Politik

SPD und Bündnis/90: Wie grün ist die neue Koalition in Mitte?

Politik
Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Die Grünen nehmen in der Koalition mit der SPD die Rolle des kleinen Partners ein. Innerhalb der Partei wird der Koalitionsvertrag der rot-grünen Bezirksregierung aber schon vor der Unterzeichnung kritisiert. Mittendrin hat das Papier gelesen und geprüft, wie deutlich die Handschrift der Grünen zu erkennen ist.

Am Freitag haben Sozialdemokraten und Grüne offiziell den Koalitionsvertrag unterzeichnet, der die Grundlage für die Politik im Bezirk in den kommenden fünf Jahren sein soll. Nach den Bezirkswahlen im Mai hatten die Sozialdemokraten als stärkste Fraktion in der Bezirksversammlung die Möglichkeit sowohl mit der CDU, als auch mit den Grünen zu koalieren. Nachdem die Sondierungsgespräche mit den Christdemokraten scheiterten, folgten wochenlange Verhandlungen mit den Grünen.

Mit dem Ergebnis sind jedoch längst nicht alle Grünen zufrieden. Auch der Bürgerschaftsabgeordnete Farid Müller aus Mitte hat dem Koalitionsvertrag seine Zustimmung verweigert und sich bei der parteiinternen Abstimmung über das Dokument enthalten. Aus seiner Sicht fehlen wesentliche Punkte grüner Politik.

Mangel an Beteiligung

Größter Kritikpunkt des Grünen-Politikers ist die fehlende Handschrift seiner Partei in Bezug auf die Bürgerbeteiligung im Bezirk Mitte. So sei man der Forderung der SPD nachgekommen, keine weiteren Stadtteilbeiräte einzurichten. Tatsächlich legt der Vertrag fest, dass alle bestehenden Beiräte erhalten werden sollen. Neue Gremien sind allerdings nicht vorgesehen. „Im Koalitionsvertrag wird der Bestand praktisch für fünf Jahre eingefroren“, kritisiert Müller. In der vergangenen Sitzungsperiode hatte die Bezirksfraktion der Grünen hingegen stets die Ausweitung von Beiratsstrukturen gefordert und sich insbesondere für einen Beirat im südlichen St. Pauli eingesetzt. Diese Forderung findet im Koalitionsvertrag nun keine Erwähnung mehr.

Laut Müller ist es daher auch unwahrscheinlich, dass die geplante Umgestaltung des Alten Elbparks mit einer Beteiligung der BürgerInnen stattfindet. Im Vertrag finden sich in der Tat viele Ausführungen zu den Gestaltungsplänen, während Bürgerbeteiligung nicht erwähnt wird. „Darüber hinaus hat die SPD darauf bestanden, in das Bismarck-Denkmal unbedingt eine Gastronomie mit einzubeziehen“, sagt Müller. Dies sei mit den Wünschen vieler St. PaulianerInnen nicht vereinbar. „Ich finde, so kann man nicht glaubwürdig Politik machen, einerseits ständig Bürgerbeteiligung beschwören, die dann aber, wenn es Ernst wird, zu verweigern“, so Müller weiter, dessen Kritik nicht nur den Koalitionspartner betrifft. Schließlich waren es die Grünen, die in der vergangenen Sitzungsperiode immer wieder eine stärkere Beteiligung der BürgerInnen gefordert hatten.

Auch der kleine Partner kommt zum Zug

Müller nennt weitere Kritikpunkte wie den Umgang mit Großveranstaltungen und das Fehlen von Online-Petitionen im Vertrag. Auch die häufige Zustimmung zur Politik des Senats dürfte für den Landespolitiker schwierig sein, da sie deutlich die Handschrift der SPD trägt. Doch auch die Grünen als kleiner Koalitionspartner kommen in dem Vertrag an mehreren Stellen zum Zug. So finden sowohl der verbesserte Lärmschutz, als auch eine Spielsucht- und Schuldnerberatung Platz in dem Dokument. Beides Punkte, welche die Grünen bereits in der letzten Sitzungsperiode gefordert hatten. Zudem ist auch die Verbesserung des Radverkehrsnetzes Bestandteil des Vertrages. Eine wichtige wichtige Forderung der Grünen im Bezirk, wie auch in der Bürgerschaft. Allerdings grenzen sich die Koalitionäre auch von der Landesebene ab und äußern leichte Kritik am Senat. So sieht die Koalition den Senat in der Pflicht, mehr Geld für Jugendeinrichtungen zur Verfügung zu stellen.

Mehr zum Koalitionsvertrag lest ihr nach der Unterzeichnung bei uns.

 

Foto: Tobias Johanning und Vanessa Kleinwächter

 

Kommentare anzeigen (4)

4 Kommentare

  1. Besserwisser

    26. September 2014 at 10:45

    Es ist halt ein Koalitionsvertrag auf biegen und brechen. Die Grünen, insbesondere Herr Osterburg, wollten doch schon lange eine Koalition; egal, welche grünen Inhalte dabei auf der Strecke bleiben. Ich finde, es ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich die Grünen nächstes Jahr um jeden Preis an die Roten reinschmeißen werden, nur um zu regieren ….

  2. Gerda

    28. September 2014 at 08:19

    Die Grünen sind schon lange nicht mehr grün. Neuerdings sind sie auch sehr verständnisvoll gegenüber ukrainischen Faschisten. Also werden sie langsam braun. Wir können in der Tat davon ausgehen, dass es auch in dieser Koalition in erster Linie um Pöstchen geht und nicht um Inhalte. Unseren so genannten Volksvertretern fehlt es schon lange an Geist, um Demokratie in die Tat umzusetzen.

    • HH Mitte

      13. Oktober 2014 at 20:03

      Ja Gerda, alle jeder ist sich selbst der Nächste! Siehe das „Kahrs System“! Innerhalb dieses Systems gilt weder Einsatz noch Können, es zählt ausschließlich Kadavergehorsam! Der Obstlt a.D. befiehlt und das abhängige „System“ gehorcht! Der Mann ist bereits zu mächtig geworden, selbst der Bürgermeister kann ohne Kahrs und seiner Abhängigen nichts mehr durchsetzen! Das System ist nur von INNEN zu knacken, kommt Zeit, kommt Rat! Wichtig ist, dass die Wähler Bescheid wissen!

  3. WInfried

    13. November 2014 at 17:47

    Das beweist doch wieder einmal was sich durch alle Ebenen zieht. Die Machterhaltung oder Möglichkeit in diese Position zu gelangen bestimmt das politische Handeln. Ganzgleich, ob damit Grundsatzpositionen aufgegeben werden. Das wird dann im Nachhinein mit der schwachen Verhandlungsposition erklärt, an denen ja der Wähler beteiligt ist.

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