Politik

Studie: Bürgerbeteiligung ist gut für die Demokratie

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Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

In welchem Umfang sollen BürgerInnen mitentscheiden dürfen? Über diese Frage wird auch in Hamburg gestritten. Eine Studie zeigt jetzt: Bürgerbeteiligung stärkt auch die repräsentative Demokratie.

Nicht erst seit dem Bürgerentscheid über den Bau einer Seilbahn an der Elbe ist klar: Bürgerbeteiligung wird auch in Hamburg-Mitte zukünftig bei vielen Entscheidungen eine große Rolle spielen. Dennoch wird im Bezirk noch heftig um die Rolle der BürgerInnen in der Politik gestritten. Während Projekte wie der Neubau der Esso-Häuser mit neuen Beteiligungsansätzen entwickelt werden, drohen andere Formen der direkten Beteiligung zu verschwinden, wie das Beispiel der Stadtteilbeiräte zeigt. Während es oft um die Frage geht, wie Bürgerbeteiligung finanziert werden kann, sorgen auch Vorbehalte der PolitikerInnen selbst immer wieder für Diskussionsstoff. Das Problem: Besonders in den Bezirken nehmen Abgeordnete die direkte Beteiligung von BürgerInnen oft als Konkurrenz wahr – oder sie warnen vor zu viel Entscheidungskompetenz angeblich schlecht informierter BürgerInnen. Statt die Chancen der Beteiligung zu nutzen, werden Debatten nicht selten im Kern erstickt.

Direkte und repräsentative Demokratie schließen sich nicht aus

Nun liefert eine repräsentative Studie der Bertelsmann Stiftung den Befürwortern der direkten Bürgerbeteiligung neue Argumente: Mehr Bürgerbeteiligung stärkt die Demokratie, heißt es dort. Den Kern der Studie bildet die erste umfassende empirische Untersuchung zu den Wirkungen von Partizipation auf die Demokratie in Deutschland. 27 Kommunen nahmen daran teil, PolitikerInnen und jeweils 100 BürgerInnen wurden befragt. Die Ergebnisse zeigen Veränderungen in der politischen Kultur: „Die Erwartungen der Bürger an demokratische Mitbestimmung haben sich verändert. Wählen alleine reicht ihnen nicht mehr. Unsere Demokratie muss vielfältiger werden“, sagt Robert Vehrkamp, Direktor des Programms „Zukunft der Demokratie“ der Bertelsmann Stiftung. Zwei Drittel aller befragten Bürger würden gerne mehr Entscheidungen selbst treffen.

Die verschiedenen Möglichkeiten politischer Mitwirkung schließen sich dabei nicht gegenseitig aus: Sie stützen einander und tragen insgesamt zur Stärkung der Demokratie bei. „Wählen, Mitmachen und Entscheiden sind für die Bürgerinnen und Bürger breit akzeptierte Formen der Beteiligung, die sich ergänzen“, sagt Gisela Erler, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung in Baden-Württemberg. Wer sich an Bürgerentscheiden beteilige, gehe mit höherer Wahrscheinlichkeit auch zur Wahl und umgekehrt. Die repräsentative Demokratie werde durch neue Wege der Bürgerbeteiligung nicht geschwächt, sondern aufgewertet. Jeweils drei Viertel der befragten BürgerInnen und PolitikerInnen sind davon überzeugt, dass durch Bürgerbeteiligung nicht nur die Interessen Einzelner, sondern unterschiedliche Wertvorstellungen in die politischen Entscheidungen einfließen. Fehlplanung und Fehlinvestitionen werden durch Bürgerbeteilung verhindert – so die Überzeugung von mehr als 68 Prozent der BürgerInnen und 62,5 Prozent der PolitikerInnen.

Wunsch nach mehr direkter Demokratie ernst nehmen

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Bürgerbeteiligung stärkt demokratische Kompetenzen. Die Studie kommt darüber hinaus zu dem Schluss, dass Bürgerbeteiligung die demokratischen Kompetenzen stärkt. Sie fördert laut Studie außerdem die Akzeptanz von politischen Entscheidungen: 66 Prozent der befragten BürgerInnen sind eher bereit, Ergebnisse zu akzeptieren, mit denen sie inhaltlich nicht einverstanden sind, wenn sie vorher angehört wurden und die Möglichkeit zur Mitsprache hatten. Für die AutorInnen der Studie ist eines klar: Nun ist es an der Politik, die veränderten Bedingungen zu akzeptieren: „Die Bürger wollen durch Wahlen ihre politische Mitbestimmung nicht für vier Jahre komplett aus der Hand geben. Politiker sollten diesen Wunsch nach mehr direkter Demokratie und Dialog ernst nehmen und ihr repräsentatives Mandat entsprechend offen interpretieren“, so Vehrkamp, der die Studie geleitet hat.

 

Foto: Tobias Johanning

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1 Kommentar

  1. Theresa Jakob

    16. September 2014 at 10:39

    Bürgerbeteiligung muss verbindlich werden Auch für den Senat !!!

    Die Neugestaltung des Alte Elbpark und die Sicherungsmaßnahmen am Bismarck Denkmal werden ein Prüfstein wie Ernst es den Parteien mit echter Bürgerbeteiligung von Anfang an ist.

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