Am Freitagabend zogen erneut 1000 DemonstrantInnen durch die Hamburger Innenstadt. Obwohl Solidaritätsbekundungen für die Flüchtlingsgruppe „Lampedusa in Hamburg“ auch hier allgegenwärtig waren, wurden andere Themen wieder in das Gedächtnis der BürgerInnen gerufen. Der Protest gegen die Kontrollen der Flüchtlinge setzte sich auch nach der Demonstration fort.
Seit über einer Woche gehören in Hamburg Demonstrationen und kleinere Protestaktionen zum täglichen Bild. Die Proteste richten sich gegen die Kontrollen von Flüchtlingen durch die Hamburger Polizei. Insbesondere in Bezug auf die Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ wird immer häufiger eine Aufenthaltsgenehmigung aus humanitären Gründen gefordert. Während der Demonstrationen war es in den vergangenen Tagen vereinzelt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den DemonstrantInnen und der Polizei gekommen. Am Freitagabend zogen erneut 1000 Menschen durch die Stadt. Unter dem Motto „Tanzen. Besetzen. Mieten zerfetzen“ sollte die Nachttanzdemo das Thema Wohnungsnot wieder in das Gedächtnis der HamburgerInnen rufen.
Begleitet von dumpfen Bässen und hämmernden Beats bewegt sich die Nachttanzdemo vom Campus der Universität Hamburg über Jungfernstieg und Gänsemarkt bis zu den Landungsbrücken. Die Menschen sind teilweise sehr phantasievoll verkleidet und tanzen ausgelassen zu der Musik. Die politischen Inhalte der Veranstaltung geraten dennoch nicht in den Hintergrund. Wie schon im vergangenen Jahr sind erneut Wohnungsnot und steigende Mieten Hauptkritikpunkt der DemonstrantInnen. Insbesondere die Nutzung von leer stehenden Wohnungen und Gebäuden ist dabei aktuell ein wichtiges Thema für zahlreiche Initiativen in der Stadt. Aber auch Themen wie der Konflikt um die Esso-Häuser auf St. Pauli geraten auf Freitag nicht aus dem Blick der Veranstalter. Die DemonstrantInnen fordern weiterhin den Erhalt der Gebäude am Spielbudenplatz. Überall werden im Rahmen der Demo Aufkleber mit dem Schriftzug „Molotow muss bleiben“ auf Laternenpfähle und an Bushaltestellen geklebt. Besonders präsent bleibt jedoch das Schicksal der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“. Erneut wird ein Bleiberecht für die Flüchtlinge und ein Ende der Polizeikontrollen gefordert. „Es ist unglaublich, dass jeden Abend über 1000 Menschen auf der Straße sind. Der Senat hat sich hier gewaltig verkalkuliert“, sagt eine Demonstrantin. Die Veranstaltung verläuft friedlich. Im Gegensatz zu den vergangenen Tagen ist sehr wenig Polizei präsent. Nur am Rathaus und an der Reeperbahn sind die Einsatzkräfte mit einem größeren Aufgebot vertreten.
Zu einigen Zusammenstößen zwischen Protestierenden kommt es dennoch. Im Anschluss an die Nachttanzdemo beginnen in Altona vereinzelte Protestaktionen gegen die Flüchtlingskontrollen. Die Polizei kesselt kleinere Gruppen ein und verteilt Platzverweise. Im Bereich der Sternschanze kommt es zu Sachbeschädigungen. Am Sonnabend zeigt sich das gleiche Bild. Kleinere Gruppen tauchen an verschiedenen Orten der Innenstadt auf und fordern lautstark eine Ende der Kontrollen sowie ein Bleiberecht für die Flüchtlinge. Die Polizei stoppt die DemonstrantInnen und lässt diese später weiterziehen. Nach Angaben der Polizei kommt es auch am Sonnabend zu geringfügigen Sachbeschädigungen. Das Ziel der kleinen Protestaktionen ist es die PolizistInnen zu beschäftigen, damit keine weiteren Kontrollen von Flüchtlingen möglich sind. Auch in den nächsten Tagen ist mit derartigen Aktionen zu rechnen.
Dieses Vorgehen scheint Wirkungen zu zeigen. Am Sonnabend ist es nach bisherigen Informationen zu keinen weiteren Kontrollen gekommen. Die Polizeigewerkschaft veröffentlichte zudem ein Schreiben, in dem vor einer Überlastung der Hamburger Polizei gewarnt wird.
„Die Polizei wird sich möglicherweise in den nächsten Wochen auf weitere personalintensive Einsätze einstellen müssen. Die Belastungsgrenze unserer KollegInnen ist bereits am Scheitelpunkt. Es rächt sich jetzt die Einsatzphilosophie „für Eventualitäten halten wir keine Kräfte bereit“, heißt es in der Mitteilung der Polizeigewerkschaft.
Die Kontrollen der Flüchtlinge an sich verteidigt die Gewerkschaft dennoch als erforderlich, auch wenn der Zeitpunkt durch den Senat ungünstig gewählt sei. Die gewaltsamen Aktionen werden scharf kritisiert. Es sei vollkommen legitim gegen die politischen Entscheidungen des Senats friedlich zu demonstrieren. Dies werde von einem Großteil der Lampedusa-UnterstützerInnen auch so praktiziert.
„Es ist geradezu unerträglich wie gewaltbereite Protestaufzüge aus Linksextremisten, Autonomen und Antiimperialisten die Stadt seit Tagen terrorisieren und die Flüchtlingsschicksale für ihren gewaltbereiten Straßenkampf benutzen und missbrauchen. Ihr Aktionismus beschränkt sich nur auf Krawall und Randale. Sie erweisen mit ihrem Handeln den Flüchtlingen selbst, wie auch deren gewaltfreien Unterstützern einen Bärendienst“, schreibt die Gewerkschaft.
Die Flüchtlinge selbst distanzieren sich von gewaltbereiten UnterstützerInnen, fordern jedoch ebenfalls ein Ende der aus ihrer Sicht rassistischen Kontrollen. Innerhalb der Polizei scheinen diese auch umstritten zu sein. Laut einem Bericht der taz haben sich seit Beginn der Polizeiaktion immer mehr BeamtInnen krank gemeldet. Die Unterstützung der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ wächst hingegen stetig an. Neben den Protesten werden die Flüchtlinge auch regelmäßig mit Nahrung und anderen Gegenständen des täglichen Bedarfs versorgt. Ein Gesprächsangebot an den Senat ist bisher unbeantwortet geblieben. Am Mittwoch wird die Bürgerschaft über die aktuelle Situation der Flüchtlinge debattieren.
Erich
20. Oktober 2013 at 18:39
Die Lampedusa-Flüchtlinge finden es nicht mehr lustig, das Gewaltaktionen auf ihrem Rücken ausgetragen werden !!
Denn dies hilft ihnen nicht weiter, sondern sie haben Angst, das es ihnen mehr schadet, als es ihnen Nutzen bringt !!
Scheinbar ist das diesen Demonstranten egal, denn sie sind ja nicht da von betroffen, das die Flüchtlige rechtlich drangsaliert werden !! Um so mehr Schaden diese Demonstranten anrichten, um so mehr werden diese Flüchtlinge drangsaliert !! Das es sauch anders geht, das haben die Leute in der Koppel 95 gezeigt !! Dort wurde vor Ort gezeigt, was ihnen unter den Nägeln brennt, und das ganz auf einer friedlichen art !! Am Abend gab es dann noch in der St.Georgskirche eine kulturrelle Veranstaltung, die sehr gut besucht war !! Das auch aus der Bürgerschaft Menschen anwesend waren, zeigt, wie wichtig es ihnen ist, solche friedfertigen Aktionen bei zu wohnen !! Hier zu die LINK´s dieser Aktion !!
http://youtu.be/VGgSERpD9R0
http://youtu.be/CqkL7oUetOY
Jan
21. Oktober 2013 at 20:12
@Erich
Nein!! Lustig finden sie es nicht!! Niemand findet das lustig!! Aber es macht verdammt nochmal verdammt wütend zu erleben, was der SPD-Senat da gerade abzieht!! !! Und die Gruppe macht im selben Atemzug, in dem sie friedliche Proteste wünscht deutlich, dass sie eben diese Wut verstehen kann!!