Der Betreiber des Schmidt Tivoli auf St. Pauli, Corny Littmann, hat sich in einem offenen Brief an die Verantwortlichen der Pro-Seilbahn-Initiative gewandt. Darin distanziert er sich von der Verwendung seiner Person für die Kampagne und erteilt den Plänen für den Seilbahnbau wie sie die Initiative vorschlägt eine klare Absage.
Am 24. August sind die BürgerInnen in Hamburg-Mitte dazu aufgerufen über die Pläne eine Seilbahn von Heiligengeistfeld zum Musical-Theater im Hafen zu bauen abzustimmen. Zuletzt hatten die Befürworter des Bauvorhabens mit dem Angebot auf sich aufmerksam gemacht, dem Bezirk Zehn Millionen Euro spenden zu wollen, sollte die Seilbahn gebaut werden. Auch wirbt die Pro-Seilbahn-Kampagne mit prominenter Unterstützung für ihr Vorhaben. Einer der angeblichen Unterstützer, der Betreiber des Schmidts Tivoli Corny Littmann, hat sich jetzt in einem offenen Brief von der Kampagne distanziert und teilt mit, dass er beim Bürgerentscheid mit NEIN stimmen wird.
Hier der offene Brief im Wortlaut:
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit einigem Erstaunen habe ich zur Kenntnis genommen, dass ich in Ihren Publikationen (Internet & Print) und in der Hamburger Tagespresse mit Foto und Zitat als einer der prominenten Hamburger Unterstützer Ihres Seilbahnprojekts erwähnt werde. Ich kann mich nicht erinnern, Ihnen dieses Zitat oder ein Foto zur Veröffentlichung und zur Unterstützung Ihrer Initiative zur Verfügung gestellt zu haben.
Wohl habe ich verschiedentlich in der Vergangenheit Pressevertretern auf Anfrage meine Meinung mitgeteilt. So scheint das von Ihnen verwendete Zitat entstanden zu sein. Sehr wohl aber habe ich explizit die Teilnahme an Ihrer Pressekonferenz letzte Woche abgelehnt. Nicht nur diese Tatsache, sondern auch meine von Ihnen zitierte Stellungnahme sind Beleg für meine skeptische Haltung Ihrem Projekt gegenüber. Scheinbar ist in dieser Phase des Bürgerentscheids nur ein JA oder NEIN möglich, differenzierte Meinungen sind nicht (mehr) gefragt. Genau diese vertrete ich aber: Ich kann mir durchaus ein attraktives Seilbahnprojekt für Hamburg vorstellen. Die von Ihnen vorgeschlagene kurze Fahrtstrecke halte ich gelinde gesagt für unzureichend und Augenwischerei, geht es doch in erster Linie um eine zusätzliche Attraktion für den Besuch zweier Musicaltheater, die ohne Zweifel für das touristische Hamburg eine große Bedeutung haben. Warum sonst auch sollte Stage Entertainment diese Seilbahn betreiben?
Ich bin zu wenig in die Planungen eines Seilbahnprojekts involviert, um beurteilen zu können, ob der Sprung über die Elbe mit Anbindung an das Gartenschaugelände in Wilhelmsburg wirklich ernsthaft geprüft worden ist. Eine solche „große“ Lösung hätte sofort meine Unterstützung und wäre um einiges attraktiver.
Mein zweites grundsätzliches Bedenken richtet sich gegen die alleinige private Betreiberschaft. Ein neues, umweltfreundliches und dazu noch touristisch attraktives Verkehrsmittel gehört nach meiner Meinung in die Hände des Hamburger Verkehrsverbundes, die HADAG-Schiffe nach Finkenwerder sind hierfür ein gutes Beispiel. So sehr ich also prinzipiell die Idee einer Seilbahn befürworte, so skeptisch bin ich aus den genannten Gründen gegenüber Ihrem Projekt. Deshalb werde ich beim Bürgerentscheid mit NEIN stimmen.
Ich bitte Sie, dies zur Kenntnis zu nehmen und bei Ihren Veröffentlichungen zu berücksichtigen.
Mit freundlichen Grüßen
Corny Littmann
Die Initiative „Ja zur Seilbahn“ zeigt sich verwundert über die Reaktion von Littmann. Man habe Littmann nicht als Befürworter vereinnahmt, sondern als jemanden mit einer differenzierten Meinung zur Seilbahn. „Wahrscheinlich hat er sich darüber geärgert, dass sein Zitat in der Presse verkürzt dargestellt wurde“, sagt Kommunikationsberater Wolfgang Raike, der die Pro-Seilbahn-Kampagne betreut. Littmann war in vielen Medien mit dem Satz zitiert worden, St. Pauli lebe schließlich von Touristen, was im Stadtteil zu viel Kritik geführt hatte. „Es handelt sich um ein offizielles Zitat von Corny Littmann, das wir in unserer Info-Broschüre weder verkürzt noch verändert haben“, so Raike weiter.
Bild: Schmidts Tivoli
Ralf
30. Juli 2014 at 10:06
Sehr gut und deutlich ausgedrückt.
TheresaJakob
30. Juli 2014 at 10:13
Es wird immer peinlicher und unerträglicher
Erst der plumpe Bestechungsversuch durch Stage-Mayr – die hochnotpeinliche Plakatserie – die gebetsmühlenartig vorgetragenen Falschen Behauptungen in den Broschüren und jetzt Littmann-gate
Wenn noch einer der Initiatoren genug Rückrat hat – dann den Bürgerentscheid sofort zurückziehen.
Der Schaden ist jetzt schon unüberschaubar – da wären die Portokosten das geringste Übel
FranKee 【Ƿ】
30. Juli 2014 at 13:05
Tja, das Ex-Springer-Blättchen hat die Ente immer noch nicht korrigiert:
http://www.abendblatt.de/hamburg/article130570026/Seilbahn-Wahlkampf-eroeffnet-Initiative-gewinnt-Prominente.html
Onkel Hotte
30. Juli 2014 at 13:07
Sollte Hamburg nicht erstmal seine Philharmonie zuende bauen bevor das nächste Großvorhaben geplant wird ?
Waldemar
30. Juli 2014 at 15:16
C. Littmann hat hier „klare Kante“ in einem höflichen Ton bekannt. Eine solche Seilbahn im Herzen St. Paulis wäre eine starke Zumutung für die Bürger des Kiezes. St. Pauli hat schon seit langem „Ballermann“- Charakter und zeigt nicht mehr den ursprünglichen Charme dieses Stadtteils, der seit dem 17. Jahrhundert eine wunderbare, respektvolle Geschichte geschrieben hat. Einen Wandel der Zeit kann man niemals aufhalten und das ist auch richtig so. Man muss aber nicht stets und ständig aus wirtschaftichen Erwägungen heraus oder weil sich in der jeweiligen Amtsperiode ein Politiker ein Denkmal setzen will, in beschleunigtem Maß voran schreiten. Behutsamkeit sollte angesagt sein. Der ursprüngliche Charme des Milieus ist schon lange verloren gegangen. Wenn jetzt neben den Tanzenden Türmen erst einmal die neuen Hochhäuser auf dem Grundstück der abgerissenen ESSO- Hochhäuser gebaut sind, muss man schon zweimal hinsehen, ob man überhaupt noch in der Nähe der Reeperbahn ist. Nach Bau der Seilbahn sollte man dann das Bismarck- Denkmal abreissen und am selben Ort ein Riesenrad auf Dauer errichten. Dann können wir endlich mit dem Disney- Land konkurrieren. Über die Folgekosten der Seilbahn, die mit Sicherheit der Senat zu tragen hat, redet niemand. Bei den immer stärker werdenden Besucherströmen müsste dann so langsam zB. auch einmal eine weitere Hundertschaft Polizei finanziert werden, um das Maß an Sicherheit für Bürger des Stadtteiles und der Besucherströme gewährleisten zu können, wie es heute der Fall ist oder zahlt der mögliche Betreiber die Kosten. Toll, wenn er 100 Mio. Spenden will. Würde der Betrag zweckbindend eingesetzt werden oder wie in den meisten Fällen nur zum Stopfen fremder Löcher verwendet? Diese großzügige Spende setzt der Betreiber dann als Außerordentliche Aufwendungen in der Steuererklärung ab, sodass er wohl erst einmal für lange Zeit keine Steuern zahlen wird? Nein, lasst den Kizianern nach Erwerb ihrer hochpreisigen Eigentums- und Miet- Wohnungen nun doch erst einmal zur relativen Ruhe kommen und nicht noch einem Bumerang an der Schläfe spüren lassen. Ich sage…KEINE SEILBAHN!!!!
TheresaJakob
30. Juli 2014 at 15:33
Wir als INI Keine Seilbahn über unseren Köpfen sind sehr verwundert das Pro-Seilbahn sich wundert. Littmann wollte gefragt werden – niemand tat es – nun ist Littmann ganz Corny und dagegen
Ergo – Material einstampfen – Richtigstellung an alle Haushalte – Farce abblasen
Gerd
30. Juli 2014 at 18:22
Für die Leute von der Ini Pro Seilbahn habe ich nur Verachtung übrig! Bestechung, Lügen und Falschmeldungen, Pfui!!!
heinz
30. Juli 2014 at 21:57
Und die Unterschriftensammler wurden bezahlt.
Stefan
1. August 2014 at 10:43
Das ganze ist doch eine einzige Farce. Nicht nur, dass Bewohner von Stadtteilen am Rand von Hamburg darüber abstimmen, was die Bewohner rund um St. Pauli bei sich jeden Tag erleben wollen.
Nicht nur, dass hier mit 10 Millionen gewedelt wird, noch bevor etwas überhaupt steht – wo soll das Geld eigentlich herkommen, wenn es sich doch nur um ein Geschenk an den Stadtteil handelt? Wird halt was auf den für die Fahrtstrecke ohnehin viel zu hohen Fahrpreis aufgeschlagen, das würde die Musicalbesucher ja auch nicht mehr stören, denn deren Ticket zählt dann natürlich als Fahrkarte. Lediglich die zahlreichen Bewohner St. Paulis, die schon immer mal ganz dringend auf die andere Elbseite nach Steinwerder wollten, und denen der Alte Elbtunnel dafür zu unheimlich und die Elbfähre zu wackelig war, die werden dann vermutlich keine Fahrkarte haben, sondern eben statt 8 Euro 8,50 EUR für ihre Dreiminutenfahrt über die Elbe zahlen müssen – damit dem Bezirk 10 Mio. Euro zufließen, die dann letztlich aber eh nicht bei ihnen landen werden? Tolles Konzept, wirklich toll.
Nun werden also auch noch Unterstützer genannt, die eigentlich gar keine sind oder sein wollen. Und das vor dem Hintergrund, den diese vermeintlichen Unterstützer besitzen. Sind ja nicht ganz so investorenfeindlich, wie man die Gegner dieses Disneylands sonst gerne mal hinstellt…
Im übrigen kann ich mich da dem Littmann anschließen (das ich das noch mal schreiben würde…) – eine Seilbahn bis nach Wilhelmsburg hätte in der Tat einen gewissen Charme, sie wird allerdings nicht kommen. Schuld daran wird man dann halt den Bezirk machen, der hätte ja nun 10 Mio. Euro erhalten, man sei da gesprächsbereit, wenn der Bezirk sein Interesse bekunden würde, die Verlängerung aus eigenen Mitteln zu bezahlen würde man denen keine Steine in den Weg liegen, aber aus eigenen Mitteln „sei das wirtschaftlich nicht darstellbar“. Ja, kennen wir hier auf St. Pauli alles schon.
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Gerd
4. August 2014 at 10:42
Herr Mangold hat doch bestimmt einen Schrebergarten gepachtet. Ich schenke ihm und seiner reizenden Gattin 3mal die Woche einen Hundehaufen zur Kompostierung. Bei Nichtannahme-Bürgerbegehren!