Fracking ist deutschlandweit eine umstrittene Methode zur Gewinnung von Erdgas. In Bergedorf, Harburg und Wilhelmsburg will das Förderunternehmen ExxonMobil nach Gasvorkommen suchen. In den betroffenen Stadtteilen wächst die Sorge, dass hier auch Fracking zum Einsatz kommen soll.
Von Isabella David und Signe Heins
Im Dezember 2012 wurde bekannt, dass der Konzern ExxonMobil in Hamburg Erdgas fördern will. Dafür sollen die Vorkommen in den „Vierlanden“ geprüft werden. Die Bürgerinnen und Bürger haben Bedenken, dass auch Fracking bei der Gasförderung genutzt werden soll. Im betroffenen Stadtteil Bergedorf gründete sich im März die Initiative „Frackingfreies Hamburg“. Am 12. April sind im Regionalausschuss Vier- und Marschlande Referenten der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU), der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI), des Geologischen Landesamtes und von ExxonMobil zu Gast, um über die Vorhaben des Unternehmens und die möglichen Konsequenzen für den Stadtteil zu sprechen. Fracking, auch hydraulisches Aufbrechen genannt, ist eine umstrittene Methode der Erdöl- und Gasförderung. In Tiefbohrungen wird eine Flüssigkeit eingepresst um im Gestein Risse zu erzeugen. Durch diesen Vorgang des Fracking wird die Gas- und Flüssigkeitsdurchlässigkeit der Gesteinsschicht erhöht. Erdgas und Erdöl können somit leichter gefördert werden. Die Fracking-Methode wurde bisher vor allem in den USA angewandt. Dabei kam es zu Verschmutzungen des Trinkwassers. Teilweise traten brennbare Gase aus den Wasserleitungen aus. Durch die Gasemissionen steigt die Luftverschmutzung stark an. Entzündliche Gase können in die Luft freigesetzt werden.
Auch im Regionalausschuss Wilhelmsburg-Veddel war Fracking am Dienstag ein Thema. Laut dem Antrag des Förderunternehmens soll nicht nur in Bergedorf und Harburg, sondern auch in Wilhelmsburg die mögliche Förderung von Erdgas überprüft werden. Die Grünen forderten deshalb in einem Antrag, dass entsprechende Referenten auch in den Regionalausschuss Wilhelmsburg-Veddel eingeladen werden sollen. Der Antrag wurde jedoch an den Umweltausschuss der Bezirksversammlung überwiesen. Die SPD begründet dieses Vorgehen mit der Relevanz des Themas für den gesamten Bezirk Hamburg-Mitte. „Wir wollen uns erst umfassend informieren, bevor wir über die nächsten Schritte nachdenken“, sagt Michael Weinreich (SPD). Die Grünen sehen die Verzögerung einer Befassung mit dem Thema als problematisch an. „Die Bevölkerung muss zügig über Fracking informiert werden“, sagt Michael Osterburg, Fraktionsvorsitzender der Grünen in Hamburg-Mitte.
In der vergangenen Woche veröffentlichte die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation die „Akte Vierlande“. Die Akte nimmt ihren Anfang in einem Antrag des Konzerns ExxonMobil, der die Gasförderung in Norddeutschland ausbauen will. Das angestrebte Fördergebiet erstreckt sich in Hamburg über Bergedorf, Harburg und Wilhelmsburg. Die Korrespondenz der zuständigen Behörden ist der Akte beigefügt. Insbesondere das Kartenmaterial und genaue Angaben über den Ablauf der Förderung sind jedoch unkenntlich gemacht worden. Insgesamt umfasst das betreffende Gebiet „Vierlande“ mehr als 150 Quadratkilometer und damit fast 20 Prozent der Gesamtfläche Hamburgs. Aus der Korrespondenz geht hervor, dass die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) dem Antrag von ExxonMobil mit großer Skepsis gegenübersteht. In einer Stellungnahme vom 8. August 2012 geht die BSU auf die Gründe für diese Bedenken ein. Insbesondere berufen sich diese auf die Annahme, dass aus dem Antrag von ExxonMobil nicht eindeutig hervorgehe, ob nur konventionelle Möglichkeit der Gasförderung in den Vierlanden geprüft oder auch neue Verfahren der Kohlenwasserstoff-Gewinnung, wie beispielsweise Fracking, in Hamburg durch den Konzern forciert werden sollen. Die BSU führt im Weiteren insbesondere Belange der Wasserwirtschaft und des Naturschutzes an, die gegen eine Prüfung der Erdgasvorkommen in den Vierladen sprechen. Laut der Stellungnahme der BSU erstreckt sich das Erlaubnisfeld Vierlande weiträumig über den süd- bis südöstlichen Teil Hamburgs und überschneidet sich somit großflächig mit Trinkwassergewinnungsgebieten der Hamburger Wasserwerke Curslack, Bergedorf, Lohbrügge und Bostelbek. „Es besteht die Besorgnis, fass bei zukünftigen Explorationstätigkeiten und der anschließenden Förderung von Kohlenwasserstoffen der Schutz der für die Trinkwassergewinnung genutzten Grundwasservorkommen nicht dauerhaft gewährleistet werden kann“, heißt es in der Stellungnahme der BSU. Im Sinne des öffentlichen Interesses und der besonderen Schutzbedürftigkeit des Grundwassers in Trinkwassergewinnungsgebieten lehnt die BSU den Antrag von ExxonMobil ab.
Darüber hinaus stützt die Ablehnung der BSU sich auf Belange des Naturschutzes. Der Antrag umfasse mehrere ökologisch sensible Naturschutzgebiete: Die Kirchwerder Wiesen, die Reit, die Borghorster Elblandschaft, der Zollenspieker, die Kiebitzbrack und die Auenlandschaft Norderelbe. Auch liegen einige Landschaftsschutzgebiete in dem betreffenden Gebiet. Des Weiteren führt die BSU zusätzliche Gründe an, aus denen sie den Antrag ablehnt. „Das Erlaubnisfeld Vierlande umfasst teilweise sehr dich bebautes urbanes Siedlungsgebiet, so u.a. Teile von Hamburg-Bergedorf, Allermöhe, Teile von Wilhelmsburg sowie nahezu das gesamte Siedlungskerngebiet von Harburg“, heißt es in der Stellungnahme der BSU. Aus den genannten Gründen lehnt die BSU eine Genehmigung des Antrags ab.
Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) betrachtet die Bedenken der BSU als haltlos, da diese zu vage seien. Die Wirtschaftsbehörde bezeichnet die Annahme, dass in ExxonMobil Fracking in den Vierlanden durchführen wolle als spekulativ. Nach dem Bergbaugesetz habe ExxonMobil einen Rechtsanspruch auf die Vergabe der Erlaubnis zur Erkundung. „Allgemeine Grundsätze des öffentlichen Interesses reichen für eine Versagung nicht aus“, heißt es in der Stellungnahme der Wirtschaftsbehörde. Den Bedenken der BSU werde im Falle eines später angestrebten Fracking-Verfahrens entsprochen. Die Wirtschaftsbehörde stimmt einer Genehmigung des Antrags in einer Stellungnahme im Oktober 2012 zu. Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) erteilte bereits im Dezember 2012 ExxonMobil die Erlaubnis im Gebiet Vierlande zu gewerblichen Zwecken Kohlenwasserstoffe aufzusuchen. Die Erlaubnis ist befristet vom Januar 2013 bis Ende 2015.
Auch in der Bürgerschaft wird das Thema Fracking in der Sitzung am Mittwochabend diskutiert. Sowohl die Fraktion der Linken als auch der Grünen sprechen sich in Anträgen nachdrücklich gegen einen Einsatz von Fracking in Hamburg aus. Auch im Bezirk Hamburg-Mitte wollen sich die Grünen die Gefahren des Fracking transparent machen. „Wir hoffen, dass die Bürgerinnen und Bürger sich auch in Hamburg-Mitte zusammenschließen und Protest organisieren“, sagt Michael Osterburg.
Eine Erklärung der Fracking-Methode von www.ProPublica.org auf Englisch:
Foto: von Daniel Foster (Flickr: Natural Gas Drilling) [CC-BY-SA-2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons
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