Im Dezember waren nach Berichten über einen Angriff auf die Davidwache Zweifel an der Schilderung des Tathergangs durch die Polizei aufgekommen. Ein Jahr später tappt die Staatsanwaltschaft entgegen eines Artikels der Bildzeitung noch immer im Dunkeln.
Anfang des Jahres herrschte auf St. Pauli ein Ausnahmezustand: Die Einrichtung eines Gefahrengebietes ermöglichte es der Polizei ohne konkreten Verdacht Personenkontrollen durchzuführen. Täglich kam es zu Protesten gegen die Maßnahme, nach zwei Wochen wurde das Gefahrengebiet wieder aufgelöst. Auslöser der Polizeiaktion war ein mutmaßlicher Angriff auf die Davidwache am 28. Dezember 2013. Wie die Bildzeitung jetzt berichtet, sollen bisher bestehende Zweifel am Tathergang nun ausgeräumt worden sein. Das kann die Staatsanwaltschaft jedoch nicht bestätigen: „Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Wir fanden weiter nach den unbekannten Tätern“, sagt Nana Frombach, Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft.
Was geschah wirklich am 28. Dezember?
Am Morgen nach dem mutmaßlichen Angriff hatte die Polizei in einer Pressemitteilung vermeldet, dass Beamte vor der Wache mit Steinen und Flaschen beworfen worden seien. Ein Polizist sei dabei durch einen Steinwurf aus nächster Nähe schwer verletzt worden. Kurz darauf kommen Zweifel an der Version der Polizei auf: Rechtsanwalt Andreas Beuth gibt an, dass er mehrere Zeugen kenne, die widerlegen könnten, dass ein Angriff auf die Wache stattgefunden hat. Der Beamte sei zudem 200 Meter von der Wache entfernt verletzt worden. Dass die Täter aus dem linksautonomen Spektrum kämen, wie zunächst angenommen, könne man nicht beweisen. Später muss die Polizei eingestehen, dass die Pressemitteilung in diesem Punkt fehlerhaft war. Einen Angriff auf die Wache habe es aber gegeben.
Was am 28. Dezember wirklich geschah, ist bis heute nicht abschließend geklärt: Laut Angaben der Staatsanwaltschaft geht man derzeit von zwei Vorfällen aus: „Den Angriff auf die Wache hat es nach derzeitigem Ermittlungsstand gegeben“, erklärt Frombach. „Verletzte gab es jedoch 200 Meter entfernt. Der Beamte gehörte zudem nicht zu den Polizisten, die aus der Wache kamen, sondern näherte sich aus einen anderen Richtung“, so Frombach weiter. Die Ermittlungen sind demnach auf dem gleichen Stand wie zu Beginn des Jahres. Gründe an dem Angriff auf die Wache zu zweifeln hat die Staatsanwaltschaft indes nicht: „Die von Herrn Beuth benannten Zeugen haben das Geschehen nur phasenweise beobachtet“, sagt Frombach. Diverse andere Zeugen würden jedoch bestätigen, dass Flaschen und Steine auf die Wache geworfen wurden.
Beuth: „Ich halte an meinem Standpunkt fest“
Für Rechtsanwalt Beuth hat sich durch die bisherigen Ermittlungsergebnisse nichts geändert: „Kein Zeuge kann das Geschehen beobachten, ohne mal fünf bis zehn Sekunden wegzuschauen“, sagt Beuth, der nach eigenen Angaben bei der Vernehmung der Zeugen anwesend war. „Das war von Anfang an bekannt und ist nichts Neues“, so Beuth weiter. Er habe weitere Zeugen, die Behauptungen es habe einen Angriff auf die Wache gegeben widerlegen könnten. Der Staatsanwaltschaft will der diese jedoch nicht nennen, da es schon bei den anderen Zeugen Versuche gegeben habe, sie unglaubwürdig zu machen. Der Anwalt sieht daher keine Veranlassung an seiner Version der Ereignisse zu zweifeln: „Ich halte weiter daran fest, dass es am 28. Dezember keinen Angriff auf die Davidwache gegeben hat.“
Foto: Pavel Krok on de.wikipedia (selbst fotografiert) [CC-BY-SA-2.0-de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons
horst
3. November 2014 at 18:36
es gibt bis jetzt nicht ein verwackeltes Handyvideo von dem Angriff auf die Davidwache und das auf einem Platz der gerade Abends doch relativ gut besucht ist.
Hätte es wirklich einen Angriff gegeben, hätten wir den schon wenige stunden danach auf Youtube bewundern können!
Das die Bild hetzt, ist zwar bedauerlich, da sie ja leider doch leider die Meinung vieler Menschen bildet, aber leider trauriger Alltag.
Heinz
4. November 2014 at 19:57
Huch? Wer hätte das gedacht?! Sie wissen immer noch nicht, wer es war. Nein? Doch! Und unsere tollen Hamburger Qualitätsjournalisten haben das vermeindliche Opfer noch immer nicht interviewt. Sonst heißt es doch immer „BILD sprach mit der Leiche!“ Diese Geschichte stinkt nach wie vor zum Himmel. Man könnte sogar davon ausgehen, dass das alles inszeniert war, um mal zu testen, wir groß der Widerstand gegen die „Gefahrengebiete“ denn so ist.
Dass unsere supi Qualitätsjournalisten von der Mopo, aus dem Palast der Lügen an der Elbe oder von Springer hier Aufklärungsbedarf sehen, davon müssen wir natürlich nicht ausgehen. Ob die wohl noch selber in den Spiegel gucken…