Politik

Letzte Chance für Elisa?

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Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Mittwoch wurde zur Gewissheit, was viele schon geahnt hatten. Die Vereinigte Hamburger Wohngenossenschaft (VHW) hält an ihren Plänen fest die Wohnungsanlage am Elisabethgehölz in Hamm abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. Die Initiative „Rettet Elisa“ will weiter für den Erhalt des Gebäudes kämpfen. Der durch die Bezirkspolitik vermittelte Runde Tisch scheint somit gescheitert. Dennoch sind weiterhin die Politiker gefragt zwischen den Fronten zu vermitteln.

Wieder sind es belegte  Brote, die im Mittelpunkt der Entrüstung stehen. Im September 2011 hatte die VHW die MieterInnen der Wohnanlage „Elisa“ eingeladen, um die Abrisspläne erstmalig zu präsentieren. Im Anschluss an die Schreckensnachricht bat man zum kalten Buffet. 14 Monate später lädt die Initiative „Rettet Elisa“ zur Pressekonferenz. In der Mitte des beengten Raumes ist für einen Imbiss gesorgt. Über Mett, Käse und Mortadella hinweg verkündet Lars Langner, der für die Initiative am Runden Tisch teilgenommen hat, erneut die schlechten Nachrichten. In der fünften Sitzung des Runden Tisches hatte die VHW deutlich gemacht, dass man weiterhin den Abriss der Anlage und den Neubau von größeren und teureren Wohnungen vorzieht. Noch am Donnerstagabend sollen alle Mieter über das Ergebnis der Gespräche informiert werden. Eine endgültige Entscheidung über das Schicksal von Elisa soll bis Ende des Jahres gefällt werden.

„Das ist für uns kein zufriedenstellendes Ergebnis“, sagt Langner. „Wir werden weiterkämpfen und auf jeden Fall hier wohnen bleiben“. Ob diese Meinung alle MieterInnen teilen, kann noch niemand sagen. Schon vor einem Jahr waren nach der Präsentation der Abrisspläne viele Mieter ausgezogen. Auch auf den Druck der VWH hin, wie die Initiative kritisiert. Derzeit stehen bereits fünfzig Prozent der Wohnanlage leer. „Es ist ein Skandal, dass ein schönes Backsteingebäude wie Elisa zur Hälfte leer steht. Die Studierenden kämpfen gegen Wohnungsnot in Hamburg, daher unterstützen wir die Initiative bei ihrem Kampf“, sagt Simon Stülcken vom AStA der Universität Hamburg. Die Bewohner von Elisa fürchten nun, dass weitere Mieter ausziehen könnten und damit die Position der Initiative schwächen würden. „Alles dreht sich jetzt um den Zusammenhalt der Mieter“, sagt Wilfried Lehmpfuhl vom Mieterverein zu Hamburg. Besonders jetzt im Winter könnte sich der baulich Zustand des historischen Gebäudes durch den Leerstand verschlechtern. In den Augen der VHW ist dies ein weiteres Argument für den Abriss.

Wohnen auf beschaulichen 30 m² – Lars Langner lebt gerne hier.

Für die VHW spricht aus betriebswirtschaftlicher Sicht viel für den Neubau. Die Genossenschaft könnte sich die Sanierung des alten Bauwerkes sparen und zudem Fördermittel für den Wohnungsbau erhalten. Zusätzlich könnten die Mieten in dem neuen Gebäude erhöht werden. Die finanzielle Lage der Wohnungsbaugenossenschaft ist allgemein angespannt. „Wir sind der VHW mit unseren Vorschlägen entgegen gekommen. Unser Angebot ist die Sanierung und Modernisierung des Gebäudes. Diese Kosten könnten dann auf die Mieten umgelegt werden, wenn es eine Härtefallregelung gibt“, sagt Philipp Jung von der Initiative. „Hier hat der Runde Tisch etwas erreicht“, sagt Tobias Piekatz (SPD), der Vorsitzende des Gremiums. „Die VHW ist in ihren Plänen von der ursprünglich geplanten Miete von 11,50 Euro pro Quadratmeter abgerückt und will nun auch Wohnungen mit Mieten von 5,90 Euro bis 8,10 Euro anbieten“. Dies sieht die Initiative dennoch als Problem. Die neuen Wohnungen wären wesentlich größer und somit auch teurer als bisher. „Derzeit zahlen wir im Durchschnitt 200 Euro warm für 30 Quadratmeter. Bei unserem Vorschlag würde dies auf 300 Euro steigen. Dies wäre ein Anstieg um 50 Prozent. Bei einem Neubau wären es 80 bis 100 Prozent“, sagt Langner.

Die Hoffnung der Initiative liegt jetzt bei der Bezirkspolitik. „Herr Piekatz hat gute Arbeit während des Runden Tisches geleistet“, sagt Joachim Reinig, der die Initiative als Architekt berät. „Wir fordern jetzt, dass er und die Parteien alles tun, was in ihrer Kraft steht, um die Wohnanlage zu retten“. Reinig stellt sich aufgrund der mangelnden Sozialverträglichkeit in einer Empfehlung für den Runden Tisch gegen den Abriss. Auch die Fraktion der Linken in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte stellt sich auf die Seite der Initiative. „Wir ziehen einen Erhalt des Gebäudes vor. Wichtig ist, dass jetzt keine Entscheidungen übers Knie zerbrochen werden. Zunächst sollten die leer stehenden Wohnungen zwischenvermietet werden“, sagt Sandra Clemens, Bezirksabgeordnete der Linken. Die Gespräche sollten auf jeden Fall wenn nötig auch im nächsten Jahr weitergeführt Foto: Isabella David | Am Elisabethgehölzwerden. Die SPD setzt ebenfalls auf weiteren Dialog. „Es wird wahrscheinlich ein weiteres Treffen des Runden Tisches geben“, sagt Falko Droßmann, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bezirksversammlung. Auf der Grundlage der Ergebnisse wollen die Sozialdemokraten dann weitere Optionen prüfen. „Im Prinzip sind wir gegen den Abriss, aber es muss für die VHW auch wirtschaftlich sein das Gebäude zu erhalten“, sagt Droßmann. „Für den Fall eines Neubaus muss auf jeden Fall sichergestellt werden, dass dieser sozialverträglich gestaltet wird. Die Mieter bräuchten ein unbedingtes Rückkehrrecht und die VHW müsste für Umzug und Unterbringung während der Bauarbeiten aufkommen“. Droßmann erklärt weiterhin, dass die Mieterinnen und Mieter für den Fall eines Abrisses unbedingt in die Planungen für das neue Gebäude eingebunden werden müssten. Michael Osterburg, Fraktionsvorsitzender der Grünen beurteilt den Runden Tisch ebenfalls als sehr konstruktiv. „Es ist gut, dass 11,50 pro Quadratmeter jetzt kein Thema mehr sind. Es muss jetzt weitere Gespräche des Runden Tisches geben, um eine gute Gesamtlösung für alle Beteiligten zu finden“. Der Fraktionsvorsitzende der Piraten, Andreas Gerhold, verweist auf den Beschluss der Bezirksversammlung die für Norddeutschland typischen Backsteinbauten erhalten zu wollen. „Erhaltenswert ist nicht nur was unter Denkmalschutz steht, sondern auch das, was traditionell unser Stadtbild prägt“. Weiter betont Gerhold, dass die VHW die Instandhaltung über Jahrzehnte vernachlässigt hätte. Daher sei von den Bewohnern bereits viel Eigenarbeit und privates Vermögen in die Wohnungen investiert worden. „Die günstigen Wohnungen nun abzureißen und durch teurere zu ersetzen ist hier und insbesondere für eine Genossenschaft nicht angemessen“.

Für die Bewohner von Elisa ist die Angst vor dem Verlust der liebgewonnen Wohnungen größer geworden. Die Hoffnungen ruhen jetzt auf einem möglichen weiteren Runden Tisch. Sollte die VHW hier nicht von ihrer Position abrücken, liegt es in den Händen der Bezirkspolitik die Interessen der Mieterinnen und Mieter wo es möglich ist zu vertreten. Ob auf diesem Wege auch Elisa gerettet werden kann ist nicht abzusehen.

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2 Kommentare

  1. Lars Langner

    16. November 2012 at 11:48

    Ja, und dann ist sie gelaufen, die gestrige Veranstaltung der VHW zu der alle betroffenen Mieter der Wohnanlage geladen waren. Wieder wurde massiv Werbung für einen Neubau gemacht, eine Werbung die niemand WILL! Anstatt auf die Bedürfnisse und Belange der Genossen einzugehen werde bunte Bilder an die Wand geworfen wie schön doch alles sein könnte. Da werden Worte wie „ist in Planung“ benutzt obwohl man uns im selben Satz verkaufen möchte das es alles nur Ideen wären wie es aussehen könnte, eine echte Farce!
    Die VHW hat es einfach in den letzten 14 Monaten nicht begriffen was wir Mieter wollen, im Gegenteil: Ich und viele andere hatten hier ein Deja vu! Das hatten wir alles in ähnlicher Form schon am 29.08.2011, der Tag an dem laut VHW noch kein Abrissantrag gestellt war OBWOHL und wissentlich uns hinters Licht geführt, dieser schon am 22.08.11 gestellt war!
    Nichts desto trotz konnte sich die VHW gestern auf absolutem Krampf hin und durch Druck der Versammlung abringen lassen, dass wenn sich eine Mehrheit der Mieter für den Erhalt ausspricht dieser auch umgesetzt wird! Herr Hahn war in diesem Moment sichtlich „not amused“. Es soll dazu mit einem durch die Mieterinitiative, dem Mieterverein und auch in Zusammenarbeit mit der VHW ausgearbeiteten Fragenkatalog in Einzelgesprächen versucht werden zu ermittelten, welche Variante die Mieter bevorzugen. Herrn Hahn versprach uns am Runden Tisch jetzt endlich „mitzunehmen“. Mitgenommen hat er uns, aber nur durch den Ersatzneubau! Eine Anekdote noch zum Schluss: Herr Hahn versprach uns während der Präsentation (zum Glück gab er uns nicht sein „Ehrenwort“) das alle betroffenen Mieter im Ersatzneubau für 5,90 EUR/qm wohnen könnten! Eine sehr gewagte Aussage zumal es Richtlinien gibt, die dies definitiv zu verhindern wissen, wie z.B. der 2.Förderweg! Aber wir wissen ja auch: „Niemand hat die Absicht einen Neubau zu errichten!“ oder wie war das noch……..?

  2. Pingback: Artikel bei hh-mittendrin.de vom 15.11.2012 | Rettet Elisa!

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