Am Donnerstag forderten die Grünen in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte die Einrichtung eines Quartiersbeirats für das südliche St. Pauli. Der Antrag wurde gegen die Stimmen von SPD, FDP und CDU abgelehnt. In St. Pauli gebe es bereits genügend Bürgerbeteiligung.
Der Stadtteil St. Pauli wandelt sich in einem rasanten Tempo. Die Attraktivität des sogenannten Szeneviertels lockt zahlreiche Investoren an, die hochpreisige Miet- und Eigentumswohnungen, touristische Events und Büroflächen auf St. Pauli schaffen wollen. Die Debatten um die Esso-Häuser, die Rindermarkthalle oder das Niebuhrhaus stellen nur einen kleinen Teil der daraus entstehenden Konflikte dar. Die Grünen forderten am Donnerstag in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte die Einrichtung eines Quartiersbeirats für das südliche St. Pauli, um den BürgerInnen im Zentrum des Veränderungsprozesses mehr Möglichkeiten zur Beteiligung zu bieten.
„St. Pauli entwickelt sich zurzeit mit einer besonderen Dynamik. Bestehende Beteiligungsgremien, wie der Sanierungsbeirat Wohlwillstraße, sind mit den vielen Themen überfrachtet“, sagt Dirk Petersen, Bezirksabgeordneter der Grünen. Die BürgerInnen auf St. Pauli sollten nicht schlechter behandelt werden als in anderen Quartieren, die bereits einen eigenen Beirat haben. Das Karolinenviertel habe zum Beispiel seit langem einen gut funktionierenden Beirat. Der Antrag der Grünen sieht vor, einen Beirat für den Bereich südlich des Sanierungsgebietes Wohlwillstraße einzurichten. Neben den Fraktionen der Bezirksversammlung sollen AnwohnerInnen und Mitglieder der Initiativen dem Beirat angehören, der sechs Mal jährlich tagen soll. Der Bezirk soll die Arbeit des Beirats mit 10.000 Euro jährlich unterstützen. Die Grünen orientieren sich dabei an der Finanzierung des neuen Forums für die HafenCity, das auf Antrag der SPD eingerichtet und mit 8.000 Euro unterstützt wird.
Die SPD lehnt einen Beirat für St. Pauli Süd ab. Das Geld könne besser in andere Projekte investiert werden. „Wir brauchen keine Parallelstrukturen auf St. Pauli. Bürgerbeteiligung findet dort über die äußerst engagierten Initiativen bereits statt“, sagt Erkan Sahin, Bezirksabgeordneter der SPD. Die Bezirkspolitik habe die BürgerInnen bei strittigen Themen immer eingebunden. So seien Runde Tische im Stadtteil ein bewährtes Instrument. „In der HafenCity ist die Situation anders, da hier gerade erst Strukturen aufgebaut werden“, so Sahin weiter. Die Linke unterstützt den Vorschlag der Grünen hingegen mit Nachdruck. „Initiativen müssen sich das Gehör oft erst erkämpfen. Ein Beirat bietet feste Strukturen und einen direkten Zugang zu Politik und Verwaltung. Es sollte daher einen unbefristeten Quartiersbeirat für St. Pauli Süd geben“, sagt Bernhard Stietz-Leipnitz, Fraktionsvorsitzender der Linken. Andreas Gerhold, Fraktionsvorsitzender der Piraten ergänzt: „Ich bin entsetzt, dass die SPD behauptet auf St. Pauli sei alles in trockenen Tüchern. Wir brauchen hier mehr BürgerInnenbeteiligung“. Die Bezirksversammlung lehnt den Antrag der Grünen schließlich gegen die Stimmen von SPD, FDP und CDU ab. Dirk Petersen bedauert diese Entscheidung: „Ich habe eine andere Wahrnehmung als die KollegInnen von SPD, FPD und CDU. Die Entwicklung auf St. Pauli ist längst nicht vorbei“.
Michael Joho
28. März 2013 at 07:48
Liebe Mittendrin-Redaktion, lieber Dominik Brueck!
Danke, dass Ihr der BürgerInnenbteiligung von unten so viel Raum gebt. Über die Entwicklung im Bezirk Mitte, z.B. diese Geschichte mit dem von der SPD abgelehnten Stadtteilbeirat St. Pauli, erfahre ich in dieser Form nur bei Euch etwas. Klasse. Im Übrigen finde ich es im 21. Jahrhundert aberwitzig und – gelinde gesagt – unklug von der Mehrheitsfraktion, den Wunsch der Menschen nach mehr Beteiligung(sstrukturen) derartig zu ignorieren, und ja längst nicht nur in St. Pauli. Es geht um Geld (Schuldenbremse) und die Verhinderung von institutionalisierter Partizipation (wider die Politikverdrossenheit).
Michael Joho
P.S.: Endlich klappt’s auch vorzüglich mit dem Ausdruck der Artikel!