Am Montagabend demonstrieren erstmals Gegner der „Pegida“-Bewegung in Hamburg. Was steckt dahinter? Mittendrin hat mit den Veranstaltern gesprochen.
Sie nennen sich „Tolerante EuropäerInnen gegen die Idiotisierung des Abendlandes“. Ihr Ziel: Ein Zeichen setzen gegen die „Pegida“-Bewegung, die vor Überfremdung durch Zuwanderer warnt und dabei rechtspopulistische Thesen bedient.
Seit Samstag wird via Facebook zu der Demonstration aufgerufen, rund 4000 Menschen haben bisher zugesagt – dabei sah es zunächst so aus, als könne die geplante Demonstration gar nicht stattfinden. Die ursprüngliche Initiatorin, die anonym bleiben will, hatte nicht mit einer derart hohen Teilnehmerzahl gerechnet und die Veranstaltung am Samstagabend abgesagt. Doch die Hamburger wollen diese Anti-Pegida-Demo: Spontan fanden sich mehrere Freiwillige, die Anmeldung und Organisation der Demonstration kurzerhand in die Hände nahmen. Eine von ihnen ist Sidonie Fernau, Politikwissenschaftlerin und Landeskandidatin der Grünen für die Bürgerschaftswahl.
„Wir demonstrieren als Privatpersonen“
Wer also steht nun hinter „Tegida“? „Wir sind ein buntes, zivilgesellschaftliches Bündnis“, sagt Fernau. „Zwar setzt sich das Organisationsteam überwiegend aus Personen zusammen, die Mitglieder politischer Parteien sind – doch diese Demonstration wird nicht zu Wahlkampfzwecken genutzt. Wir demonstrieren als Privatpersonen, denen es wichtig ist, ein deutliches Zeichen gegen die Pegida-Bewegung zu setzen.“ Auch Mitglieder sozialer Organisationen und religiöser Gemeinden rufen bereits zu der Demonstration auf, darunter etwa die Alevitische Gemeinde. Offizieller Anmelder der Demonstration am Montagabend ist der Linken-Politiker Horst Schneider, Mitglied der Bezirksversammlung Altona und Sprecher für Migration und Flucht.
Die Demonstration soll am Montagabend um 18.30 Uhr am Glockengießerwall stattfinden. Etwa zwei Stunden planen die Organisatoren für die Demonstration ein, der Ablauf steht bereits in groben Zügen fest: Redebeiträge, etwa von der Vorsitzenden des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, werde es geben, auch Musikeinlagen seien vorgesehen, so Fernau. Von dem, wie im ersten Facebook-Aufruf vorgesehen „Beisammenstehen mit Plakaten“, weichen die neuen Veranstalter also ab.
„Hagida“ in Hamburg bisher kaum präsent
Während in Dresden zuletzt 17.500 Menschen mit „Pegida“ demonstrierten, gab es bisher noch keinen Ableger der Bewegung in der Hansestadt. Im Gegenteil: Auf das plötzliche Erscheinen einer „Hagida“-Facebook-Seite Mitte Dezember reagierten einige Hamburger prompt und gründeten im Gegenzug die Pegida-kritischen Seiten „No Hagida“ und „Tegida“.
Sidonie Fernau findet es trotzdem wichtig, auch in Hamburg ein Zeichen gegen die Bewegung zu setzen: „Die Pegida-Demonstranten stellen sich selbst als ‚Mitte der Gesellschaft‘ dar – doch das ist falsch, diese Bewegung spaltet die Gesellschaft und verbreitetet offenen Rassismus“, sagt Fernau. „Rechtspopulismus und Rassismus sind nicht nur in Ostdeutschland ein Problem. Dass es bisher keine Pegida-Demo in Hamburg gab, ist gut – damit das auch so bleibt, gehen wir auf die Straße und zeigen ein echtes Bild der gesellschaftlichen Mitte.“
„Der Unmut über ‚Pegida‘ ist groß“
Anfeindungen rechtspopulistischer Organisationen habe das „Tegida“-Team bisher nicht erlebt, sagt Fernau. „Überwältigend“ sei nach wie vor die große positive Resonanz auf den Aufruf zur Demonstration: „Viele Menschen wollen mithelfen, bieten ihre Unterstützung bei der Demo an“, sagt Fernau. „Offenbar haben viele Hamburgerinnen und Hamburger auf eine Gelegenheit gewartet, ihren Unmut über den Zulauf der Pegida-Bewegung öffentlich zu machen.“
Ob die Anti-Pegida-Demonstrationen nun in regelmäßiger Folge stattfinden sollen, bleibt abzuwarten. „Wir werden sehen, wie die Demonstration am Montagabend verläuft“, sagt Fernau.
Die Demonstration am Montagabend ist nicht die erste Protestaktion gegen Pegida: In Dresden hatte es bereits im Dezember Gegenproteste gegeben, auch in Köln (Kögida) und Hannover (NoHagida) wurde demonstriert. Heute Abend soll wieder in vielen deutschen Städten ein Zeichen für Toleranz gesetzt werden: Auch die kritische Gruppe „Mügida-Demo“ in München hat eine Demonstration angemeldet. Wenn in Köln heute Abend wieder Pegida-Anhänger demonstrieren, sollen bekannte Gebäude wie der Kölner Dom in Dunkelheit gehüllt werden.
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