Kultur

Frauen holen sich den Impro-Titel

Kultur
Kristin Brueggemann

Geboren am 31.01.1985 in Hannover, Magister Politikwissenschaft, Journalistik und Osteuropastudien an der Uni Hamburg, diverse journalistische Praktika u.a. bei NDR Info

Bei der zweiten Hamburger Fight Night im Improvisationstheater überzeugten vor allem die Spielerinnen – mit Muckis, Mordlust und starkem Teamplay.

„Bei den Maestros flieg ich sonst immer schon in der ersten Runde raus“, wundert sich Karin und schaut dabei etwas ungläubig aus. Sie kann es immer noch nicht ganz fassen, dass sie vergangenen Samstag im Haus 73 den Titel gewonnen hat. Sie ist Gewinnerin der 2. Hamburger Fight Night! Vor ausverkauftem Haus hat sie 11 Vertreterinnen von Improtheatergruppen aus acht Städten auf die Nebenplätze verwiesen. Dabei hatte vorher niemand die Spielerin mit dem Kämpfernamen „Amanda- Die Tatortreinigerin“ auf der Rechnung. Sie hat die Jury verblüfft, das Publikum begeistert, die Mitspieler weggeputzt und ihrem Schlachtruf alle Ehre gemacht: „Wenn ich mit euch fertig bin, fang‘ ich an zu putzen!“. Mit ihrem präsenten aber lockeren Auftritt, dem trockenen norddeutschen Humor und vor allem ihrem hervorragenden Teamplay hat sie Jury und Publikum von sich überzeugt.

Impro heißt Teamplay statt Egoshow

Vor allem durch Letzteres hat sie den Nagel Fight Night genau auf den Kopf getroffen. Teamplay und Kooperation sind das wichtigste Prinzip der Show: In immer neuen Gruppen-Konstellationen werden die Spieler_innen miteinander gemischt und müssen aus dem Stegreif eine gemeinsame Szene improvisieren. Das geht nur, wenn man auf einander eingeht. Die gemixten Teams bekommen dann von  Moderator_innen verschiedene Herausforderungen, das Publikum ruft Inspirationen zu. Nach jeder der insgesamt acht Runden scheiden die Spieler_innen mit den wenigsten Punkten aus, bis schließlich nur noch zwei im Finale um den Impro- Wandergürtel kämpfen.

Über den Boden robben und dabei gute Ideen haben…

Im zweiten Jahr lag die Messlatte besonders hoch. So haben sich die Organisatoren, die Hamburger Improgruppe „Schiller Killer“, für die Vorbereitung der Show noch mehr ins Zeug gelegt. Conny May, Spielerin der Schiller Killer und Moderatorin der Fight Night: „Letztes Jahr haben die Gladiator_innen schon vor ausverkauftem Haus gespielt. In diesem Jahr haben wir uns noch schwierigere Herausforderungen herausgesucht, um dem Publikum etwas Neues zu bieten“.  Nicht nur beim Spiel „Das schräge Wohnzimmer“ standen Die Tatortreinigerin und die anderen Gladiator_innen vor einer schwierigen Aufgabe: Sie mussten auf dem Boden liegend spielen, eine Kamera filmte das Bühnengeschehen von oben und projizierte es auf den Bildschirm. „Dieses Spiel erfordert nicht nur eine perfekte Körperkoordination,“ so Nico Becherer, Jury-Mitglied von den Schiller Killern, „für viele Spieler ist es auch ungewohnt, keinen Blickkontakt mit dem Publikum zu haben“.

 …einem Roboter seine Liebe erklären…

Das schräge Wohnzimmer war nur eine von insgesamt acht Herausforderungen, in denen sich die zwölf Improvisationsmeister gemessen haben. Natürlich hatte keiner der 12 vorher eine Ahnung, worauf sie sich einlassen würden. Improvisation, eben. Die Herzen schlugen besonders hoch, als der Überraschungsgast Marvin die Bühne betrat, ein ferngesteuerter Roboter mit rot blinkenden und blechern-klappernden Augen. Die Spielerin Einfach Neele aus Nürnberg gesteht Marvin schließlich in einem herzergreifenden Schmachtsong ihre Liebe.

 … oder einen Sarg bauen, der Leben rettet- Das ist Fight Night!

Den dramatischen Höhepunkt der Show bildete jedoch eindeutig, wenn auch unfreiwillig, die Gruselszene. Die Schauspielerinnen wurden mit einer Gruselkulisse auf der Bühne überrascht und konnten daher nicht ahnen, dass in dem selbstgezimmerten Sarg eine echte, lebendige Statistin lag: Charlotte von der Gruppe Hauptstadt Impro. Als sich eine Spielerin mit voller Wucht und vielen Muckis auf den Sargdeckel schmiss, zitterte das Publikum mit Charlotte mit. Zum Glück werden die Requisiten bei den Schiller Killern von staatlich geprüften Tischlern angefertigt und der Holzsarg hielt den heftigen Sprüngen stand. Die unverletzte Statistin bewies echte Professionalität, als sie locker flockig aus dem Sarg spazierte und den geschockten Schauspielerinnen die Szene aus der Hand nahm, als wäre nichts passiert.

 „2013 war die Fight Night der Frauen“

Unter anderem diese coole Professionalität der Frauen hat die Fight Night 2013 zur Fight Night der Frauen gemacht- so Mareike Becker, ebenfalls Moderatorin: „Bei der Fight Night 2012 traten 10 Männer gegen zwei Frauen an. Diesmal waren die Frauen nicht nur rein zahlenmäßig besser repräsentiert (6 zu 6), sondern haben auch einfach besser gespielt“. Tatsächlich waren die letzten drei Spielerinnen auf der Bühne Frauen.

Karin hat die Teilnahme für 2014 schon in der Tasche

Vor Showbeginn wirkt Karin genauso tiefenentspannt wie später auf der Bühne. Sie erzählt von ihrer Lübecker Improgruppe „Instant.SL“, mit der sie in letzter Zeit mehr sogenannte „Langformen“ gespielt hat, ein abendfüllendes Format bestehend aus längeren, zusammenhängenden Szenen.  „Wir versuchen uns schon länger an Langformen. Das muss man natürlich dem Publikum klarmachen, dass sie keine klassische Improshow erwartet, sonst sind sie enttäuscht.“

Enttäuscht hat sie bei der Fight Night 2013 jedenfalls niemanden. Eher im Gegenteil. Nächstes Jahr wird jedenfalls keiner an ihr vorbeikommen- als Titelverteidigerin hat sie schon einen der 12 begehrten Spieler_innenplätze sicher. Mal schauen, ob sich die Männer bis dahin von ihrer Niederlage erholt haben.

Klicken um Kommentar zu schreiben

Artikel kommentieren

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Mehr in Kultur

Bothmer-Nosferatu+

Kulturtipp: Nosferatu zu Gast in der Laeiszhalle

Judith Behnk3. März 2016
Ausstellungsansicht "Geniale Dilletanten - Subkultur der 1980er Jahre in Deutschland"

„Geniale Dilletanten“: Experimente zwischen Lärm und Klang

Judith Behnk5. Februar 2016
moritz_neumeier_by_mathias_becker_02

Im Kern verrückt, die Hülle immer wieder neu – der Hamburger Comedy Pokal 2016

Felix Rasmus Willeke3. Februar 2016
Valerie Bayol

Künstlerporträt: Valérie Bayol – Von Hexen, Zauberern und Drachen in St. Georg

Judith Behnk28. Januar 2016
Gefahrengebiete und andere Hamburgensien

Tipp der Woche: „Gefahrengebiete und andere Hamburgensien“

Isabella David15. Dezember 2015
Asyland Hamburg

Tipp der Woche: Mit „Asyland“ die Perspektive wechseln

Isabella David8. Dezember 2015
Kraftwerk Bille - Hallen

Producers Artfair: „Ein Labor des Austausches“

Judith Behnk9. September 2015
Peotry Slam, Patrick Salmen, Foto: Jelena Malkowski

Weltrekord: Größenwahnsinniger Poetry Slam

Jelena Malkowski28. August 2015
"Kampf der Künste"-Moderator Michel Abdollahi im vollbesetzten Schauspielhaus (Foto: Jan Brandes).

Weltrekordversuch im Dichterwettstreit

Jelena Malkowski26. August 2015

Rund um Billstedt, Billbrook und Horn atmet die grüne Lunge der Stadt. In Hamm, Rothenburgsort, Borgfelde, Hammerbrook, St.Georg, der Alt- und Neustadt, und auf St. Pauli riecht und schmeckt man Hamburg an jeder Straßenecke. Die Hafencity glänzt und glitzert im Schatten der dicken Pötte und Kräne.

Die andere Seite der Elbe auf der Veddel, in Wilhelmsburg, auf dem Kleinen Grasbrook, in Steinwerder, Waltershof, Finkenwerder und auf der Insel Neuwerk lässt hanseatische Tradition spürbar werden.

Das ist Hamburg-Mitte, unser Bezirk inmitten einer lebhaften Stadt. So vielfältig wie seine Bewohner sind die Geschichten, die wir erzählen.

Mittendrin ist Name und Programm – täglich sind wir unterwegs und bringen euch spannende Reportagen, aktuelle Lokalnachrichten und ausdrucksstarke Bilder und Videos aus Hamburgs bunter Mitte.

Hamburger Geschichten

© 2012 - 2015 Mittendrin | Alle Rechte vorbehalten. Impressum - Umsetzung Politikwerft Designbüro.