Politik

IBA Eröffnungswochenende von Protesten begleitet

Politik
Mittendrin
@HHMittendrin

Mittendrin ist das Online-Nachrichtenmagazin für den Bezirk Hamburg-Mitte. Auf unseren Seiten stellt ein junges Team von Redakteuren aktuelle und spannende Geschichten aus dem Herzen Hamburgs für unsere Leser zusammen.

Foto: Jonas Walzberg IBAAm Sonnabend eröffnete die Internationale Bauaustellung (IBA) in Wilhelmsburg offiziell das Präsentationsjahr 2013. Zeitgleich zu der Eröffnungsfeier auf der Seebühne am Bürgerhaus zog ein Protestzug gegen die Bauausstellung durch den Stadtteil. Die Stadtentwicklungspolitik auf den Elbinseln ist nicht unumstritten. Für die Eröffnungsveranstaltungen waren bereits seit Wochen Proteste angekündigt.

Von Dominik Brück, Anja-Katharina Riesterer und Isabella David.

Das Eröffnungswochenende der Internationalen Bauausstellung in Wilhelmsburg wurde von lautstarken Protesten begleitet. Am Sonnabend rief die Initiative „IBA? Nigs da!“ zu einer Demonstration durch den Stadtteil auf. Mit der Veranstaltung wollten die Organisatoren „der Scheinwelt IBA etwas entgegensetzen“. Die Kritik der IBA-Gegner richtet sich vor allem gegen die Folgen der Aufwertung der Elbinsel durch die Stadtentwicklungspolitik des SPD-Senats. Die AktivistInnen befürchten, dass durch steigende Mieten alteingesessene WilhelmsburgerInnen aus dem Stadtteil verdrängt werden. Die Bauausstellung wird als Ausdruck dieser Entwicklung gesehen. „Wilhelmsburg wird aufgewertet und vermarktet“, sagte ein Demonstrant. Die Auflagen für den Demonstrationszug, der parallel zur offiziellen Eröffnungsfeier durch Wilhelmsburg zog, werden als Teil der IBA-Politik gesehen, kritische Stimmen zu unterdrücken. Die Demonstration mit rund 500 Teilnehmern musste vor der neuen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, in einigem Abstand zur offiziellen Eröffnungsfeier stoppen. „Die IBA hat Wilhelmsburg an diesem Wochenende gepachtet und will mit einer Bannmeile der Harmonie eine schöne neue Welt vorspielen“, sagt einer der Veranstalter.

Foto: Dominik BrückDer Protest der „IBA? Nigs da!“-AktivistInnen wurde von Initiativen aus dem Stadtteil unterstützt. Unter anderem beteiligten sich die „Engagierten Wilhelmsburger“ und der „Arbeitskreis Umstrukturierung Wilhelmsburg“ an der Demonstration. Trotz der winterlichen Temperaturen waren auch viele Familien mit Kindern, die dick eingepackt in Bollerwagen mitgezogen wurden, auf der Demonstration anzutreffen. „Es ist wichtig, dass die Presse nicht nur über die schöne IBA-Welt berichtet, sondern auch deutlich wird, dass viele WilhelmsburgerInnen eine andere Meinung über die Ausstellung haben“, sagt Hannah Sperberich von „IBA? Nigs da!“. Es gebe auch viel inhaltliche Unterstützung von BürgerInnen im Stadtteil, für die eine Demonstration aber nicht die richtige Protestform sei.

Die weiterhin bestehenden Unterschiede in Wilhelmsburg wurden besonders auf einer Zwischenkundgebung im Bahnhofsviertel deutlich. In Sichtweite der IBA-Bauwerke leben hier Menschen in stark sanierungsbedürftigen Wohnungen. „Das neue Wilhelmsburg wurde nicht für die Menschen gebaut, die hier leben. Hier liegen sich Hochglanz-Projekte und Schimmel-Wohnungen direkt gegenüber“, sagt der „Arbeitskreis Umstrukturierung Wilhelmsburg“. Etwa zweihundert Meter vor dem Bürgerhaus Wilhelmsburg wurde die Demonstration von der Polizei gestoppt. Mit Lautsprecherwagen riefen die Demonstranten in Richtung der Eröffnungsveranstaltung: „Wir brauchen Kooperation und Bürgerbeteiligung, keine Basta-Politik“.

Foto: Jonas WalzbergZeitgleich fand auf der Seebühne vor dem Bürgerhaus Wilhelmsburg die offizielle Eröffnungsveranstaltung der IBA statt. Uli Hellweg, Geschäftsführer der Internationalen Bauausstellung, erklärte das Großprojekt für einen Meilenstein im Rahmen des Konzepts „Sprung über die Elbe“. Immer wieder war auch die Protestkundgebung bis zur Seebühne zu hören. Hellweg konnte die Kritik an der IBA indes nicht nachvollziehen: „Der Hamburger Süden profitiert stark von der Aufwertung durch die IBA. Insbesondere unter marktwirtschaftlichen Aspekten kann ich Kritik an der IBA nicht verstehen. Wir haben hier eine Menge neuer Arbeitsplätze geschaffen“ sagt Hellweg. Auch Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) bezeichnete die IBA in seiner Eröffnungsrede als vollen Erfolg und beispielhafte Form der Stadtentwicklung. „Unser Ziel ist Aufwertung ohne Verdrängung“, sagt Scholz. Das Band zur Eröffnung wurde schließlich von zwei Wilhelmsburger Schülerinnen von einer Barkasse aus durchschnitten. Auf dieser waren auch zahlreiche Vertreter der Bezirkspolitik, wie Bezirksamtsleiter Andy Grote und auch Jutta Blankau, Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt. Nach der offiziellen Eröffnung luden die Veranstalter die Gäste dazu ein, einen ersten Blick auf die Projekte zu werfen. Trotzdem die Veranstaltung weiträumig abgesperrt gewesen ist, konnten am Ende doch noch zwei Aktivisten ein Banner entrollen. Darauf jedoch kein Spruch, das Plakat war völlig weiß. Die Münder der beiden DemonstrantInnen waren mit Klebeband zugeklebt, darüber ihr Finger als Symbol des Schweigens. Die Botschaft trotzdem eindeutig: Proteste seien von der IBA nicht erwünscht.

Foto: Dominik BrückAuch am Sonntag gingen die Proteste gegen die IBA in Form von Kundgebungen weiter. „IBA? Nigs Da“ baute insgesamt drei Infostände vor der neuen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, beim Schwimmbad sowie nahe des Energiebunkers auf. Mit lauter Musik, vielen Flyern und gelegentlichen Durchsagen ging es vor allem darum, die Passanten auf den Protest aufmerksam zu machen. Viele Besucher spazierten zunächst ahnungslos an den teils nur halbfertigen Gebäuden der IBA vorbei, ließen sich aber gern über das Anliegen und die Sorgen der Initiative informieren. „Wir wollen eine selbstbestimmte Stadt ohne den ständigen Konkurrenzkampf um Wohnraum“ schallte es ein ums andere Mal aus dem Lautsprechern. Besonders kritisiert wurde, dass den zahlreichen TouristInnen die für die IBA nach Hamburg kämen, eine Ausstellung präsentiert werde, die für viele Wilhelmsburger BürgerInnen auch negative Konsequenzen habe. Polizeiangaben zufolge war die Kundgebung vor der Behörde nicht genehmigt, man sah aber keinen Grund zum einschreiten. Die Proteste verliefen am gesamten Wochenende friedlich.

Das Präsentationsjahr der Internationalen Bauausstellung auf den Elbinseln und im Harburger Binnenhafen läuft bis zum 3. November 2013. Im April eröffnet mit der Internationalen Gartenschau die zweite Großveranstaltung in Hamburgs Süden.

Klicken um Kommentar zu schreiben

Artikel kommentieren

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Mehr in Politik

Demonstration Golden Pudel, 19.2.2016, Foto: Isabella David

Demo für den Pudel Club: „Unsere Ruine kriegt ihr nicht!“

Isabella David20. Februar 2016
1-Michael_Neumann_SPD1

Innensenator Neuman tritt zurück – Grote wird Nachfolger

Isabella David18. Januar 2016
Winternotprogramm Münzviertel, Oktober 2015, Foto: Isabella David

Petition an die Sozialbehörde: „Das Winternotprogramm tagsüber öffnen!“

Isabella David8. Januar 2016
Tegida Demo Januar 2015, Foto: Henry Lührs

Anpacken statt lang schnacken – das war 2015 in Hamburg-Mitte

Isabella David31. Dezember 2015
Tagesstätte für Geflüchtete, Bieberhaus, Foto: Isabella David

Tagesstätte für Geflüchtete im Bieberhaus: „Vieles ist improvisiert“

Isabella David17. Dezember 2015
Schulstreik 2013, Foto: Dominik Brück

Schüler demonstrieren: „Bleiberecht statt Waffenexporte“

Isabella David17. Dezember 2015
Hosemann, City-Hof, Foto: Isabella David

Interview: „Dem City-Hof ein Denkmal setzen“

Isabella David10. Dezember 2015
FOTO: POLITIKWERFT DESIGNBÜRO

„Basta-Politik gescheitert“: Scholz nach Olympia-Referendum in der Kritik

Isabella David9. Dezember 2015
Olympia in Hamburg

Diskussion: Olympia in Hamburg – ja oder nein?

Mittendrin27. November 2015

Rund um Billstedt, Billbrook und Horn atmet die grüne Lunge der Stadt. In Hamm, Rothenburgsort, Borgfelde, Hammerbrook, St.Georg, der Alt- und Neustadt, und auf St. Pauli riecht und schmeckt man Hamburg an jeder Straßenecke. Die Hafencity glänzt und glitzert im Schatten der dicken Pötte und Kräne.

Die andere Seite der Elbe auf der Veddel, in Wilhelmsburg, auf dem Kleinen Grasbrook, in Steinwerder, Waltershof, Finkenwerder und auf der Insel Neuwerk lässt hanseatische Tradition spürbar werden.

Das ist Hamburg-Mitte, unser Bezirk inmitten einer lebhaften Stadt. So vielfältig wie seine Bewohner sind die Geschichten, die wir erzählen.

Mittendrin ist Name und Programm – täglich sind wir unterwegs und bringen euch spannende Reportagen, aktuelle Lokalnachrichten und ausdrucksstarke Bilder und Videos aus Hamburgs bunter Mitte.

Hamburger Geschichten

© 2012 - 2015 Mittendrin | Alle Rechte vorbehalten. Impressum - Umsetzung Politikwerft Designbüro.