Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte hat am Donnerstag die Einrichtung einer mobilen Suppenküche in St. Georg genehmigt. Vor der Entscheidung gab es heftige Diskussionen zwischen Stadtteil, Bezirkspolitik und Verwaltung.
St. Georg bekommt eine mobile Suppenküche: Auf Antrag der SPD-Fraktion hat die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte dies in ihrer letzten Sitzung in diesem Jahr einstimmig beschlossen. „Nach Gesprächen mit dem Betreiber der Suppenküche ist es zu diesem Kompromissantrag gekommen“, sagt Falko Droßmann, Fraktionsvorsitzender der SPD. Der Ort der Aufstellung der Suppenküche soll auf das Dreieck Kreuzweg, Steindamm begrenzt werden. Eine Nutzung des Hansaplatzes und des Carl-von-Ossietzky-Platzes ist hingegen ausgeschlossen. Ebenso soll laut SPD-Antrag eine Aufstellung in unmittelbarer Nähe von Weihnachtsmärkten vermieden werden. Darüber hinaus erhält das Projekt eine Anschubfinanzierung von 1.000 Euro aus dem Förderfonds des Bezirks.
Trotz der Einigkeit aller Fraktionen über den Inhalt des Antrags kam es in der Sitzung der Bezirksversammlung dennoch zu Diskussionen über den formalen Ablauf der Genehmigung. „Der Antrag lag bereits zwei Mal im City-Ausschuss vor und wurde von der SPD dort abgelehnt. Mich interessiert, wie es zu dieser 180-Grad-Wendung kommt“, sagt Christine Detamble-Voss, Bezirksabgeordnete der Linken. „Wir waren zunächst zu der Entscheidung gekommen, dass das nichts ist, was wir im öffentlichen Raum an diesen Stellen haben möchten“, verteidigt hingegen Droßmann das Vorgehen. Danach habe man sich jedoch mit dem Betreiber auseinander gesetzt und sei zu einem Kompromiss gekommen. „Das große Problem war, dass laut Verwaltung dieser Antrag nicht genehmigungsfähig war“, sagt Michael Osterburg, Fraktionsvorsitzender der Grünen. Er begrüße, dass die SPD das Vorhaben gemeinsam mit dem Betreiber genehmigungsfähig gemacht hätte.
Die feuerrote Suppenküche
Unter dem Motto „Hamburg is(s)t gut“ will Volker Schmidt in St. Georg eine mobile Essenausgabe einrichten. „Besonders in den kalten Herbst- und Wintermonaten möchte ich für 40 bis 50 bedürftige Menschen eine warme Mahlzeit zubereiten und kostenlos in St. Georg ausgeben“, erklärt Schmidt. An fünf Tagen in der Woche sollen die Eintopfmahlzeiten aus dem feuerroten Küchenwagen verteilt werden – ursprünglich wollte Schmidt dies an der Baumeisterstraße, Ecke Ellmenreichstraße und am Süd-westlichen Steindamm auf der Ecke Stralsunder Straße tun.
Das Essen soll vorläufig in dem Zwischennutzungsobjekt in der Brennerstraße 20 zubereitet werden. „Das Projekt verfolgt ausschließlich soziale Motive und wird von mir ehrenamtlich betrieben“, so Schmidt. Das Essen soll kostenlos abgegeben und das Projekt aus Spenden von Firmen und Institutionen aus dem Stadtteil finanziert werden. Mit verschiedenen Lebensmittelhändlern, unter anderem dem „Penny“-Markt am Steindamm und diversen Einzelhändler aus St. Georg bestehen Vereinbarungen für den regelmäßigen, kostenfreien Erwerb von sogenannten „auszumusternden Lebensmitteln“, wie sie auch der Hamburger Tafel zukommen. Auch das Einmalgeschirr wird aus Spenden finanziert. Bereits Ende August sicherte der Stadtteilbeirat St. Georg 2.000 Euro Unterstützung für die mobile Volksküche zu. Nicht nur der Beirat, auch der Einwohnerverein St. Georg und die evangelische Kirchengemeinde unterstützen die Idee.
Mobile Essensausgabe – nicht genehmigungsfähig?
Bevor jedoch die Bezirksversammlung den Antrag genehmigt, kommt es zu einem Streit im Stadtteil: Für sein Projekt benötigt der Koch eine Sondergenehmigung des Fachamts Managment des öffentlichen Raums des Bezirksamts Hamburg-Mitte, die er im November beantragt. Was folgt ist Ernüchterung: Das Fachamt lehnt die Sondergenehmigung ab. Der zuständige Sachbearbeiter will auf Nachfragen aus dem Stadtteil nichts zu dem Vorgang sagen und weist darauf hin, dass der City- Ausschuss der Bezirksversammlung solche Genehmigungen und Ablehnungen ebenfalls vorgelegt bekomme.
Der Einwohnerverein St. Georg richtet sich daraufhin in einem offenen Brief an das Bezirksamt und die Abgeordneten der Bezirksversammlung. „Volker Schmidt, erprobter Koch, der bereits in der „B20“ gewirkt hat, möchte gerne eine mobile Küche in St. Georg unterhalten, um Menschen mit wenig Geld und Obdachlosen eine warme Mahlzeit anzubieten – und erfährt nun eine Ablehnung seines Antrags durch den City-Ausschuss des Bezirks Hamburg-Mitte“, so Michael Joho, Vorsitzender des Einwohnervereins in dem Schreiben. Auch Sicht des Einwohnervereins passt die Ablehnung der mobilen Küche, zum Verhalten der Bezirksversammlung und des Bezirksamts in St. Georg im Allgemeinen – vom Kontaktverbot für Prostituierte über die Umgestaltung und Aufwertung des Hansaplatzes bis hin zum Vertrag mit der Deutschen Bahn über die Bahnhofsvorplätze. „Man möchte einfach nicht, dass die betreffenden Personengruppen in St. Georg einen solchen Anlaufpunkt haben, schließlich will man diese am liebsten gar nicht mehr vor Ort sehen“, so Joho weiter. Offenbar solle St. Georg immer stärker als „Visitenkarte der Stadt“ herausgeputzt und für TouristInnen die Schattenseiten der Metropole versteckt werden. „Obdachlose, BettlerInnen, Suppenküchen, auch noch in mobiler Form, um Himmels Willen, was sollen da die Gäste denken, von einer der reichsten Städte Europas?“, schreibt Joho. Der Einwohnerverein stellt klar: „Uns stört keine mobile Küche in St. Georg. Uns stört jedoch, und zwar ganz ungemein, die an den Tag gelegte Behördenignoranz gegenüber einem berechtigten sozialen Anliegen, uns stört vor allem eine Politik, die die Armut und Obdachlosigkeit in unserer Stadt überhaupt zulässt!“
Auch im Ausschuss für Wohnen und Soziale Stadtteilentwicklung werden Schmidt und Joho am Dienstag, den 17. Dezember vorstellig. Hier kündigt Falko Droßmann bereits den SPD-Antrag an, der die Suppenküche ermöglichen soll. Zur Stellungnahme des Einwohnervereins positioniert sich der Sozialdemokrat kritisch: „Wir haben diesen Antrag nicht wegen, sondern trotz dieses Briefes gestellt.“ Unterschiedliche Sachverhalte hätten einer Genehmigung bisher entgegengestanden. Zum einen dürfe es aufgrund von Nutzungskonflikten im öffentlichen Raum keine willkürliche, unbegrenzte Sondernutzung für Einzelne geben. Zum anderen seien aufgrund der beabsichtigten täglichen Nutzungsdauer von sechs Stunden an fünf Tagen besondere Ansprüche an die Lebensmittelhygiene zu stellen. Die mobile Suppenküche erhält für den Winter 2013/14 eine Genehmigung als Pilotprojekt. Nach diesem Winter soll eine Evaluation stattfinden und der City-Ausschuss über eine erneute Genehmigung entscheiden.
Die Diskussion über die Suppenküche in der Bezirksversammlung am 19. Dezember:
Ulli
24. Dezember 2013 at 12:23
Klasse Isabella, so ein langer Artikel über ein eigentlich nicht sooo weltbewegendes Thema. Ein Fotocredit wäre nett gewesen. – Warum sind viele eurer Videos so gequetscht? Das muss doch auch anders gehen.- Anyway, schöne Weihnachten, LG, Ulli
Isabella David
24. Dezember 2013 at 14:38
Lieber Ulli, ja ist irgendwie auch länger geworden als ich eigentlich vor hatte . Dein Bild? Kann ich gern noch einfügen, war reine Unwissenheit! Mit den Videos müssen wir noch einiges optimieren, weiß leider auch nicht was da schief gegangen ist. Schöne Weihnachten!
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