Auf St. Pauli gibt es aus Sicht der BewohnerInnen noch viel zu tun – das ist das Ergebnis einer Umfrage, die am Sonnabend auf einer Stadtteilversammlung vorgestellt wurde.
Aus Sicht der Initiative „St. Pauli selber machen“ waren zuletzt im Stadtteil einige Erfolge zu feiern: Die Seilbahn vom Heiligengeistfeld zum Musical-Theater im Hafen wurde verhindert und die Planung des Esso-Häuser-Areals hat unter Beteiligung der BürgerInnen begonnen. „Das heißt aber nicht, dass es jetzt auf St. Pauli rund läuft“, sagt Steffen Jörg vom Initiativen-Bündnis „St. Pauli selber machen“. Steigende Mieten, Verdrängung, eine löchrige Soziale Erhaltungsverordnung, die nicht hinnehmbare Situation der Lampedusa-Flüchtlinge und der fragwürdige Business Improvement District seien nur einige der Probleme, denen sich die Stadtteilversammlung auch in Zukunft widmen wird. Eine Umfrage unter den BewohnerInnen des Stadtteils, die am Sonnabend präsentiert wurde, hat dabei gezeigt, wo der Schuh besonders drückt: „Viele Menschen fühlen sich immer weniger von der Politik vertreten und wollen die Dinge selber in die Hand nehmen“, sagt Jens Töpper von der Umfrage-Gruppe „Stimmen von St. Pauli“.
Note 6 für Hamburgs Politik
Rund 800 St. PaulianerInnen haben zwischen Juni und September an der Umfrage teilgenommen, das entspricht drei Prozent der Bevölkerung von St. Pauli. Befragt wurden neben BewohnerInnen des Stadtteils auch AnwohnerInnen der benachbarten Sternschanze. Fast die Hälfte der Befragten war dabei zwischen 30 und 44 Jahren alt. Die Mehrheit der Teilnehmer wohnt zudem länger als zehn Jahre auf St. Pauli.
Fast Zwei Drittel geben der Hamburger Politik die Schulnote 5 oder 6. Die häufigsten Kritikpunkte sind dabei die zunehmende Eventisierung des Stadtteils durch Großveranstaltungen und Touristen und die durch steigende Mieten verursachte Gentrifizierung. Auch die aus Sicht der Befragten zu geringe Beteiligung der BürgerInnen bei der Entwicklung des Stadtteils wird immer wieder genannt.
Der Zusammenhalt ist stark
Trotz der zahlreichen Kritik zeigt die Umfrage auch, dass nicht alle Entwicklungen auf St. Pauli als schlecht wahrgenommen werden. Besonders der Zusammenhalt innerhalb des Stadtteils und das Engagement der AnwohnerInnen in verschiedenen Projekten und Initiativen werden positiv angesehen. Auch die kulturellen Angebote gefallen den Befragten. Überraschenderweise wird auch der Zuzug neuer Läden und Geschäfte sowie eine verbesserte Nahversorgung nicht grundsätzlich als schlecht beurteilt. Auch der Sanierungsprozess im Stadtteil wird besonders von älteren BewohnerInnen als positiv wahrgenommen. Als besonders gutes Beispiel für Projekte der BewohnerInnen des Stadtteils wird Park Fiction genannt.
St. Pauli will Vielfalt
Auch die Wünsche der St. PaulianerInnen wurden im Rahmen der Befragung erfasst. Viele TeilnehmerInnen nannten dabei ein vielfältiges St. Pauli mit dem Schlagwort „St. Pauli für ALLE“ als ihren größten Wunsch. Insbesondere bezahlbare Mieten zählen dabei zu den wichtigsten Voraussetzungen und werden von den UmfrageteilnehmerInnen immer wieder angegeben. Auch der Wunsch nach mehr Beteiligung an Entscheidungen, die den Stadtteil betreffen, kommt immer wieder zur Sprache.
Genau an dieser Stelle will die Stadtteilversammlung auch zukünftig ansetzen: Mit weiteren Veranstaltungen, Aktionen und Workshops soll das Thema „St. Pauli selber machen“ weiter diskutiert werden. Die vorgestellte Umfrage soll dabei als Grundlage für die zukünftige Gestaltung des Stadtteils durch die BewohnerInnen dienen. Auf den weiterhin geplanten Stadtteilversammlungen werde daher auch besonders die Themen Gentrifizierung, Eventisierung und Beteiligung immer wieder zur Sprache kommen. Das Ziel der Initiative wird von einem Teilnehmer der Umfrage treffend zusammengefasst: „St. Pauli soll ein Wohnviertel bleiben, und zwar weiterhin eins, das tolerant gegenüber vielfältigen Lebenskonzepten ist – vor allem gegenüber denen, die nicht viel Geld haben. Das macht für mich das Viertel aus.“
Grafiken: St. Pauli selber machen
Foto: http://fotos.nocke.de/ | Als sie noch bewohnbar waren, im Mai 2011: Die ESSO Hochhäuser neben dem Spielbudenplatz, St. Pauli, Hamburg.
Marcel
23. September 2014 at 12:09
Obwohl die Umfrage an alle St. Pauliner*innen ging haben nur 3% (800 Leute) an der selbigen teilgenommen. Das ist kaum representativ! Daraus abzuleiten, dass der Gro der Stadteilbewohner mit ihrem Stadtteil unzufrieden ist, ist fragwürdig. Auch die Behauptung, des Veranstalters „jede/r zweite Ahnwoner*in lebe seit mehr als 10 Jahren im Stadteil” ist so nicht richtig, weil diese Angabe nur auf der Grundlage der 800 Befragten zu Stande kommt. Wie lange die restlichen 97% der St. Pauliner*innen in ihrem Stadtteil leben und ob sie mit ihrem zufrieden sind ergibt sich weder aus dem Bericht noch war dies auf der Stadtteilversammlung bekannt geworden. Insgesamt finde ich das Konzept der Stadtteilversamlung und der damit verbundenen Bürgerbeteiligung sehr gut. Für aussagefähige Ergebnisse müssten aber viel mehr Stadtteilbewohner*innen daran teilnehmen. Eine Minderheit wird auch bei politischen Entscheidungen kaum ins Gewicht fallen!
Jahrzehnte St.Pauli
1. Oktober 2014 at 18:56
Diese Umfrage ist genau so ein Witz, wie die wegen der dämlichen Seilbahn. Erst hieß es, die Einwohner von St. Pauli wollen sie, um nach dem Bürgerentscheid krachend das Gegenteil zu bekommen, ha, ha!