Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte hat sich einstimmig für den Erhalt der historischen Fassade der Turnerstraße 10-16 auf St. Pauli ausgesprochen. Der Eigentümer, die SAGA GWG, hatte im August angekündigt das über 140 Jahre alte Gebäude vollständig abreißen zu wollen. Es ist noch offen, ob der Erhalt durch einen städtebaulichen Vertrag, der Ende September unterzeichnet werden soll, gesichert werden kann.
Nur die wenigsten Bezirksabgeordneten können sich noch daran erinnern, wann der Streit um die Turnerstraße 10-16 auf St. Pauli begonnen hat. Seit zehn Jahren beschäftigt sich die Kommunalpolitik bereits mit dem 1870 errichteten Gebäude. Mit der Zustimmung aller Fraktionen sprach sich die Bezirksversammlung jetzt gegen einen vollständigen Abriss des historischen Doppel-Sahlhauses aus. Den Abgeordneten geht es dabei insbesondere um die Fassade des Gebäudes, die nach Angaben der SAGA GWG aufgrund eines Schwammbefalls nicht erhalten werden kann. „Die SAGA muss uns schlüssig belegen, dass der Erhalt der Fassade nicht möglich ist. Ansonsten werden wir an unserer Forderung festhalten“, sagt Henriette von Enckevort, Bezirksabgeordnete der SPD. Für den Fall eines notwendigen Abrisses fordert die Bezirkspolitik eine Rekonstruktion mit möglichst vielen Originalteilen.
Die Turnerstraße 10-16 wurde 1985 von der SAGA GWG als nicht sanierungsbedürftig eingestuft. Anders als im Fall von umliegenden Gebäuden des Viertels wurden an dem Bauwerk daher keine Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt. 2009 wurde das Gebäude dann entmietet, um eine Modernisierung durchführen zu können. Dabei stellte die SAGA fest, dass Wände und Decken aufgrund von Schwammbefall gravierende Schäden aufweisen. Zur Absicherung wurde das Gebäude von einem Gerüst umgeben. Im August 2013 teilte die SAGA mit, dass aufgrund der Schäden ein vollständiger Abriss des historischen Bauwerks und der Ersatz durch einen Neubau notwendig seien. Das Denkmalschutzamt beabsichtigt daher die Turnerstraße 10-16 aus der Denkmalliste zu streichen.
„Ich bin nicht überzeugt, dass die Fassade unrettbar verloren ist“, sagt Bernhard Stietz-Leipnitz, Fraktionsvorsitzender der Linken. Das Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung prüft derzeit die Genehmigungsfähigkeit des Abrisses im Rahmen der Sozialen Erhaltensverordnung für St. Pauli. Zudem wird in einem eigenen Verfahren über die sanierungsrechtliche Genehmigung der Abbruchpläne im Zuge des laufenden Sanierungsverfahrens im Quartier entschieden. „Wir wollen die Ziele der Sanierung gegenüber der SAGA in einem städtebaulichen Vertrag sichern“, sagt der Leiter des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung, Michael Mathe. Das Fachamt fordert daher von der SAGA den Nachweis, dass der Erhalt des Gebäudes wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Weiterhin soll in dem Vertrag mit der SAGA geregelt werden, dass es sich bei sämtlichen neuen Wohnungen um geförderte Sozialwohnungen nach dem ersten Förderweg mit einer Bindung über 20 Jahre handelt. Zusätzlich sollen die Altmieter ein Rückkehrrecht mit einer Modernisierungsförderung erhalten, das eine Bindung über 21 Jahre hat. Diese Konditionen müssen von der SAGA im Fall eines Verkaufs an den neuen Eigentümer weitergegeben werden. Der Vertrag wird voraussichtlich Ende September unterzeichnet. „Bis dahin ist keine Abrissgenehmigung möglich“, sagt Mathe.
In der nächsten Sitzung des Quartiersbeirates Karolinenviertel am 28. November soll die SAGA erneut den aktuellen Sachstand vorstellen. „Es ist ein Trauerspiel, dass wir mit einer städtischen Gesellschaft vereinbaren müssen, was eigentlich ihrem Selbstverständnis entsprechen sollte“, sagt Bernhard Stietz-Leipnitz. Die Bezirkspolitik fordert ebenfalls an dem weiteren Verfahren beteiligt zu werden. Ob es nach dem Abschluss des städtebaulichen Vertrages zu einem Abrissantrag kommen wird, ist derzeit noch offen.
Titelbild: Jonas Walzberg
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