Der kleine Kiosk von Hans Grönwoldt muss nach 30 Jahren schließen. Eine drastische Mieterhöhung bedeutet das Aus für den Traditionsladen. Eine weitere Folge der Mietpreisspirale, die sich nun auch in Billstedt bemerkbar macht.
Die Geschichte klingt, als habe man sie schon oft gehört: Ein kleiner Traditionsladen steht vor dem Aus, weil die Miete drastisch erhöht wurde. Besonders der Kampf um die Buchhandlung Wohlers in St. Georg kommt vielen dabei in Erinnerung. Dieses Schicksal teilt nun auch Hans Grönwoldt. Sein Laden muss nach 30 Jahren schließen, da er sich die Miete nicht länger leisten kann. 1.100 Euro mehr soll der 66-Jährige bezahlen, um seinen kleinen Kiosk weiterbetreiben zu können- er muss Insolvenz anmelden. Es ist eine Geschichte, die man in Hamburg schon oft gehört hat, doch spielt sie in diesem Fall nicht in den Hochburgen der Gentrifizierung wie St. Pauli oder St. Georg. Hans Grönwoldts Geschichte spielt im Brennpunktviertel Billstedt, wo der Kioskbetreiber bei vielen Kunden bekannt und beliebt ist.
Fristlos gekündigt
Das Billstedter Urgestein ist vom Verlust seines Ladens sichtlich gezeichnet. Es ist nicht das erste Mal, dass Grönwoldt die Türen zu seinem Laden für längere Zeit schließen muss. Bereits 1994 wurde der Pachtvertrag für sein Reisebüro am Billstedter Platz nicht verlängert. Heute steht hier der Erweiterungsbau des Billstedt Centers. Einen Laden in dem neuen Einkaufszentrum kann sich der Unternehmer nicht leisten. „Da haben wir schon einmal alles verloren“, erzählt er.
Es folgt der Umzug in die heutigen Räumlichkeiten an der Billstedter Hauptstraße. Für rund 380.000 D-Mark richtet er den Laden neu her. Dort sei alles in einem desolaten Zustand gewesen. Er bekommt einen Mietvertrag für 20 Jahre. Zum Reisebüro kommt später der Kiosk hinzu, den er nach der Schließung des Reiseunternehmens 2010 weiter betreibt. Schon frühzeitig bemüht er sich um eine Verlängerung des Mietvertrages, doch vergeblich: Der Vermieter, eine Vermögensverwaltungsgesellschaft, antwortet nicht oder lehnt das Ansinnen schlicht ab. Schließlich bekommt er doch ein Angebot: Nach dem Auslaufen des Vertrages will man einen neuen für zwei Jahre abschließen – mit einer saftigen Mieterhöhung. Das kann sich Grönwoldt nicht leisten. Aufgrund der unsicheren Situation zieht zu allem übel auch noch das Nagelstudio aus, an das er einen Teil der Ladenfläche untervermietet hatte. Der Kioskbetreiber gerät in Zahlungsschwierigkeiten. Die Folge: Fristlose Kündigung. Bereits Ende März soll er seinen Laden übergeben. Ohne die Einnahmen des Kiosks hat er jedoch keine Chance seine Schulden zu begleichen. „Ich brauche den Laden so wie er jetzt ist, daher bin ich gezwungen Insolvenz anzumelden“, sagt Grönwoldt.
Gesucht: Eine neue Gewerbefläche
Wenn der 66-Jährige jetzt hinter seiner Ladentheke steht und über sein Sortiment schaut, merkt man, dass der Verlust des Ladens mehr ist, als das Ende eines Geschäftes. Über Zeitschriften, Süßwaren und Zigaretten hat er seine Kunden persönlich kennen gelernt und ist zu einem festen Bestandteil von Billstedt geworden. Früher, in besseren Zeiten, hat er sich auch mit Begeisterung im Sportverein Vorwärts Wacker engagiert. Besonders die Jugendarbeit lag ihm dabei am Herzen. „So ein Mensch ist ein Mehrwert für den Stadtteil“, sagt Tessa Ermer, Projektkoordinatorin beim Büro für lokale Wirtschaft.
Zusammen mit Hans Grönwoldt versucht sie eine neue Gewerbefläche zu finden. Das Problem: Aufgrund des neuen Spielhallengesetzes ist es schwierig eine Fläche zu finden, für die eine Lotto-Lizenz erhalten werden kann. Das aber ist der Kundenmagnet für den Kiosk. Kunden kommen zum Lotto spielen und kaufen auch Zeitschriften und Süßwaren, wenn sie schon mal da sind. Für den Billstedter geht es dabei nicht allein um seine Existenz: „Mir sind keine Reichtümer geblieben, daher habe ich jetzt noch Schulden“, erklärt Grönwoldt. „Ich habe denen, die mir etwas geliehen haben versprochen es zurück zu zahlen und ich habe mein Wort immer gehalten“, sagt der Kioskbetreiber weiter.
Eine Verlängerung von zwei Jahren hätte wahrscheinlich gereicht, um die vorhandenen Schulden abzuzahlen. Mit einer neuen Gewerbefläche und einem guten Insolvenzverwalter ist das vielleicht immer noch möglich. Doch selbst wenn dies gelingt- es bleibt ein bitterer Beigeschmack. Auch kleine Geschäfte sind vor der Mietpreisspirale nicht mehr sicher, die Gentrifizierung macht vor dem Hamburger Osten längst keinen Halt mehr.
Foto: Dominik Brück
Michael
27. März 2014 at 20:47
Hallo,
Artikel – wie so oft – sehr lesenswert und ein weiterer Hinweis, sich stärker um die kleinen Läden zu kümmern – auf dass die gegenwärtige Mehrheitspartei in Mitte und im Senat endlich aktiv wird, der Forderung nachzukommen, MieterInnenschutz für Kleingewerbetreibende anzugehen.
Leider bleibt das Ausdrucken dieses Artikels auch weiterhin ein kleiner GAU. Das entsprechende Anklicken führte jetzt zu sieben Seiten bedruckten Papiers, eine davon immerhin mit dem Artikel…
Eurer Arbeit ein dickes Dankeschön.
Micha