Die Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ hat am Sonnabend erneut für ein Bleiberecht und eine Arbeitserlaubnis demonstriert. Dabei durften die Flüchtlinge auch bis vor das Rathaus ziehen – ein Signal des Senats?
An diese Bilder hat sich Hamburg inzwischen gewöhnt: Seit über einem Jahr versuchen die Flüchtlinge der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ ein Bleiberecht aus humanitären Gründen zu erhalten. Am Sonnabend waren erneut rund 900 Menschen auf der Straße, um ihre Solidarität mit den Flüchtlingen zum Ausdruck zu bringen. Viele Mitglieder der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ trugen während der Demonstration Arbeitskleidung, um zu verdeutlichen, dass sie in Hamburg so schnell wie möglich arbeiten möchten.
Die bunte Demonstration zog friedlich vom Hauptbahnhof über den Gänsemarkt bis zur Laeiszstraße, wo AktivistInnen im Mai versucht hatten ein „Refugee Welcome Center“ einzurichten. Dies wurde von den Behörden jedoch nicht genehmigt. Besonders bemerkenswert: Die Polizei gestattete es der Demonstration eine Kundgebung auf dem Rathausmarkt abzuhalten. Hier hatte es noch im Juni während einer Protestaktion der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ mehrere Verletzte während der gewaltsamen Räumung des Platzes durch die Polizei gegeben.
Setzt der Senat jetzt auf Entspannung?
Vor diesem Hintergrund überrascht es, dass die Innenbehörde dem Antrag auf dem Rathausmarkt eine Kundgebung abzuhalten sofort stattgegeben hat. Auch das Verstreichen eines Ultimatums des Senats hat bisher keine Konsequenzen für die Flüchtlinge gehabt. Bis zum 30. Juni hatten alle Flüchtlinge, die sich bei den Behörden für ein regelhaftes Asylverfahren gemeldet hatten die Garantie eine Duldung in Hamburg für die Dauer des Verfahrens zu erhalten. Ein Teil der Gruppe hat dieses Angebot bereits angenommen. Es gab jedoch auch Berichte, nach denen ein Flüchtling während seines Asylverfahrens abgehschoben werden sollte. Es bleibt daher abzuwarten, ob die neuen Signale des Senats als Zeichen einer Entspannungspolitik zu werten sind.
Die anhaltenden Proteste zeigen in jedem Fall, dass die Diskussion um den Umgang mit Flüchtlingen in Hamburg nicht einfach ausgesessen werden kann. Vielmehr könnte das Thema Flüchtlinge zentral für den kommenden Bürgerschaftswahlkampf werden. Dabei wird es nicht nur um das Schicksal der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“, deren Protest die breite gesellschaftliche Debatte erst angestoßen hat, gehen, sondern auch um die langen Wartezeiten bei Asylanträgen und die Lebensbedingungen in Flüchtlingsunterbringungen wie der Erstaufnahmeeinrichtung in Horst. Auch wird die Frage nach mehr Unterbringungsmöglichkeiten vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen weiter aktuell bleiben, besonders, da die Behörden unter Druck stehen mehr Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen und dabei regelmäßig auf den Widerstand von AnwohnerInnen stoßen.
Auch die Frage nach der Akzeptanz von Flüchtlingen in unserer Gesellschaft wird daher ein bestimmendes Thema der Debatte und der weiterhin geplanten Proteste bleiben. Dass es weiter demonstriert werden wird, machte Rolf Becker von Verdi am Sonnabend deutlich. Er rief die Gewerkschaften und andere Gruppen der Zivilgesellschaft dazu auf, sich wieder stärker in die Proteste einzubringen: „Den Worten müssen wieder Taten folgen, denn schöne Erklärungen alleine reichen nicht“, sagt Becker.
Marie
6. Juli 2014 at 09:58
Keine Ahnung?
Als M.A Politikwissenschaft und vor dem Hintergrund der Verletzung der Bannmeile vor einigen Wochen hätte ich eine etwas fundiertere These erwartet.
Demonstrationen auf dem Rathausmarkt finden nämlich alle Nase lang statt und werden fast immer erlaubt – wenn sie die Sitzungen der Bürgerschaft oder der Ausschüsse nicht behindern. Also vor allem am Wochenende oder an anderen sitzungsfreien Tagen.
Das war also kein Zeichen des Senats – sondern ein ganz normaler Vorgang.
Aber die Journalisten interressieren sich ja leider meistens nicht für normale Vorgänge, sondern nur für die nächste Eskalationsstufe oder abgründige politische Interpretationen.
Walter
6. Juli 2014 at 16:30
Krass, die Polizei hat dieses mal nicht einfach so Leute bewusstlos geprügelt, jetzt ist alles wieder gut. Bitte alle weitergehn.
Daniel
6. Juli 2014 at 17:35
Ich sehe da leider auch kein Zeichen der Entspannung. Unterkünfte für die nun wieder Obdachlosen, eine Arbeitserlaubnis oder Bleiberecht wären ein Zeichen. Egal ob Hamburg, Berlin, Nürnberg oder sonst wo, jede Regierung scheint große Angst davor zu haben, als Erste den § 23 anzuwenden.