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Kapernaumkirche: „Der Islam gehört zu Hamburg-Mitte“

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Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Der Einzug der islamischen Al-Nour-Gemeinde in die Kapernaumkirche in Horn (Mittendrin berichtete) sorgte am Donnerstag für eine leidenschaftliche Debatte in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte. Mit großer Mehrheit sprachen sich die Abgeordneten für das Konzept „Außen Kirche, innen Moschee“ aus. Einzig die CDU kritisierte die Pläne von Al-Nour und bekam eine Lehrstunde in gelebter Integration.

Die erneute Debatte über die Kapernaumkirche in Horn führte am Donnerstag zu einem Schlagabtausch zwischen der CDU und den übrigen Fraktionen in der Bezirksversammlung. Gleich mit zwei Anträgen wollte die CDU die Umwandlung der Kapernaumkirche in eine Moschee thematisieren. Der erste Antrag forderte dabei die Einladung der Al-Nour Gemeinde in den zuständigen Regionalausschuss, um hier über die geplanten Baumaßnahmen zu informieren. Der zweite Antrag hatte die Erstellung eines Nutzungskonzeptes durch die Verwaltung zum Ziel. Nach Ansicht der CDU seien in Bezug auf die zukünftige Moschee noch zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen. So seien die Einhaltung des Denkmalschutzes und die Lösung der von der CDU erwarteten Verkehrs- und Parkplatzproblematik ebenso ein Thema, wie die Frage nach der Darstellung von religiösen Symbolen und einem möglichen Muezzin-Ruf.

„Die Kapernaumkirche ist mehr als ein Gebäude. Uns ist wichtig, dass sie geschützt bleibt. Darüber wollen wir auf Augenhöhe miteinander reden“, sagt die Bezirksabgeordnete Constanze Manzke (CDU). Der Fraktion käme es darauf an, den Denkmalschutz bei diesem für den Stadtteil bedeutsamen Gebäude genau einzuhalten. Weiterhin bringe die Umwidmung der Kirche eine Vielzahl neuer Herausforderungen. Besonders im Hinblick auf die Verkehrssituation sei ein neues Gesamtkonzept zu entwickeln. „Als dies noch eine christliche Kirche war, kamen die Menschen mit dem Fahrrad oder zu Fuß zum Gottesdienst. Jetzt ist damit zu rechnen, dass hier ein großes Verkehrsproblem entsteht“, sagt Manzke.

Der Bezirksabgeordnete Christian Kammeyer (SPD) zeigt sich verwundert über die Sorgen der CDU: „Ich kann an dem Entstehen einer Moschee hier nichts Verwerfliches finden. Außerdem hat Al-Nour bereits zugesagt das denkmalgeschützte Äußere der Kirche erhalten zu wollen“. Der derzeitige Gebetsraum der islamischen Gemeinde in einer Tiefgarage sei unwürdig (Mittendrin berichtete). „Die Gemeinde hat ein großes Interesse daran, sich für den Stadtteil zu öffnen“, so Kammeyer weiter. Auch Olaf Harms von der Linken fehlt das Verständnis für die Anträge der CDU: „Warum soll der Verkehr jetzt zum Problem für die Pläne der Gemeinde werden? Wenn wir hier den Bau der Moschee aufgrund der Verkehrsthematik kritisieren, dann hätten wir die igs nie genehmigen dürfen. Sie schüren hier Vorurteile und Ausländerfeindlichkeit“. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Michael Osterburg, wies darauf hin, dass die Gemeinde bereits angekündigt habe eine Informationsveranstaltung für den Stadtteil durchzuführen. Eine weitere Befragung im Regionalausschuss sei daher nicht notwendig. „Die Horner Bürgerinnen und Bürger gehen im Gegensatz zur CDU völlig entspannt mit diesem Thema um. Kein Zuschauer hat sich im Regionalausschuss zur Kirche geäußert“, sagt Osterburg.

Jörn Fromann, Fraktionsvorsitzender der CDU, reagierte unmittelbar auf die Reden der übrigen Abgeordneten. „Wir machen uns über Probleme Gedanken, über die wir uns bei jedem Bauprojekt Gedanken machen. Wir haben eine politische Verantwortung im Stadtteil und müssen es auch den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen gehört zu werden, die Ängste haben zu einer Veranstaltung von Al-Nour zu gehen“, sagt Frommann. Erkan Sahin (SPD) warf der CDU daraufhin ein desolates Verhalten in Bezug auf Integration vor. „Wenn es Menschen gibt, die Ängste haben, dann ist es ihre politische Verantwortung ihnen diese Ängste zu nehmen“, sagte Sahin. Weiterhin seien die meisten der Fragen, die in den Anträgen der CDU gestellt werden bereits durch die Gemeinde beantwortet worden. Al-Nour habe dabei unter anderem bereits klargestellt, dass es keinen Muezzin-Ruf geben werde. „Eigentlich ist es doch auch egal ob Kirchenglocken läuten oder zum Gebet gerufen wird“, sagt Michael Büker, Bezirksabgeordneter der Piraten. Bayram Inan von den Grünen ergänzt: „Seit über 50 Jahren leben Muslime in Deutschland, wie oft wurden sie schon durch einen Gebetsruf gestört? Ich Istanbul habe ich unmittelbar neben einer Kirche gelebt, die täglich die Glocken geläutet hat und niemand hat sich beschwert“.

Zum Abschluss der Debatte richtete Falko Droßmann, Fraktionsvorsitzender der SPD, das Wort an die Abgeordneten der CDU. „Ein konservativer Bundespräsident hat gesagt, der Islam gehöre zu Deutschland. Ich glaube er hat recht damit. Umso mehr muss dann gelten -der Islam ist ein Teil von Hamburg-Mitte“, sagt Droßmann. Bisher habe sich kein Vertreter der Nordkirche kritisch gegenüber der Umwidmung geäußert. „Ich unterstütze das Vorhaben von Al-Nour und das sage ich ihnen als gläubiger Christ“, so Droßmann weiter.

Die Anträge der CDU wurden mit großer Mehrheit abgelehnt. Im Anschluss beschloss die Bezirksversammlung eine Resolution in der sich die Abgeordneten für den interreligiösen Dialog aussprechen. Das Konzept der Al-Nour-Gemeinde „Außen Kirche, innen Moschee“, sei zu begrüßen. Man werde die Gemeinde im Rahmen der Informationsveranstaltung unterstützen. Alle Fraktionen stimmten der Resolution zu. Nur die CDU enthielt sich.

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