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Schlaflose Studenten

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Isabella David
@isabelladavid89

Chefredakteurin | Studentin der Politikwissenschaft an der Universität Hamburg | Kontakt: david@hh-mittendrin.de

Schon seit Montag laufen an der Universität Hamburg die Orientierungseinheiten für Erstsemester. Neue Studenten aus der ganzen Bundesrepublik, Austauschstudenten und internationale Studierende starten ab Montag in ihr Studium. Neue Leute kennenlernen, sich in der Stadt zurechtfinden und Kurse wählen steht auf dem Programm der „Ersties“. Doch viele Studienanfänger haben kurz vor Studienbeginn vor allem ein Problem: Sie haben noch keine Unterkunft.

Jedes Jahr strömen zu dieser Zeit wieder tausende neue Studenten auf den Hamburger Wohnungsmarkt. Dabei liegt die Hansestadt im bundesweiten Vergleich der durchschnittlichen monatlichen Mietausgaben der Hochschulstädte auf Platz zwei, direkt hinter München. Das Studierendenwerk Hamburg verzeichnet eine konstant hohe Nachfrage nach preisgünstigem Wohnraum. „Bezahlbarer Wohnraum für Studierende in Hamburg ist knapp“, sagt Jürgen Allemeyer, Geschäftsführer des Studierendenwerks. Ein Hamburger Student hat ein durchschnittliches Einkommen von etwa 850 Euro. Der BAföG-Höchstsatz liegt mit 670 Euro noch darunter. Studenten seien auf günstigen, öffentlich geförderten Wohnraum angewiesen. „Die Mieten steigen stetig und Studierende können kaum ein WG-Zimmer unter 350 Euro finden“, sagt Allemeyer. In neueren Objekten liege die Miete meist sogar deutlich über 400 Euro. Das Studierendenwerk nimmt für ein möbliertes Standardzimmer 233 Euro monatlich. „Das Angebot an günstigem Wohnraum sollte ausgebaut werden. Unsere Wartelisten sind voll und wir können den Bedarf an günstigem Wohnraum nicht befriedigen“, so Jürgen Allemeyer weiter. Das Studierendenwerk hat in Hamburg bisher 23 Wohnanlagen mit rund 3.940 Plätzen. Mit dem Neubau einer Wohnanlage in Hammerbrook, die ab Mitte Dezember zur Verfügung stehen soll, wird für weitere 201 Studierende Wohnraum geschaffen. Noch können Interessierte sich für diese Wohnplätze bewerben. Trotz öffentlicher Förderung wird die Miete in dem Neubau jedoch über dem bisherigen Schnitt liegen, nämlich bei etwa 350 Euro.

Für Notfälle stellt das Studierendenwerk zum Semesterstart sogenannte „Last Minute Zimmer“ in der Wohnanlage Gustav-Radbruch-Haus, Nähe Berliner Tor, zur Verfügung. In elf Betten in neun Zimmern können Studierende übergangsweise, maximal aber acht Tage, unterkommen. Ein Einzelzimmer kostet 15 Euro, ein halbes Doppelzimmer 10 Euro die Nacht. Zurzeit sind alle „Last Minute Zimmer“ belegt. Das Angebot läuft voraussichtlich noch bis Ende November. „Außerdem haben wir Notbetten in der Turnhalle der Wohnanlage Gustav-Radbruch-Haus vorbereitet. Kein Studierender wird einfach weggeschickt, wenn er nicht weiß, wo sie oder er die Nacht verbringen soll. Diese Unterbringung ist kostenlos und wird momentan von einem Studierenden in Anspruch genommen“, sagt Allemeyer. Die Erfahrung zeige jedoch, dass die Studierenden – trotz der angespannten Lage – meist eine Unterbringungslösung finden, auch wenn diese nicht optimal und nur vorübergehend sei, wie beispielsweise länger zu pendeln oder bei Freunden oder in einem Hostel wohnen.

 „In unserem Info-Café kommen täglich viele Anfragen zur Wohnraumfrage“, bestätigt auch Simon Frerk Stülcken aus dem Vorstand des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA). In den Orientierungseinheiten für die Erstsemester versuche man zu vermitteln und Wohnungssuchende auf den Sofas von Kommilitonen unterzubringen. „Weil die Problematik absehbar war haben wir eine Kampagne gegen die Wohnungsnot gestartet. Sie heißt „Schaflos in Hamburg? – Mietenwahnsinn stoppen!“ und thematisiert auch die explodierenden Mietpreise“, sagt Simon Frerk Stülcken. Im Rahmen dieser Kampagne findet am 17. Oktober um 18 Uhr vor der Hochschule für Anwandte Wissenschaften (HAW) beim Berliner Tor eine Nachttanzdemo statt. Am 27. Oktober plant der AStA einen Aktionstag zur Suche neuer Wohnheime. Die Wohnungsnot der Studenten reiht sich in die grundsätzliche Problematik der hohen Mieten in Hamburg ein. Für den 10. November ist zum Thema eine Großdemonstration vom Bündnis „Recht auf Stadt“ geplant.

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