Elisa in Hamm: „Wir würden der VHW die Last abnehmen“

Foto: Initiative "Rettet Elisa"
Politik
Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Die Vereinigte Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft will die Wohnanlage „Elisa“ in Hamm abreißen und durch einen Neubau ersetzen. Trotz Räumungsklagen kämpfen die MieterInnen weiter um den Erhalt des Backsteinensembles – und wollen im Zweifel eine Genossenschaft gründen, um das Gebäude zu kaufen. 

Mittendrin: Warum habt ihr ein Interesse an dem Erhalt der Wohnanlage „Elisa“?

Bewohnerin: Ich bin betroffene Bewohnerin und auch Mitgliedervertreterin. Mir geht es um das Haus, nicht um eine hohe Abfindung oder ähnliches. Ich und auch andere Nachbarn, die bereits ausgezogen sind, sehen es genauso. Das ist ein besonderes Haus, es hat einen besonderen Charme hier zu wohnen und es gibt baulich überhaupt keine Notwendigkeit abzureißen. Deshalb engagieren wir uns für den Erhalt. Ich wohne seit Anfang 1997 hier, also etwa 17 Jahre.

Nachbar: Ich wohne in unmittelbarer Nachbarschaft zu Wohnanlage „Elisa“ und auch Mitgliedervertreter der VHW. Ich bin besorgt, dass eines Tages auch unser Haus dran sein könnte.

Wie viele MieterInnen wohnen hier noch? 

Bewohnerin: Es sind noch elf Mietparteien, davon werden jedoch noch welche ausziehen. Fünf Leute haben eine Räumungsklage erhalten. Für einige andere konnte  auch noch keine Lösung gefunden werden, also  kein passendes Wohnungsangebot, die haben jedoch keine Klage erhalten. Wie schon bei den Kündigungen, ist es  uns unverständlich,  das es da keine einheitliche Regelung gab. Das verwundert, weil die VHW ja ein Bauvorhaben hat, und dann entsprechend allen gekündigt werden müsste. Hier wohnen bleiben werden sechs, vielleicht sieben Mietparteien.

Nachbar: Es sind zwar die meisten ausgezogen, aber die meisten davon würde auch lieber in ein saniertes Gebäude als in einen Ersatzneubau zurückkehren. Zumal eine Sanierung höchstens ein Drittel der Zeit in Anspruch nehmen würde, wie ein Abriss und anschließender Neubau. Da die Leute natürlich schnell zurück wollen, wäre auch aus deren Sicht eine Sanierung die ungleich bessere Lösung.

Es gibt die ersten Räumungsklagen, die ersten Prozesse finden statt. Es gibt eine Rahmenvereinbarung über den Mieterschutzbund über Ersatzwohnungen und ein Rückkehrrecht in den Neubau. Warum nimmt man das Angebot nicht an? Warum versucht man mit allem was man hat in dieser Wohnung zu bleiben? 

Bewohnerin: Weil ich überhaupt bezweifle, dass die Kündigung rechtswirksam ist. Außerdem ist mir immer noch nicht klar, warum hier ein Neubau angestrebt wird. Die Genossenschaft will hier das schönste Haus in ihrem Bestand abreißen und durch einen Neubau ersetzen. Früher haben sie mit diesem Haus geworben, mit der Fassade, die eben besonders ist und auch bei einschlägigen Stiftungen und Gesellschaften bekannt ist. Es ist ein super wohnen hier, wirklich schön. Auch die kleinen Wohnungen machen ein würdiges Leben möglich, weil die Decken höher und die Grundrisse praktisch sind. Und es ist wirklich kein baulicher Schaden da, wie ein Schwamm oder ähnliches. Das Abrissvorhaben kommt mir konstruiert vor. Ich hab auch Zweifel daran, dass man Leuten kündigen kann, wenn kein echtes Bauvorhaben da war. Und zum Zeitpunkt der Kündigung gab es meiner Meinung nach keines.  Es gab vier Wochen vorher einen Neubaugestaltungs-Workshop, bei dem noch die Rede von einem Vorentwurf einer Planung gewesen ist.

Nachbar: Zum Zeitpunkt der Kündigung, war auch noch die Rede davon, 130 neue Wohnungen an diesem Standort zu errichten. Nunmehr muss die VHW einräumen, dass es nur 101 Wohnungen werden. Vor dem Hintergrund haben wir auch Zweifel, dass das in der Rahmenvereinbarung garantierte Rückkehrrecht eingehalten wird, da genügend Wohnungen in einer vergleichbaren Größe wie bisher einfach nicht vorhanden sein werden. Viele bisherigen Mieter werden sich die größeren Wohnflächen daher nicht leisten können.

Bewohnerin: Ich frage mich, wo ist der Unterschied, ob ich auf dem freien Markt eine Wohnung habe oder in einer Genossenschaft? Eigentlich bin ich in einer Genossenschaft, damit mir so etwas wie jetzt nicht passiert.

Gehen wir einmal vom für Sie schlechtesten Ausgang des Prozesses aus. Gibt es dann aus Ihrer Sicht noch weitere Möglichkeiten hier wohnen zu bleiben?

Bewohnerin: Es gibt ja noch weitere Instanzen. Ich möchte das geklärt haben und finde, dass sich Engagement für dieses Haus lohnt, da solche Backsteinbauten einfach prägend für den Stadtteil sind. Daher setzten auch wir von der Initiative „Rettet Elisa“ uns für eine Sanierung des Gebäudes ein. Wir haben von vielen Fachleuten die Rückmeldung bekommen, dass dieses Gebäude sanierbar ist und es sich nur um normale Altersschäden handelt. Es ist also möglich das Haus zu erhalten und wir finden das Haus ist erhaltenswert. Wenn die VHW also sagt, wir können das nicht aus finanziellen oder anderen Gründen, dann wären wir bereit zu sagen ok, dann machen wir das doch. Wir würden der VHW diese Last dann gerne abnehmen.

Nachbar: Wir würden der VHW  also gerne entgegenkommen und eine alternative Genossenschaft gründen, um dieses Gebäude zu übernehmen. Das müsste dann auch im wirtschaftlichen Interesse der VHW liegen.

Bewohnerin: Damit hätte man den genossenschaftlichen Gedanken beiderseits gestärkt und wir könnten das machen was die VHW nicht möchte und das Haus für Hamm erhalten.

Viele Leute sind nun schon ausgezogen, sind denn noch genügend Unterstützer da, um einen solchen Kauf stemmen zu können?

Bewohnerin: Sowas passiert in Hamburg ja ständig. Es gibt das Miethäusersyndikat oder die Lawaetz-Stiftung, die helfen und unterstützen können. Soetwas machen ganz viele Leute schon mit Hilfe der fachkundigen Beratung. Wenn die das können, warum soll man das hier nicht . Das hier ist sehr begehrter Wohnraum, das Haus war immer komplett vermietet, daher sollte das auch machbar sein.

 

 

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