Alltag auf dem Hansaplatz

Fotos: Henry Lührs
Politik
Camilla Lindner
@CamillaLindner

Redakteurin | Studentin der Anglistik und Politikwissenschaft an der Universität Hamburg | Kontakt: lindner@hh-mittendrin.de

Der Hansaplatz spaltet die Meinung der Hamburger: Während sich die einen über Dreck und Kriminalität beschweren, sind die anderen von der kulturellen Vielfalt fasziniert. Eines findet man rund um den markanten Brunnen aber mit Sicherheit: Hamburger Lebensrealität.

Alltag auf dem Hansaplatz: Verlässt man morgens die Wohnung, liegt meist ein Mann unter Pappkartons auf der Wiese unter den Bäumen. Manch einer registriert ihn schon gar nicht mehr, weil er wie so vieles andere zum Stadtteilbild gehört. Schließt man die Haustür, kommt einem jemand mit Bierflasche entgegen. Geht man weiter, trifft man auf einen pinkelnden Mann, geht man nochmals weiter, warten Prostituierte trotz Kontaktverbot auf Kundschaft. Auf dem Boden liegen Scherben und Müll, Kaffeebecher werden geschüttelt, um mit Kleingeld gefüllt zu werden.

Ein Mit- und Nebeneinander

Lebt man länger in St. Georg, sieht man, dass unterschiedlichste Menschen in diesem Stadtteil zusammenkommen. Der schicke Hemdträger aus der Ellmenreichstraße redet mit Nora, der Sexarbeiterin, die immer vor der Agora- Bar steht. Sie fragt ihn, wie es ihm geht – freundschaftlich und nachbarschaftlich, nicht mehr. Am Brunnen sitzt der Russe neben dem Afrikaner und dem Türken. Ein junges Paar kommt dazu. Man redet, trinkt und isst. Das Dostana-Restaurant ist voll, unterschiedlichste Menschen essen dort indisch. Biegt man rechts in die Straße ein, kommt man auf den Steindamm. Hier gibt es die unterschiedlichsten Köstlichkeiten: Beim Perser werden Tomaten, Reis, Feigen und Obst gekauft. „Na, wie geht’s?“, fragt er jedes Mal freundlich.

Während die Augen in schwarzen Höhlen vor zu wenig Schlaf versinken, blitzen seine Zähne kurz weiß auf. Er ist noch jung. Jeden Tag geht er um 1 Uhr ins Bett und steht um 4:30 Uhr wieder auf. Meist arbeitet er von Montag bis Samstag. Überquert man den Hansaplatz mit den gefüllten, roten Plastiktüten, essen Männer am Brunnen Sonnenblumenkerne und Melonen. In einem Fahrradkorb stehen Getränke und gebratene Hühnchenbeine. „Räumt ihr das nachher raus?“, fragt eine junge Frau. „Klar, natürlich natürlich. Möchtest du?“. Sie bekommt ein Hähnchenschenkel. „Korriander?“ „Jaaaaa“. Alle lachen.

Mehr zum Thema:

St. Georg: „Soziale Probleme nicht durch Repression lösen“

Öffentlicher Raum: Wer nicht ins Bild passt soll gehen

Hauptbahnhof: Sitzen, trinken, betteln ist erlaubt

Die Sherrifs vom Hauptbahnhof

Kommentare anzeigen (1)

1 Kommentar

  1. Erich

    23. September 2014 at 10:16

    Ich kann von mir behaupten, das St.Georg und St.Pauli mir am Herzen liegen !! Es liegt an den menschen, es liegt an der menschlichkeit die man dort erfährt !! Wir lachen und weinen zusammen, wenn was klappt oder auch nicht klappt !! Wir kämpfen, wenn etwas zu kämpfen gibt, dann es soll ja nicht ausufern !! Denn einige Stadtteile werden ja förmlich überrannt !! Das läßt Frau – Mann sich doch nicht gefallen, denn schließlich lebt man schon ziemlich lange in so einem Stadtteil !! Mann – Frau hat sich wohl gefühlt, und möchte sich weiter hin wohl fühlen !! Und für diesen Wohlfühlfaktor muß Frau – Mann schon etwas tun !!
    Es kann doch nicht sein, das andere mächtiger sind, als wir zusammen !! Des halb loht es sich immer, Schulter an Schulter, – Rücken an Rücken zusammen zu stehen !!

    https://www.youtube.com/watch?v=LK6Bol2PAyQ

    In diesem Sinn Erich Heeder – Stadtteilkünstler

Artikel kommentieren

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Mehr in Politik

Demonstration Golden Pudel, 19.2.2016, Foto: Isabella David

Demo für den Pudel Club: „Unsere Ruine kriegt ihr nicht!“

Isabella David20. Februar 2016
1-Michael_Neumann_SPD1

Innensenator Neuman tritt zurück – Grote wird Nachfolger

Isabella David18. Januar 2016
Winternotprogramm Münzviertel, Oktober 2015, Foto: Isabella David

Petition an die Sozialbehörde: „Das Winternotprogramm tagsüber öffnen!“

Isabella David8. Januar 2016
Tegida Demo Januar 2015, Foto: Henry Lührs

Anpacken statt lang schnacken – das war 2015 in Hamburg-Mitte

Isabella David31. Dezember 2015
Tagesstätte für Geflüchtete, Bieberhaus, Foto: Isabella David

Tagesstätte für Geflüchtete im Bieberhaus: „Vieles ist improvisiert“

Isabella David17. Dezember 2015
Schulstreik 2013, Foto: Dominik Brück

Schüler demonstrieren: „Bleiberecht statt Waffenexporte“

Isabella David17. Dezember 2015
Hosemann, City-Hof, Foto: Isabella David

Interview: „Dem City-Hof ein Denkmal setzen“

Isabella David10. Dezember 2015
FOTO: POLITIKWERFT DESIGNBÜRO

„Basta-Politik gescheitert“: Scholz nach Olympia-Referendum in der Kritik

Isabella David9. Dezember 2015
Olympia in Hamburg

Diskussion: Olympia in Hamburg – ja oder nein?

Mittendrin27. November 2015

Rund um Billstedt, Billbrook und Horn atmet die grüne Lunge der Stadt. In Hamm, Rothenburgsort, Borgfelde, Hammerbrook, St.Georg, der Alt- und Neustadt, und auf St. Pauli riecht und schmeckt man Hamburg an jeder Straßenecke. Die Hafencity glänzt und glitzert im Schatten der dicken Pötte und Kräne.

Die andere Seite der Elbe auf der Veddel, in Wilhelmsburg, auf dem Kleinen Grasbrook, in Steinwerder, Waltershof, Finkenwerder und auf der Insel Neuwerk lässt hanseatische Tradition spürbar werden.

Das ist Hamburg-Mitte, unser Bezirk inmitten einer lebhaften Stadt. So vielfältig wie seine Bewohner sind die Geschichten, die wir erzählen.

Mittendrin ist Name und Programm – täglich sind wir unterwegs und bringen euch spannende Reportagen, aktuelle Lokalnachrichten und ausdrucksstarke Bilder und Videos aus Hamburgs bunter Mitte.

Hamburger Geschichten

© 2012 - 2015 Mittendrin | Alle Rechte vorbehalten. Impressum - Umsetzung Politikwerft Designbüro.