Die jährliche Hamburger Cristopher-Street-Day-Parade zog am Sonnabend zum 34. Mal durch die Innenstadt. Bei strahlendem Sonnenschein ging es bunt und laut zu, doch auch kritische Statements tauchten in der Parade auf und erinnerten daran, dass es beim Thema Gleichstellung noch viel zu tun gibt.
„Grenzenlos stolz, statt ausgegrenzt“, lautete das Motto der diesjährigen CSD-Parade. Mehr als 15.000 Menschen zogen am Sonnabend durch die Hamburger Innenstadt, um gemeinsam auf die Situation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender- und Intersex-Personen (LGBTI) aufmerksam zu machen. Noch einmal 150.000 sahen sich den bunten Zug von Straßenrand an – ein neuer Rekord an Teilnehmern und Zuschauern.
Für mehr Gleichberechtigung – überall
Besonders wichtig ist es den Initiatoren auf die Situation in Europa und anderen Ländern hinzuweisen. So fordert eine der CSD-Schirmherrinnen und Europaabgeordnete der österreichischen Grünen, Ulrike Lunacek, die Europäische Kommission dazu auf, eine EU-Roadmap gegen die alltägliche Verachtung europäischer Werte durch homophobe Gesetze und homophobe Praktiken zu erstellen. Trotz EU-Gesetzen zum Schutz vor Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung seien Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender- und Intersex-Personen (LGBTI) nach wie vor massiven Benachteiligungen, Mobbing und Gewalt ausgesetzt. Auch auf der Parade wurde mit Transparenten auch auf die Situation in anderen Ländern hingewiesen, wo Homosexualität teilweise als Straftat gilt.
An der Spitze des bunten CSD-Zuges marschierte Drag-Queen Olivia Jones, die zweite Schirmherrin des Hamburger CSD, zusammen mit der Senatorin für Justiz und Gleichstellung, Jana Schiedek (SPD), und Vertretern von des CSD-Veranstalters Hamburg Pride. Jones fordert, den CSD nicht vordergründig als Schaufenster für bestimmte Formen von Sex zu sehen, sondern ganz allgemein als Zeichen gegen Ausgrenzung und für die freie Wahl von Lebensmodellen.
Viele Teilnehmer sind nicht nur zum feiern da, sondern wollen ihre politischen Überzeugungen kundtun: So sehen René und Denny zum Beispiel auch in Deutschland noch viel Handlungsbedarf für mehr Gleichberechtigung. Vor allem die gleichgeschlechtliche Ehe sollte ihrer Meinung nach endlich mit der von Mann und Frau auf einer Stufe stehen: „Meinetwegen kann das dann auch anders heißen, Hauptsache die Gleichstellung findet statt“, so René.
Einen kritischen Ansatz verfolgen auch andere Demoteilnehmer:
Hanna und Lannea wollen ein Zeichen setzen und „einfach mal zeigen, wofür man steht“.
Klaus und Martin demonstrierten mit ihren Kostümen, dass Homosexualität in allen Berufen und Lebenslagen vorhanden und damit ganz normal ist, ob nun beim Tischler oder Fußballer. Als Cowboys sind Sie auch schon zum CSD gegangen. „Heute wollen wir Spaß haben, auch wenn der Hintergrund natürlich sehr ernst ist“, so die Zwei.
Mandy, April Storm und Gina Paris wollen für ihre Rechte eintreten und gleichzeitig das schöne Wetter genießen. Sie fänden es schön, wenn es überall auf der Welt normal wäre, dass man so sein kann, wie man will.
Mama Jana, Söhnchen Jakob und Lebensgefährtin Katharina feiern jährlich den CSD, um zu demonstrieren, dass es auch Regenbogenfamilien gibt. „Außerdem ist es mir wichtig, dass Jakob die schwul-lesbische Kultur mitbekommt“, so Jana. Das kann auch in anderen gesellschaftlichen Kreisen geschehen, „aber der CSD ist eben das große Aushängeschild dafür“.
Auch an vielen Ständen rund um den Jungfernstieg informierten verschiedene Initiativen über LGBTI-Themen. Einen Stand hat auch das Magnus Hirschfeld Centrum (mhc), das seit über 30 Jahren unter anderem als Beratungsstelle und Jugend- und Kulturzentrum ein vielfältiges Angebot für Schwule, Lesben, Bisexuelle und Trans* bietet. Wiebke Fuchs, Vorstandsmitglied vom mhc kritisiert, dass die Hamburger Politik homophob und transphob motivierte Straftaten teilweise nicht ernst genug nähme und wünscht sich hier eine bessere Zusammenarbeit: „Unsere Scheibe wurde im letzten Jahr mit Steinen eingeworfen, und hin und wieder schallen hasserfüllte Rufe in unser Café“, berichtet sie.
Einen weiteren Stand betreibt der schwul/lesbische Sportverein „Startschuss“. Andre ist dort Mitglied und meint „Sport findet oft auf engem Raum statt, da ist es angenehm zu wissen, dass die Leute mit denen man zusammen trainiert eine ähnliche Einstellung haben“. In verschiedenen Sportarten wie Tischtennis und Volleyball wirken Startschuss-Mannschaften auch im regulären Ligabetrieb mit und haben damit positive Erfahrungen gesammelt. Die Fußballer wollen jedoch aus Sorge von schlechten Erfahrungen derzeit nicht in einer regulären Liga spielen. Im kommenden Jahr ist Hamburg aber Gastgeber der Lesbisch-Schwulen Fußball Europameisterschaft – neben dem CSD ein weiteres Symbol für Toleranz, Akzeptanz und ein gemeinsames miteinander unabhängig von der sexuellen Orientierung.
Fotos: Christian Schnebel
Pingback: Saisonauftakt am Millerntor mit Regenbogen Shoefie und Wasser marsch | Text & Blog