Nach 125 Jahren endete am 1. Januar 2013 die Ära des Freihafens auf den Elbinseln. Die Auflösung der Zollgrenze macht nicht nur die Kontrollen, sondern auch den gesamten Grenzzaun überflüssig. Am Sonnabend wurde der erste Teil des Zauns feierlich abgerissen, stellt jedoch den Hamburger Süden vor neue verkehrspolitische Herausforderungen.
Mit einem kleinen Festakt wurde am vergangenen Sonnabend das erste Element des Zollzaunes an der Harburger Chaussee vom Ersten Bürgermeister Olaf Scholz persönlich abgerissen. Scholz versuchte sich nicht nur am Schweißbrenner, sondern hob das abgetrennte Zaunteil anschließend mit dem Bagger aus seiner Verankerung. „Der Zollzaun hatte nicht nur eine praktische Bedeutung, sondern auch eine symbolische, nämlich die Trennung zum Norden Hamburgs. Diese Grenze fällt jetzt weg. Und wir sind froh darüber“, sagte Scholz. Die weiteren Arbeiten übernahmen dann aber doch die anwesenden Arbeiter.
Musikalisch eingeleitet wurde die Veranstaltung von der „Hamborger Schietgäng“. Die fünf Männer hatten sich warm angezogen und heizten den Anwesenden mit plattdütschen Liedern ein. Auch die Sonne zeigte sich der Veranstaltung wohl gestimmt und strahlte während der gehaltenen Reden über die nahegelegenen Dachfirste.
Die einzige, die bei Ihrer Rede etwas Wehmut anklingen ließ, war die Präsidentin der Bundesfinanzdirektion Nord, Colette Hercher. „Der ein oder andere Zöllner, der seit 25 Jahren seinen Dienst hier am Zaun geleistet hat, wird sicherlich betrübt gegangen sein“, sagte sie. Hercher betonte jedoch gleichzeitig, dass der Schritt zur Auflösung des Hafens notwendig sei, da sich durch die Europäische Zollunion seit 1968 viel verändert habe. Der Zoll schlage hauptsächlich EU-Waren um, für die ein Freihafen eher eine Behinderung als eine Bereicherung darstelle. Sie lobte die mutige und konsequente Entscheidung zur Auflösung und gratulierte der Stadt Hamburg als neue Besitzerin des Hafengebietes.
Diesen Punkt griff Olaf Scholz auf und betonte die neuen Möglichkeiten für die Stadt. So erklärte er: „2013 ist das Jahr der IBA und IGS, aber auch das Jahr der Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburger. Da ist ein Zaun einfach unnötig.“ Wilhelmsburg gehöre zu Hamburg und mit dem nun unverstellten Blick auf den arbeitsreichen Norden der Stadt könne sich dies nun auch so anfühlen. „Der Sprung über die Elbe soll nicht nur vom Norden aus geschehen, sondern eben auch von hier in den Norden.“
Eine besondere Rolle bekamen an diesem Tag immer wieder die Initiatoren des Spreehafenfestes zugewiesen. Der Verein Zukunft Elbinsel hatte mit dem Spreehafenfest seit 2001 immer wieder ein Zeichen gegen den Zaun gesetzt. Als Vertreterin des Vereins am Rednerpult verwies Liesel Amelingmeyer aber auch auf die anstehenden Veränderungen in Wilhelmsburg. Sie spielte damit auf die Verschiebung der Wilhelmsburger Reichsstraße an, deren Planung vom Verein Zukunft Elbinsel scharf kritisiert wird. Schon zu Beginn der Veranstaltung hatten zwei Vertreter des Vereins sich mit einem Transparent hinter das Rednerpult gestellt auf dem zu lesen war „Freie Sicht auf Hamburg“ und „Keine Autobahn durch Wilhelmsburg“. Dennoch war Ammelingmeyer ihre Freude über den Abriss des Zollzaunes sichtlich anzumerken. Zugleich formulierte der Verein Zukunft Elbinsel Wünsche für die weitere Entwicklung am Spreehafen. Darunter Zugangsmöglichkeiten ans Wasser sowie den Erhalt des Blickes auf Hamburg. Daher fordert der Verein vom Bau weiterer Containerterminals abzusehen. Alle Beteiligten betonen, das enorme Potenzial an neuen Möglichkeiten nutzen zu wollen und den Hafen in Zukunft in die Stadt eingliedern. Eine mehrfache Nutzung der Gebiete wird angestrebt. Zum Beispiel durch die Schaffung von Wohnraum in der alten Freihafenzone, eine Verbesserung der Verkehrsanbindung sowie der Freizeitaktivitäten.
Mit dem Wegfall der Zollgrenze stehen jedoch neue Herausforderugen für die Elbinseln an. Dies betrifft insbesondere das erhöhte Verkehrsaufkommen auf der Veddel und in Wilhelmsburg (Mittendrin berichtete). Vor allem auf der Harburger Chaussee, die die schnellste Verbindung zwischen Hafen und den Autobahnen im Süd-Osten Hamburgs bildet, ist bereits in den vergangenen beiden Wochen durch den Wegfall der Kontrollen der Durchfahrtsverkehr massiv angestiegen.
Fotos: Jonas Walzberg
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