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Opernfundus am Veringhof: Nicht die beste Wahl

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Isabella David
@isabelladavid89

Chefredakteurin | Studentin der Politikwissenschaft an der Universität Hamburg | Kontakt: david@hh-mittendrin.de

Foto: Jonas Walzberg OpernfundusDer neue Opernfundus der Hamburgischen Staatsoper soll an die Veringhöfe nach Wilhelmsburg. Die Kreativen, KünstlerInnen und Gewerbetreibenden an den alten Zinnwerken müssten Platz für den bis zu 18 Meter hohen Gebäudekomplex machen (Mittendrin berichtete). Vor der Entscheidung des Senats wurde eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Diese hält den Standort am Veringhof allerdings nicht für die beste Wahl.

 

Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) hat bei „BAUdialog-Ingenieure Hannover“ eine Machbarkeitsstudie zur Verlagerung der Dekorationswerksstätten, des Kulissenfundus und des Kostüm- und Maskenfundus der Hamburgischen Staatsoper in Auftrag gegeben. Die Studie – die Mittendrin vorliegt – untersucht, ob und wie die Lagerstandorte der Staatsoper an einen einzigen verlagert werden können. Das Ingenieursbüro hat dabei nicht nur die Anforderungen an einen neuen Opernfundus analysiert, sondern auch vier unterschiedliche Standorte auf ihre Eignung geprüft.

Die Hamburgische Staatsoper verfügt neben ihrer Spielstätte am Gänsemarkt derzeit über vier zusätzliche Standorte, an denen Kulissen und Kostüme gelagert werden. Die Dekorationswerkstätten und der Kulissenfundus für die jeweils aktuelle Spielzeit befinden sich beide in Barmbek, der Kostüm- und Maskenfundus in Eidelstedt. Die Standorte in Barmbek sollen verlagert werden, da Wohnungsbau auf den entsprechenden Grundstücken geplant ist. Darüber hinaus gibt es in Ludwiglust ein angemietetes Kulissenlager mit einer Fläche von 8.500 Quadratmetern. Das Außenlager soll auch nach der Zusammenführung der bisherigen Standorte erhalten bleiben. Die Hamburgische Staatsoper stellt insbesondere ein zeitgemäßes Transport- und Lagersystem als Anforderung an den Neubau des Opernfundus. Dies geht aus einem Schreiben von Hans-Peter Boecker von der Technischen Direktion der Staatsoper vom 15. Mai 2012 hervor, das der Machbarkeitsstudie angehängt ist. Bisher sei das Transportsystem der Dekorationen sehr personal- und kostenintensiv und die Gefahr, dass Dekorationsteile, die bis zu 40 Jahre lang halten sollen, dabei zu Schaden kommen sehr hoch. Für die Installation eines Container-Platten-Systems mit fahrbaren Hochregalen seien allein für den Kulissenfundus eine Grundfläche von 6.000 Quadratmeter und eine durchgängige Höhe von mindestens 13 Meter notwendig. Die derzeitigen Planungen der Stadt sehen einen Bau von 18 Metern Höhe Am Veringhof vor.

Aufgrund der funktionalen Beziehungen der unterschiedlichen Standorte kommt auch die Machbarkeitsstudie zu dem Schluss, dass eine Zusammenlegung der Lagerstätten angestrebt werden sollte. Das Ingenieursbüro errechnet für den neuen Opernfundus einen Kostenrahmen von rund 26 Millionen Euro. Vier mögliche Standorte wurden innerhalb der Studie auf ihre Eignung überprüft: der Pinkertweg in Billbrook, die Amandus-Stubbe-Straße in Moorfleet, sowie die Industriestraße 101 und Am Veringhof 1-7 in Wilhelmsburg. Die Ingenieure kommen in der Studie zu dem Ergebnis, dass insbesondere die Grundstücke am Pinkertweg und an der Amanda-Lubbe-Straße für das Vorhaben geeignet sind. An beiden Standorten könnte die geplante Zusammenlegung der drei Lager zu einem Fundus uneingeschränkt durchgeführt werden.

Foto: Jakob Spengemann

Das Grundstück an der Amandus-Stubbe-Strasse in Moorfleet.

Die Grundstücksgröße am Pinkertweg lasse laut Machbarkeitsstudie sogar Erweiterungsmöglichkeiten für den Kulissenfundus zu, um beispielsweise auch das Lagerkonzept anderer Hamburger Bühnen zu optimieren. Beide Standorte liegen an der Verkehrsachse nach Ludwigslust und sind somit gut an das Außenlager der Staatsoper angebunden. Die Grundstücke sind bisher beide nicht bebaut. In der Machbarkeitsstudie wird der Standort am Pinkertweg sogar als „sehr gut geeignet“ eingestuft.

Foto: Jakob Spengemann

Der mögliche Standort am Pinkertweg in Billbrook.

Auch geprüft wurden zwei Standorte in Wilhelmsburg. Darunter ein Grundstück an der Industriestraße 101, auf dem auch die Soulkitchen-Halle steht. Laut Machbarkeitsstudie ist dieser Standort nicht geeignet. Durch die geringe Breite seien nur geringe Hallentiefen möglich. Diese würden die Nutzung des geplanten Lagersystems stark einschränken. Der Kostüm- und Maskenfundus könnte hier gar nicht untergebracht werden.

Darüber hinaus wurde das Grundstück Am Veringhof 1-7 betrachtet. Die Machbarkeitsstudie hält den Standort zwar nicht für grundsätzlich ungeeignet, führt jedoch einige Einschränkungen an. Die Dekorationswerkstätten und der Kulissenfundus könnten hier untergebracht werden, nicht jedoch der Kostüm- und Maskenfundus. „Wegen des Zuschnittes des Grundstückes ist es allerdings nicht möglich, die Dekorationswerkstätten in der vom Nutzer bevorzugten Form zu bauen“, heißt es in der Studie. Die im Bebauungsplan vorgesehene Zweigeschossigkeit könne bei einem Neubau nicht eingehalten werden. Auch die vorgesehene Höhe von mindestens 14 Meter überschreitet die Vorgaben des Bebauungsplans. Gleichzeitig bestehe ein erhebliches Altlastenrisiko, da das Grundstück Standort eines Zinnwerks gewesen ist. Auch seien Restbebauungen vorhanden, die entfernt werden müssten. „Das Kostenrisiko für Abbruch und Altlastenbeseitigung wird als hoch eingeschätzt“, heißt es weiter. Laut Machbarkeitsstudie würde ein Neubau am Standort Am Veringhof aufgrund der baulichen Anforderungen ein aufwendigeres Tragwerk und Begrünung benötigen. Die Mehrkosten werden von den Ingenieuren mit zusätzlichen 10 Prozent zum errechneten Kostenrahmen beziffert.

Unklar bleibt, warum der Senat sich trotz dieser Einschätzung für das Grundstück Am Veringhof entschieden hat. Auch aus einer kleinen Anfrage der Fraktion der Grünen in der Bürgerschaft geht nicht hervor, warum die Wahl des Senats auf den Standort am Veringhof gefallen ist, obwohl andere Grundstücke durch die Machbarkeitsstudie als besser geeignet eingestuft werden und für einen Neubau am Veringhof zusätzliche Kosten erwartet werden. Während die durch die Machbarkeitsstudie bevorzugten Standorte bisher unbebaut sind, würde ein Neubau des Opernfundus am Veringhof Kleingewerbe bedrohen und gewachsene Strukturen der Wilhelmsburger Kreativszene einreißen.

Kommentare anzeigen (3)

3 Kommentare

  1. Kevin Hüet

    7. April 2013 at 21:07

    Das macht doch irgendwie alles keinen Sinn – habt ihr einmal um Stellungnahme gebeten? Das wäre super interessant :) Ansonsten danke für die wachrüttelnde Berichterstattung.

  2. Isabella David

    Isabella David

    8. April 2013 at 13:33

    Danke für den Kommentar. Stellungnahme des Senats steht noch aus. Auch in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen wird bisher nicht begründet, warum keiner der anderen beiden Standorte ausgewählt worden ist.

  3. Michael

    8. April 2013 at 20:54

    Ein statement der Finanzbehörde gibt es bei WilhelmsburgOnline.de nachzulesen. Dort heißt es:

    Trotzdem will der Senat an den Neubauplänen am Veringkanal festhalten. „Wie gesagt: Wir werden den Opernfundus mit seinen Werkstätten dort ansiedeln“, sagt Daniel Stricker, Sprecher der Finanzbehörde. Dass die Gutachter andere Standorte eher empfehlen, bestreitet er. „Die Grundstücke sind alle gleich gut geeignet, nur gibt es einige Problempunkte, die bei einem Grundstück stärker hervortreten als bei den anderen“, sagt der Sprecher. Das eine Problem sei der verunreinigte Boden – aber das müsse der Eigentümer der Fläche ohnehin früher oder später lösen. Das andere Problem sei, dass die städtische Sprinkenhof AG Schwierigkeiten habe, das Gelände Am Veringhof zu vermarkten. „Es gibt keine Interessenten, die Interesse an einer kommerziellen Nutzung dieses Geländes gehabt hätten“, sagt Stricker. Deshalb solle nun die Staatsoper die Fläche bekommen.

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