Noch immer ist unklar, wann die berühmten Esso-Häuser am Spielbudenplatz endgültig abgerissen werden. AnwohnerInnen und Stadtteilinitiativen wollen nicht warten bis Fakten geschaffen werden und schon jetzt einen intensiven Beteiligungsprozess starten.
Die Esso-Häuser auf St. Pauli sind längst zum Symbol für mangelndes Vertrauen der BürgerInnen in die Politik und die zunehmende Gentrifizierung im Stadtteil geworden. „Die Situation ist für St. Pauli dramatisch, weil das Vertrauen der Leute in die Stadt auf Null gesunken ist“, sagt Christoph Schäfer, Künstler und Mitinitiator des öffentlich gestalteten Parks „Park Fiction“. Im Ringen um die Grünfläche hatten die AnwohnerInnen damals einen intensiven Beteiligungsprozess für die Gestaltung durchgesetzt. An diese Tradition will man jetzt im Fall der Esso-Häuser wieder anknüpfen. Zwar ist derzeit nicht klar, wann die im Dezember evakuierten Hochhäuser endgültig abgerissen werden sollen, Stadtteilinitiativen und AnwohnerInnen wollen jedoch bereits jetzt mit den ersten Schritten einer Bürgerbeteiligung für den Neubau beginnen.
„Leiter der Partizipation“
Im Gespräch mit Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) ist laut Volker Katthagen, Anwohner und Architekt, bereits deutlich geworden, dass der Bezirk einer Beteiligung der BürgerInnen positiv gegenüber steht. Christoph Schäfer ergänzt: „Der Bezirk und die Stadt haben hier die Chance, ein städteplanerisches Modellprojekt mit Signalwirkung auf den Weg zu bringen.“ Ohne das geballte Wissen des Stadtteils ließe sich diese Aufgabe nicht bewältigen. Der Bezirk besteht derzeit auf einem Anteil von 50 Prozent sozialem Wohnungsbau in dem Neubau. Die Bayerische Hausbau, die Eigentümer der Esso-Häuser ist, lehnt das bisher ab. Das Ziel der Initiativen ist es daher, bereits vor der Auslobung des Gebäudeneubaus die Wünsche der St. PaulianerInnen in den Planungsprozess einzubringen.
Die OrganisatorInnen orientieren sich dabei an einem Beteiligungsmodell, das als „Leiter der Partizipation“ verschiedene Stufen des Planungsprozesses vorsieht. So soll zunächst ein Planungsteam aus dem Viertel bestimmt werden, das für die Organisation der Beteiligung und die Kommunikation zwischen BürgerInnen und anderen Akteuren wie Stadt und Eigentümer zuständig ist. Im Anschluss soll es, wahrscheinlich bereits im Juni, einen ersten Planungsworkshop geben, um die Wünsche und Forderungen der BürgerInnen zu sammeln. Nach einer Auswertephase sollen die Ergebnisse in einem zweiten Workshop diskutiert werden. Die endgültigen Ergebnisse sollen ab Herbst an einem Runden Tisch mit Bezirk, Stadt, Eigentümer und dem Planungsteam diskutiert werden. Erst dann soll auf Grundlage der getroffenen Vereinbarung des Runden Tisches die Auslobung für einen Neubau erfolgen. Für Die Organisatoren ist dieser intensive Beteiligungsprozess unverzichtbar. „Nur wenn wir die oberen Stufen der Leiter erklimmen, ist dieses Projekt zukunftsträchtig und nachhaltig“, sagt Volker Katthagen.
PlanBude auf dem Spielbudenplatz
Für den Beteiligungsprozess sollen unterschiedliche Planungstools verwendet werden. So sind baustellenbegleitende Vorträge, Austellungen, Bauzaungestaltungen und Internetumfragen geplant. Im Zentrum des Projektes soll aber eine PlanBude auf dem Spielbudenplatz stehen. In mehreren Containern und auf mehreren Geschossen soll eine zentrale Anlaufstelle für die Information und Beteiligung der BürgerInnen entstehen. Im Mai soll diese Bude im Rahmen eines Eröffnungsfestes bereits erste Formen annehmen. Auch das Planet Pauli, dass im Dezember die Räumlichkeiten im Erdgeschoss der Esso-Häuser aufgeben musste soll in der PlanBude wieder ein gastronomisches Angebot in der Nähe des alten Standortes anbieten. „Mit einer temporären Containerarchitektur könnte ich zumindest einige meiner 14 entlassenen Mitarbeiter wieder beschäftigen“, sagt Zlatko Bahtijarevic, Betreiber des Planet Pauli.
Die Bayerische Hausbau konnte sich heute noch nicht zu den vorgestellten Plänen äußern, da diese dort bisher nicht bekannt seien. Man will sich jedoch schnell damit befassen und eine Stellungnahme abgeben. Das Bezirksamt verfolgt aktuell das Vorhaben einer PlanBude nicht und kann auch nicht garantieren, dass diese umsetzbar ist. Der Vorschlag der Initiativen sei nicht mit dem Bezirksamt abgestimmt. Der Bezirk verfolge aber derzeit den Plan Container für die Gewerbemieter aufstellen zu lassen, um hier vornehmlich Gastronomie anzubieten, teilte das Bezirksamt mit.
Foto: Jonas Walzberg
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