Am späten Samstagabend wurden die Esso-Häuser auf St. Pauli evakuiert. Die Polizei begründet die Maßnahme mit einer akuten Einsturzgefahr des Gebäudes.
In der Nacht zum Sonntag wurden die Esso-Häuser auf St. Pauli evakuiert. „Einige BewohnerInnen haben die Polizei verständigt, nachdem sie Deckenlampen und andere Gegenstände wackeln gesehen haben“, sagt Steffen Jörg von der GWA St. Pauli. Die Polizei entschied sich aufgrund mehrerer unabhängiger Anrufe von BewohnerInnen zu einer Evakuierung des einen Gebäudes. „Wir haben ein Beben gespürt, danach wurde innerhalb weniger Minuten das ganze Haus evakuiert“, sagt ein Bewohner der Esso-Häuser. Auch die Clubzeile, die unter anderem den Molotow-Club beherbergt, wurde evakuiert. Bis kurz vor der Evakuierung gegen 22 Uhr fand hier noch ein gut besuchtes Konzert der Band Madsen statt.
Ein Bewohner der Häuser berichtet, wie er die Evakuierung erlebt hat:
Polizei, Feuerwehr und Statiker sind gegen 1:15 Uhr zu dem Schluss gekommen, dass die Evakuierung in jedem Fall für diese Nacht bestehen bleiben soll. Eine Stunde später wurde auch mit der Evakuierung des zweiten Hauses begonnen. Das Bezirksamt Hamburg-Mitte ist nun für die Versorgung der Menschen zuständig, die sich vorerst in Bussen aufhalten konnten. MitarbeiterInnen der Hochbahn, die mit den Bussen gekommen sind, verteilten Getränke und Süßigkeiten an die evakuierten BewohnerInnen. Die Wartezeit wurde auch mit belegten Brötchen überbrückt – bezahlt vom Eigentümer, der Bayrischen Hausbau. Laut Informationen von Mittendrin kommt Bernhard Taubenberger von der Bayrischen Hausbau bereits am Sonntagmorgen mit dem Flugzeug nach Hamburg, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Von München aus könne er keine Aussagen über das weitere Vorgehen nach der Evakuierung machen. „Die Hausbau wird alles tun die Menschen so gut wie möglich unterzubringen“, so ein Vertreter der Bayrischen Hausbau noch in der Nacht. Das Bezirksamt Hamburg-Mitte, der Katastrophenschutz und das Deutsche Rote Kreuz kümmerten sich um die Unterbringung der evakuierten St. Paulianer. Gegen 2:00 Uhr wurden die BewohnerInnen mit Bussen in eine Turnhalle in der Struenseestraße gefahren. Die Bayrische Hausbau organisierte für die älteren BewohnerInnen Hotelzimmer. Zur Stunde ist noch unklar, ob die BewohnerInnen noch einmal in ihre Wohnung können, um Kleidung und andere Habseligkeiten zu holen.
Am Sonntag soll geklärt werden, ob eine weitere Unterbringung aller BewohnerInnen im Hotel stattfindet. Das Bezirksamt will morgen ein Statikbüro in die Häuser schicken, um weitere Maßnahmen einschätzen zu können. Als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme wurde das Gebiet vom Operettenhaus bis hin zur Esso-Tankstelle vollständig abgesperrt. Es ist nicht absehbar, wie lang die Evakuierung der Häuser andauern wird.
Bereits seit Februar ist das Betreten der Balkone der Esso-Häuser verboten. Nach der Vorstellung eines Gutachtens über den Zustand der Esso-Häuser und eine mögliche Sanierung wurde im Juni auch die Tiefgarage gesperrt. Die Initiative Esso-Häuser stellt den Gehalt des Gutachtens und insbesondere die vom Bezirk geschätzten Kosten einer möglichen Sanierung in Frage. Aus Sicht des Bezirks sollen die Häuser nur noch maximal bis Sommer 2014 bewohnt werden. Nach der Kündigung der Gewerbemieter im September, hat die Initiative im Oktober Anzeige gegen den Eigentümer, die Bayrische Hausbau, erstattet. Der Vorwurf: Die Eigentümer-Gesellschaft habe die Gebäude massiv und vorsätzlich verfallen lassen – und damit gegen das Hamburgische Wohnraumschutzgesetz verstoßen, welches die Instandhaltung von Wohnbeständen vorschreibe. Der teilweise marode Zustand der „Esso-Häuser“ sei demnach der jahrelangen Vernachlässigung der Instandsetzungspflichten durch die Eigentümer geschuldet, so lautet die Anklage. Auch für die Versäumnisse der Voreigentümer hätte die Bayerische Hausbau demnach laut Gesetz aufkommen müssen.
Das Bauunternehmen hatte den Gebäudekomplex auf St. Pauli im Jahr 2009 gekauft und plant seitdem den Abriss der Häuser, die durch mehr als 200 Wohn- und Gewerbeeinheiten ersetzt werden sollen. Die Initiative Esso-Häuser stellt sich gegen dieses Vorhaben – und fordert mit ihrer Anklage nun das Bezirksamt Hamburg-Mitte zum Handeln auf. Mit einer Geldbuße in Höhe von 50.000 Euro und einem Bauverbot soll das Bauprojekt gestoppt werden. Außerdem solle die erforderliche Bau- und Abrissgenehmigung versagt werden.
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