Der Senat hat in der vergangenen Woche ein Sofortprogramm für die Unterbringung von Flüchtlingen beschlossen. In Bürgerschaft stößt die Entscheidung auf Kritik.
Am Mittwoch wurde in der Bürgerschaft erneut über die Unterbringung von Flüchtlingen in Hamburg diskutiert. Die SPD hatte das Thema angemeldet, da der Senat in der vergangenen Woche ein Sofortprogramm beschlossen hatte, um genügende Unterkünfte für die steigende Zahl an Flüchtlingen schaffen zu können. Zu dem Maßnahmenpaket gehört auch, dass Flächen, auf denen bisher die Unterbringung abgelehnt wurde, doch genutzt werden. Zudem sollen in einem beschleunigten Verfahren auch ohne Beteiligung der BürgerInnen weitere Unterkunftsmöglichkeiten geschaffen werden.
Die SPD-Fraktion verteidigte das Vorgehen des Senats: „Wir als weltoffene, tolerante Stadt müssen solidarisch sein mit allen die bei uns Schutz vor Verfolgung suchen“, sagt Andreas Dressel, Fraktionsvorsitzender der SPD. Der plötzliche Zuwachs der Flüchtlingszahlen sei aber nicht vorhersehbar gewesen. Dressel betont, dass daher die Entscheidung weiter auch Flüchtlinge außerhalb Hamburgs in Nostorf-Horst unterzubringen richtig gewesen sei. Derzeit bringt die Stadt rund 200 Menschen hier unter, was von verschiedenen Stellen immer wieder kritisiert wird. So beklagt beispielsweise der Flüchtlingsrat weiter die Lebensbedingungen in Horst.
CDU fordert gerechte Verteilung
Die Sozialdemokraten erklären jedoch, dass gerade die Qualität der Unterkünfte und die Sicherheit der Menschen wichtige Argumente für das Sofortprogramm seien: „In einer reichen Stadt wie Hamburg ist es unwürdig, wenn Menschen im Winter in Zelten leben. Dieser Prämisse muss man alles andere unterordnen“, sagt Dressel. Man nehme die Sorgen der Menschen in den Stadtteilen wie Billstedt oder Wilhelmsburg ernst, derzeit habe man jedoch keine andere Wahl, als hier weitere Unterbringungen für Flüchtlinge zu schaffen. „Gemeinsam können wir die Herausforderung meistern, packen wir es an“, so Dressel weiter.
Bei der Opposition stößt das Sofortprogramm des Senats auf ein geteiltes Echo: Die CDU kritisiert, dass die BürgerInnen nicht in die Entscheidung weitere Unterkünfte zu schaffen eingebunden wurden. „Ist das das Verständnis des Senats von einem gemeinsamen Vorgehen?“, fragt Dieter Wersich, Fraktionsvorsitzender der CDU. Es sei zudem nicht verständlich, warum man jetzt mit dem Sofortprogramm reagiere, da die wachsenden Flüchtlingszahlen länger zu beobachten gewesen seien. Die Christdemokraten fordern, dass die Menschen, die in Hamburg Schutz suchen gerecht in der ganzen Stadt verteilt werden. Dabei müsse man die betroffenen BürgerInnen rechtzeitig einbinden und informieren. „Das sind wichtige Maßnahmen, damit die Hilfsbereitschaft in Hamburg nicht kippt“, sagt Wersich.
Qualität der Unterbringung soll nicht leiden
Die Grünen begrüßen hingegen, dass keine weitere Unterbringung von Flüchtlingen in Zelten geplant ist. Der Senat müsse jedoch jetzt offen legen, welche Flächen bereits geprüft und warum bestimmte Orte ausgewählt wurden und andere nicht, um eine höhere Akzeptanz der Unterbringungen bei den BürgerInnen zu schaffen. Zudem müsse man jetzt dafür sorgen, dass unter dem aktuellen Druck nicht die Qualität der Unterkünfte leide. Die Linke kritisiert, dass der Senat zu lange gewartet habe, um mehr für die Unterbringung der Flüchtlinge zu tun. Man müsse jetzt endlich dafür sorgen, dass jetzt ausreichende Unterkünfte geschaffen werden, solle dabei aber keine weiteren Massenunterkünfte wie in der Schnackenburgsallee schaffen. „Die Stimmung in diesen Unterbringungen ist hochexplosiv“, sagt Cansu Özdemir von der Linken.
Senat will BürgerInnen informieren
Der Senat selbst kann die Kritik an den beschlossenen Maßnahmen nicht nachvollziehen. Man habe rechtzeitig reagiert und werde alle Maßnahmen treffen, um Flüchtlinge angemessen unterzubringen. „Auch die Notunterkünfte werden dem aktuellen Standard entsprechen“, verspricht Sozialsenator Dieter Scheele, muss aber eingestehen, dass es in den überfüllten Unterkünften Konflikte gibt. „Wir kennen die Lage und bemühen uns diese zu lösen“, sagt Scheele. Aus diesem Grund müsse man jetzt so schnell wie möglich zusätzliche Unterkünfte schaffen. Schnellere Verfahren bedeuteten aber nicht, dass man die BürgerInnen nicht beteilige. „Wir als Behörde werden immer in die Stadtteile gehen und informieren“, sagt Scheele. Man habe die Bezirke rechtzeitig über das Sofortprogramm informiert. Zudem werde man weiter transparent auf einer extra eingerichteten Internetseite alle Informationen zur Verfügung stellen.
Die Debatte zeigt, dass zwar alle Fraktionen grundsätzlich das Ziel teilen, bessere Unterkünfte für Flüchtlinge zu schaffen, es aber vor allem bei den Fragen Verteilung in der Stadt, Beteiligung der BürgerInnen und Qualität der Unterbringungen noch Diskussionsbedarf gibt. Das Thema wird so nicht nur die Bürgerschaft weiter beschäftigen, sondern auch im Wahlkampf für die Bürgerschaftswahl im Februar eine Rolle spielen. „Ich hoffe aber, dass dabei nicht auf dem Rücken der Flüchtlinge Wahlkampf betrieben wird“, sagt Katharina Fegebank von den Grünen.
Foto: Tobias Johanning
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