Seit Mai 2012 wurde für den Erhalt der Traditionsbuchhandlung Wohlers an der Langen Reihe 68 gekämpft. Am Mittwoch wurde als letzter Akt der Stadtteiltragödie der Ladenschlüssel an den Eigentümer Frank Jendrusch übergeben. Rund 50 Einwohnerinnen und Einwohner von St. Georg versammelten sich, um erneut ihrer Solidarität mit Jürgen Wohlers Ausdruck zu verleihen.
Es regnet in Strömen. Die Regentropfen prasseln an die Schaufensterscheiben der Buchhandlung Wohlers. Im Inneren erinnert nichts mehr an den Laden, der 79 Jahre hier seinen festen Platz im Stadtteil hatte. Die hohen Bücherregale sind verschwunden. Keine alten Sessel laden mehr zum verweilen ein. Die Menschen vor dem Laden blicken durch die regennassen Scheiben auf kalte weiße Wände und eine gähnende Leere. In den Laden dürfen sie nicht. Makler Torsten Lefin, der im Auftrag von Eigentümer Frank Jendrusch die Schlüssel übernimmt, gestattet niemandem der Übergabe beizuwohnen.
Trotz des schlechten Wetters bleibt die Menschenmenge und beobachtet das Geschehen. „Es war vielen ein Anliegen nach dem monatelangen Kampf für den Erhalt des Traditionsgeschäftes einen Schlusspunkt zu setzen und der Solidarität mit Jürgen Wohlers erneut Ausdruck zu verleihen“, sagt Michael Joho, Vorsitzender des Einwohnervereins St. Georg. Der Verein hatte zahlreiche Demonstrationen zur Unterstützung der Buchhandlung organisiert. Obwohl der Erhalt des Traditionsgeschäftes an diesem Standort gescheitert ist, kann Jürgen Wohlers seinen Laden an der Langen Reihe 38 weiter betreiben. „Das Ergebnis ist nur ein halber Erfolg, da das Antiquariat in den neuen, kleineren Räumlichkeiten nicht weiter betrieben werden kann. Das Wichtigste aber ist, dass die Buchhandlung Wohlers an der Langen Reihe erhalten bleibt“, sagt Michael Joho. Auch in der Bezirkspolitik sieht man den Umzug der Buchhandlung mit gemischten Gefühlen: „Es ist wichtig, dass die Buchhandlung Wohlers erhalten bleibt. Die Politik muss jedoch dringend dafür Sorge tragen einen umfassenden Mieterschutz für alteingesessene Unternehmen zu schaffen. Rechtlich ist dies derzeit leider nicht möglich“, sagt Bernhard Stietz-Leipnitz, Fraktionsvorsitzender der Linken.
Derzeit ist noch nicht bekannt, welches Unternehmen den alten Laden von Jürgen Wohlers übernehmen wird. In der vergangenen Woche hatten mehr als 80 Helfer aus dem Stadtteil den Umzug der Buchhandlung in die neuen Räumlichkeiten unterstützt. Bereits in der kommenden Woche wird hier die Neueröffnung gefeiert werden.
An der Langen Reihe 68 schaltet Makler Lefin jedoch die Lichter aus. Er wartet in der ehemaligen Buchhandlung, bis der letzte St. Georger gegangen ist. Für einen Kommentar ist er nicht zu erreichen. Hastig räumt er noch ein Buch aus dem Schaufenster, dass die fleißigen Umzugshelfer vergessen haben. Es bleibt offen, ob der Titel des Buches, „Das kleine Arschloch“, eine Botschaft oder Zufall ist. Bisherige Berichterstattung zur Buchhandlung Wohlers:
„Eine Kriegserklärung an unsere Stadt!“ – 10. Oktober 2012
Wohlers bleibt! – 19.Oktober 2012
Michael Joho
2. Januar 2013 at 22:46
Liebe KollegInnen von HH-mittendrin,
lieber Dominik Brueck!
Chapeau, ich muss Euch noch einmal ein großes Dankeschön und Lob für die laufende Berichterstattung und auch noch einmal für den aktuellen Artikel aussprechen. Ihr wart echt die einzigen JournalistInnen, die kontinuierlich „dabei“ waren und den Fortgang der Ereignisse umfangreich kommentiert habt. Allein das, aber auch viele andere Artikel machen Euch für mich im vergangenen Jahr zum Senkrechtaufsteiger des Mitte-Journalismus.
Beste Grüße und: Weiter so!
Michael Joho
Michael Joho
2. Januar 2013 at 22:56
Ach ja, leider gibt’s beim Ausdruck immer noch das Problem, dass der Artikel ein bißchen überdeckt von einem Foto für einen anderen Bericht.
Michael Joho
Dominik Brueck
5. Januar 2013 at 11:46
Vielen Dank für das große Lob! Wir freuen uns sehr darüber, dass unsere Berichterstattung gut ankommt. Wir müssen uns aber auch für das Engagement der Bürgerinnen und Bürger in den Stadtteilen und die gute Kommunikation bedanken. Wir freuen uns darauf 2013 weiter regelmäßig zu berichten.