Seit Mittwoch machen vor der Internationalen Apotheke am Steindamm rund 50 Flüchtlinge in einem Infozelt auf ihre prekäre Situation aufmerksam. Seitdem am 15. April die Winternotprogramme für Obdachlose geschlossen wurden, leben die Flüchtlinge ohne jegliche Grundsicherung auf der Straße.
Am Dienstag war der Aufbau eines Zeltes auf einer Rasenfläche nahe des Hauptbahnhof durch das Bezirksamt Hamburg-Mitte untersagt worden. Zusammen mit der KARAWANE, die sich für die Rechte und der Flüchtlinge und MigrantInnen in Hamburg einsetzt und der Partei die LINKE waren am Montag zwei Kundgebungsorte angemeldet worden, die beide nicht genehmigt wurden. „Mittlerweile sind sogar Hamburgs Rasenflächen wichtiger als Menschenrechte“, sagte Ralf Lourenco von der KARAWANE in Bezug auf die Begründung des Versammlungsamtes: „Kundgebungen werden grundsätzlich nur auf Festflächen und nicht auf Rasenflächen genehmigt.“ Rund 60 Personen fingen um kurz nach 16 Uhr an zwei Zelte auf der Grünfläche gegenüber dem Kurt-Schumacher-Haus aufzubauen. Kurze Zeit später wies die Einsatzleitung der Polizei die AktivistInnen darauf hin, dass das Bezirksamt eine Errichtung von Zelten an dieser Stelle nicht duldet. Innerhalb von 15 Minuten sollten sie wieder abgebaut werden. Nach kurzer Absprache entschieden sich die AktivistInnen zu einer spontanen Demonstration zum Steindamm um zumindest eine breitere Öffentlichkeit zu informieren.
Die spontane Demonstration zog schließlich mit rund 100 TeilnehmerInnen bis zur Internationalen Apotheke am Steindamm und hielt dort eine Kundgebung ab. In Redebeiträgen machten die Flüchtlinge selbst auf ihre Situation aufmerksam. Ursprünglich waren die libyschen Flüchtlinge auf der italienischen Insel Lampedusa untergekommen bis die italienische Regierung Anfang des Jahres alle Flüchtlingslager auf der Insel schloss und die Menschen aufforderte, das Land in Richtung Nordeuropa zu verlassen. In Hamburg kamen die Flüchtlinge vorerst im Winternotprogramm für Obdachlose unter. Seit dem Ende des Winternotprogramms Mitte April leben die Flüchtlinge auf der Straße. Zahlreiche Initiativen fordern bei der Kundgebung am Dienstag die Stadt dazu auf, sich der Situation anzunehmen und Unterkünfte, Grundsicherung und Zugang zu medizinischer Versorgung bereitzustellen. „Der Senat versucht diese humanitäre Katastrophe auszusitzen.“, sagt Christiane Schneider, flüchtlingspolitische Sprecherin der Fraktion die LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft.
Nachdem die spontane Kundgebung am Steindamm durch die Polizei beendet wurde, versuchten die Beteiligten private Unterkunftsmöglichkeiten für die zu dieser Zeit in großer Zahl anwesenden Flüchtlinge zu finden. Besonders durch die angekündigten Unwetter war es den AktivistInnen ein dringendes Anliegen, zumindest für diese Nacht Schutz für die Flüchtlinge zu finden.
Am Mittwochvormittag haben die libyischen Flüchtlinge mit einer spontanen Protestkundgebung im Hamburger Rathaus erneut auf ihre prekäre Situation aufmerksam gemacht. Nachdem sie ergebnislos versucht hatten, mit Bürgermeister Olaf Scholz zu sprechen, formierten sich die Flüchtlinge zu einem Protestzug durch die Innenstadt. „Die Situation dieser Menschen ist absolut verzweifelt, die Stadt muss dringend etwas tun“, sagt Christiane Schneider (Die LINKE) und appelierte die Behörden erneut zum Handeln auf. Zur Überraschung aller Beteiligten AktivistInnen und Flüchtlinge reagierte das Bezirksamt kurz nach der Aktion im Rathaus. Per Telefon wurde die zunächst unbefristete Genehmigung erteilt vor der Internationalen Apotheke am Steindamm ein Infozelt zu errichten. Am Abend brachten AktivistInnen den Flüchtlingen am neu aufgebauten Zelt zunächst eine warme Mahlzeit, sowie Trinkwasser. Paletten auf dem Boden des Zeltes sollen nachts vor dem kalten Boden schützen. Auch die Versorgung mit warmen Getränken soll noch organisiert werden. „Wir werden so lange bleiben, wie es nötig ist, um unsere Rechte zu bekommen“, sagt ein Sprecher der Flüchtlinge. Tag und Nacht werden sie in dem kleinen, im Wind schwankenden Zelt ausharren. Andere Möglichkeiten gibt es kaum für die rund 50 Menschen am Steindamm. „Dieses Zelt ist jetzt unser Büro und unser Zuhause“, sagt der Sprecher der Flüchtlinge.
Birte
24. Mai 2013 at 08:00
Es ist ein Armutszeugnis sondergleiche, wie Hamburg mit seinen Flüchtlingen umgeht.
Melanie
25. Mai 2013 at 17:30
Ein Armutszeugnis??? Das finde ich stark untertrieben. Um ehrlich zu sein, ich finde keine Worte mehr für diesen Umgang mit Menschen. Die Köpfe von Hamburg sollten sich schämen und zwar nicht zu knapp!
Erich Heeder
23. Juni 2013 at 11:44
In einem offnen Europa, geht so etwas in einer menschrechts Gesetzgebung gar nicht mehr !! Ich
frage mich, wie währen alle anderen Länder mit uns als Kriegsflüchtlinge um gegangen, als wir noch Krieg hatten ?? Ich glaube, hier liegt etwas im argen !! So eine Politik braucht unsere Stadt nicht mehr, die nur noch gegen Menschen arbeitet, statt mit ihnen !!
Erich Heeder – HINZ&KUNZT Verkäufer
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