Der Bass dröhnt, die silbern glitzernden Girlanden wippen im Takt. Langsam bahnt sich der Truck einen Weg durch die Menschenmenge. Auf der Ladefläche legt ein DJ auf. Seine Elektromusik bringt die rund 1500 Menschen zum Tanzen. Konfetti und Seifenblasen fliegen durch die Luft. Bunt glitzernde Schilder werden in die Höhe gehalten. Eine Nebelmaschine schießt Dunst in den Hamburger Nachthimmel. An der Spitze des Zuges noch eine Musikbox, montiert an ein Fahrrad, das von einem Mann im rosa Hasenkostüm fortbewegt wird. Die ganze Strecke von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften am Berliner Tor, vorbei am Rathaus und am Gängeviertel, bis hin zum Tschaikowskiplatz im Karolinenviertel, transportiert der Hase die Box. Hinter ihm zeigen einige Künstler ihr Können. Darunter Jongleure und Feuerkünstler. Immer wieder wirbelt ein leuchtender Hula Hoop Reifen durch herbstliche Dunkelheit.
Nicht der Schlagermove oder der verfrühte Karneval sind Grund für diese Parade. Tatsächlich handelt es sich um eine „Nachttanzdemo“ unter dem Motto „Raven gegen Wohnungsnot“. Die Demo ist Teil einer Aktionsreihe gegen zu hohe Mieten in Hamburg, organisiert durch die Hamburger Studierendenvertretungen. Noch immer haben viele Studienanfänger keine feste Bleibe in ihrer Studienstadt Hamburg gefunden. Sie müssen in Jugendherbergen, bei Freunden auf dem Sofa oder sogar in Notunterkünften in einer Turnhalle übernachten (Mittendrin berichtete). Viele pendeln auch täglich, beispielsweise aus Bremen.
„Gentrifizierung stoppen“, „Leerstand zu Wohnraum“, „Für mehr Genossenschaften“, „Auf Mieten kann man schietn“, „Brücke oder Wohnung?“ heißt es auf den Schildern der Demonstranten. Auf einem der Trucks ruft eine Studentin immer wieder die Botschaften der Demo in ein Mikrophon. Vor allem der Senat wird mehrfach aufgefordert etwas gegen hohe Mieten in der Hansestadt zu tun. „Das sieht hier aus wie eine große Party, hat aber einen ernsten Hintergrund“, schallt es aus dem Boxen. Langsam fährt der zweite Truck in Richtung Jungfernstieg. „Die grauen Herren zum Tanzen bringen“, prangt ein Banner am Truck. Im Hintergrund erstrahlt das Hamburger Rathaus. Viele Passanten bleiben stehen, fragen worum es geht. „So müsste eigentlich jede Demo aussehen“, sagt ein Herr, als der Zug über den Jungfernstieg zieht. Laut, bunt, kreativ und vor allem auffällig zieht die Parade durch die Innenstadt. Angekündigt werden auch die zukünftigen Aktionen, vor allem die geplante Großdemonstration am 10. November, die in Kooperation mit der Initiative „Recht auf Stadt“ veranstaltet wird.
Den Höhepunkt der Demonstration stellt der Zwischenstopp am Gängeviertel dar. Die von innen beleuchtet Fenster wechseln ihre Farbgebung im Takt der Musik. Hinter einem der Fenster beginnt plötzlich eine weitere musikalische Einlage. Ein Keyboard, eine E-Gitarre und ein Mikrophon reichen aus um die Menge noch einmal richtig zum Toben zu bringen. Vom Dach eines weiteren Hauses regnet es Konfetti. In luftiger Höhe werden bengalische Feuer und Feuerwerk angezündet. Die Hälfte des Hauses bedeckt von einem Banner: „Es ist Wahnsinn sich nicht zu erheben – Squad the city“.
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