Zwei Jahre ist es her, dass die städtebauliche Vision „Billstedt an der Bille“ präsentiert wurde. Zeit für eine erste Zwischenbilanz.
Unwirtlich und abgelegen sieht es auf der Moorfleeter Brücke aus, die die B5 überspannt. Wer es nicht genauer weiß, könnte denken, die B5 liege irgendwo am Stadtrand, aber nein: Wir sind in der unmittelbaren Nähe des Billstedter Zentrums. Wenn es nach dem Willen von Ralph Ziegenbalg geht, könnte genau hier seine städtebauliche Vision umgesetzt werden. Billstedt könnte dann wieder eine Verbindung zu seiner Bille herstellen.
Vor zwei Jahren präsentierte Ralph Ziegenbalg, Leiter der Geschichtswerkstatt Billstedt, die Pläne für die Überdeckelung eines rund ein Kilometer langen Abschnitts der B5 und den Umbau eines Abschnitts im Billbrooker Gewerbegebiet zu einem Wohnviertel für rund 2.500 BewohnerInnen.
Zwei Jahre „on the road“: Der Marsch durch die Institutionen
Nach der ersten Präsentation des städtebaulichen Modells stellte Ziegenbalg die Idee auch in den bezirklichen Gremien vor. Die meisten Politiker reagierten zunächst positiv. Dies drehte sich im Oktober 2013 im Stadtplanungsausschuss, als die Bezirksverwaltung der Politik ihre Kritikpunkte an dem Konzept vorstellte. Die Verwaltung verweist auf die hohen Investitionskosten, der Nähe zum Industriegebiet und die technischen Herausforderungen bezüglich des Höhenunterschieds zwischen Zentrum und Billeufer.
„Diese Punkte sind Herausforderungen, aber sie sind lösbar und machbar“, sagt Ziegenbalg. Schließlich gibt es im Stadtteil selbst bereits überzeugte Befürworter des Projekts. „Ich stand Anfangs den Plänen auch skeptisch gegenüber, aber dann erinnerte ich mich an meine ersten Jahre in Billstedt“, sagt eine Bewohnerin. „Früher haben wir unsere Boote vom Ufer aus zu Wasser gelassen. Dies ist heute so nicht mehr möglich. Die Bille ist als Bezugspunkt aus dem Bewusstsein der Bevölkerung verschwunden. Die B5 hat den Stadtteil zerstört.“, so die Bewohnerin weiter.
Der Weg zurück ans Wasser – Entwicklungsszenario für das Billstedter Zentrum
Unterstützung bekommt Ralph Ziegenbalg nun von Anika Holzbach, Studentin der Stadtplanung, die ihre Bachelorarbeit zum Thema „Billstedt an der Bille – Der Weg zurück ans Wasser“ verfasst hat. Die Stadtplanerin hat dabei die Idee der Überdeckelung weiterentwickelt. In ihren Planungen überspannt der Deckel einen kleineren Abschnitt, misst rund 500 Meter und wird zur Naherholungsfläche. Nördlich des Deckels entstehen Wohnungen. Die Tunneleinfahrt soll als repräsentativer Eingang zum Bezirk Mitte gestaltet werden.
Ebenso setzt Holzbach auf eine Terassenbebauung und einen – schon lang gewünschten – Anleger direkt an der Bille. Auch soll die die südliche komplette Auffahrt westlich des Deckels verlegt werden. „Billstedt ist zwar kein zentrumsnaher Stadtteil, aber dennoch kann man die Chancen nutzen, um mehr Lebensqualität im Stadtteil zu schaffen und die Barrierewirkung der B5 aufzuheben.“, so Anika Holzbach.
Ein langer Weg bis zur Umsetzung
Ralph Ziegenbalg will sich weiter für seine städtebauliche Vision engagieren. Viel Hoffnung setzt er in die Senatspläne „Stromaufwärts an Elbe und Bille“ und „Grüne, gerechte, wachsende Stadt am Wasser – Perspektiven der Stadtentwicklung für Hamburg“. Die Inhalte beider Programme sprechen für die Pläne von „Billstedt an die Bille“, wie Ziegenbalg anmerkt. Der Senat betont in beiden Plänen nicht nur die Dringlichkeit des Wohnungsbaus, sondern auch die Auflösung der strikten Aufteilung zwischen Gewerbe und Wohnvierteln. Auch heißt es in beiden Programme, dass die zahlreichen Hamburger Wasserstraßen für die BewohnerInnen besser genutzt und der Zugang zum Wasser verbessert werden soll. In einem Schreiben an Ziegnebalg äußert sich die Senatskanzlei dennoch eher skeptisch gegenüber den Planungen.
Doch der Billstedter gibt nicht auf: „Wir werden in den nächsten Jahren die industrielle Entwicklung in Billbrook und die Umsetzung des Deckels über der A7 abwarten.“ Ein großer Erfolg wäre aus seiner Sicht, die Ausschreibung einer Machbarkeitsstudie. Diese könnte dann auch die wirklichen Kosten, Chancen und Risiken der städtebaulichen Vision einschätzen. Allein die Kosten für diese Studie werden jedoch auf rund 30.000 Euro geschätzt. Eine Summe, die sich aus der Sicht vieler BilstedterInnen jedoch lohnen würde. „Der Deckel ist die Rettung“, sagt eine Bewohnerin. Nur so könne die zerstörerische Wirkung der B5 ausgehebelt werden und der Stadtteil wieder mit seinem Fluss zusammenwachsen.
Stromaufwärts an Elbe und Bille: Billstedt
Stromaufwärts an Elbe und Bille: Hamm
Stromaufwärts an Elbe und Bille: Billbrook und der Tiefstackkanal
Reaktionen auf den „Sprung nach Osten“
Sozialverband warnt vor Gentrifizierung
Foto: Isabella David
Fran Kee 【Ƿ】
20. Oktober 2014 at 10:41
„Zugang zum Wasser“ ist immer so ein interessantes Thema.
Immobilienheinzel sind in der Regel zu blöde, das auch nur zu erkennen. Denen genügt, wenn es „Wasserblick“ gibt, damit die Zahnarztgattinnen (und Gatten) von Welt höhere Preise zahlen. Tatsächliche Bootsstege, Pontons, Zugänge für Paddler, Stand-Up-Paddler, Angler oder einfach nur Leute, die am Wasser ein Bier trinken, Yoga machen oder einfach nur verweilen wollen? (vgl. 150m südlich der Krugkoppelbrücke) bei neuen Wasseranlagen totale Fehlanzeige.
Hafencity: Totale Katastrophe, unterhalb der Bootsgröße von Yachten kommt da keiner ran. Selbst Treppen für Notfälle sind allenfalls noch da, an historischen Hafenmauern, nicht an den neuen runden Hafenkanten…
Und in Winterhude oder Eimsbüttel die gleiche Ignoranz. Gut, zB um als Wassersportler anzulegen, ist nur, was alt ist. Letzte kleine Nischen. Bei Neubauten regiert Ignoranz, Paranoia und —natürlich— Verbotsschilderwahn… (und es kommt natürlich sofort das „Sicherheits-“ und „Ruhestörer-“ Argument…)