Gewerbetreibenden und MieterInnen derzeit im Vordergrund stehe, will die Initiative die Esso-Häuser noch nicht aufgeben. „Es müssen nochmal alle Sanierungsoptionen geprüft werden. Das Gutachten schließt einen Erhalt nicht aus“, sagt Christina Röthig. „Es wäre auch das Beste für alle MieterInnen gar nicht erst ausziehen zu müssen, sondern Teil einer Sanierungsvariante zu sein“, so Röthig weiter. Der Bezirk hat bereits angekündigt sich weiter für die MieterInnen einsetzen zu wollen. Auch den Kultclub Molotow will der Bezirks erhalten. Wie es mit den anderen Clubbetreibern und Gewerbetreibenden weitergehen soll bleibt jedoch offen. Ebenso ist derzeit nicht klar, welche Möglichkeiten dem Bezirk bleiben einen Abriss zu verhindern, falls die Bayrische Hausbau den Konditionen der Politik nicht zustimmt. Der Countdown für den Abriss der Esso-Häuser hat bereits begonnen. In wenigen Monaten wird sich zeigen, ob eine Rettung in letzter Sekunde gelingen oder zumindest eine sozialverträgliche Lösung für alle MieterInnen gefunden werden kann. Fest steht, dass der Protest gegen den Abriss der Esso-Häuser auch mit dem Erscheinen der Bagger nicht beendet sein wird.

Fotos: Jonas Walzberg

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