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Esso-Häuser: Abriss der Tankstelle von Protesten begleitet

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Am Mittwoch wurden die ersten Abrissarbeiten an den Esso-Häusern auf St. Pauli sichtbar – ein Bagger zerlegte die namensgebende Tankstelle am Rand der Gebäude. Unmittelbar darauf kam es zu Protesten gegen das Vorgehen. Die Botschaft: „Kein Abriss ohne Garantien für die BewohnerInnen.“

Von Annika Lasarzik und Dominik Brück

Die Abrissarbeiten auf dem Areal der Esso-Häuser haben begonnen. Seit 9:30 Uhr am Mittwoch war ein Bagger vor Ort, der bis zum späten Nachmittag etwa zwei Drittel des Dachs der Esso-Tankstelle abgetragen hat. Dabei handele es sich jedoch zunächst um eine vorbereitende Maßnahme für den Gesamtabriss des Gebäudeensembles, welcher Anfang März stattfinden soll. Dies teilte Bernard Taubenberger von der Eigentümer-Gesellschaft Bayerische Hausbau auf Nachfrage von Mittendrin mit.

Auch wenn das Ende der historischen Esso-Häuser nun endgültig besiegelt scheint, reißt der Protest nicht ab: AktivistInnen der „Initiative Esso-Häuser“ riefen am Mittwochabend zu einer Protestveranstaltung vor den Gebäuden auf, an der sich rund 200 Menschen beteiligten. Die Polizei geht von 100 TeilnehmerInnen aus. Die Botschaft der DemonstrantInnen ist eindeutig: Kein Abriss der Esso-Häuser, ohne das die Forderungen der Stadtteilversammlung, die am vergangenen Sonnabend mit rund 400 AnwohnerInnen eine Resolution verabschiedet hatte, erfüllt werden. In Bezug auf die Esso-Häuser wird in der Resolution gefordert, dass die BewohnerInnen ein Rückkehrrecht zu den bisherigen Konditionen erhalten müssen. Auch die Gewerbemieter sollen langfristige Verträge zu den bisherigen Bedingungen erhalten. Darüber hinaus soll der Stadtteil an den Planungen für einen Neubau beteiligt werden, der 100 Prozent sozialen Wohnungsbau beinhalten soll. Für den Fall, dass die Bayerische Hausbau diese Bedingungen nicht erfüllt wird eine Enteignung gefordert. Bisher hat der Eigentümer keine derartigen Vereinbarungen verbindlich zugesagt.

„Hier zeigt sich, mit welcher Arroganz Politik und Eigentümer mit den Bedürfnissen des Stadtteils umgehen“, kommentiert Steffen Jörg von der „Initiative Esso-Häuser“ den Beginn der Abrissarbeiten. „Doch damit werden sie nicht durchkommen. Sie müssen sich auf einen langen Kampf einstellen“, so Jörg weiter. Bereits am Sonnabend ist eine weitere Protestveranstaltung geplant. Am Dienstag, 18. Februar, soll dann die Arbeit der Stadtteilversammlung ab 19 Uhr im Kölibri am Hein-Köllisch-Platz fortgesetzt werden. Dabei geht es nicht nur um die Zukunft der Esso-Häuser, sondern auch um die allgemeine Situation im Stadtteil. „Was für eine Art von Stadt würde wohl entstehen, wenn wir die Investoren einfach machen lassen?“, fragt einer der Teilnehmer als Teil des Aufrufes zu weiteren Protesten.

Im Rahmen der Kundgebung am Mittwoch wurde auch der tatsächliche Zustand der Gebäude erneut angezweifelt. Die Initiative glaubt nicht daran, dass die Häuser derart einsturzgefährdet sind, wie von Eigentümer und Bezirk behauptet wird. Auf der letzten Großdemonstration gegen den Abriss durfte aufgrund des Gebäudezustandes keine laute Musik gespielt werden. „Heute morgen stand ich dann senkrecht im Bett, so einen Lärm haben die Bagger veranstaltet“, sagt ein Anwohner. Auch während der Kundgebung schallt laute Musik über den Spielbudenplatz. Von den anwesenden Polizisten schien das aber nun niemanden mehr zu stören.

Die Situation zwischen AnwohnerInnen und der Bayerischen Hausbau bleibt in jedem Fall angespannt: Ein Zwischenfall im Vorfeld der Kundgebung zeigt, wie gereizt der für die Bewachung der Esso-Häuser zuständige Sicherheitsdienst reagiert. Der Fraktionsvorsitzende der Piraten in Hamburg-Mitte, Andreas Gerhold, wird von einer Sicherheitsdienstmitarbeiterin daran gehindert die Abrissarbeiten zu fotografieren. Bei dem Versuch ihm die Kamera abzunehmen kommt es zu einem kurzen Gerangel. Gerhold hat inzwischen Anzeige gegen die Mitarbeiterin erstattet, die laut Informationen der Polizei ebenfalls eine Anzeige gegen den Fraktionsvorsitzenden gestellt hat.

Die Baustelle vor den Esso-Häusern wird sich in den kommenden Wochen in jedem Fall regelmäßig auf BesucherInnen einstellen müssen. Weitere Proteste sollen den Forderungen der Stadtteilversammlung mehr Ausdruck verleihen. „Eine Baustelle ist immerhin auch eine Einladung ungestraft Krach zu machen“, sagt ein Demonstrant. Auch wenn der Erhalt der Esso-Häuser nicht mehr möglich ist, der Protest gegen die Pläne der Bayerischen Hausbau scheint nur in die nächste Runde zu gehen.

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