Kultur

„Das Soul muss in der Kitchen bleiben!“

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Isabella David
@isabelladavid89

Chefredakteurin | Studentin der Politikwissenschaft an der Universität Hamburg | Kontakt: david@hh-mittendrin.de

Seit Wochen wird in der Industriestraße 101 unaufhörlich entrümpelt, umgeräumt, gesägt und geschraubt. Neue Notausgangschilder werden angebracht und der Backstage-Bereich leer geräumt. Krimskrams und auch kleine und große Schätze wurden Mitte September vor der Halle versteigert. An einigen Nachmittagen flimmerte für die fleißigen Arbeiter die aktuelle Sitzung der Bürgerschaft über den Beamer. Immer dann, wenn es um die Soulkitchen-Halle ging.

Auch gestern Abend war die Soulkitchen-Halle Thema im Plenarsaal der Hamburgischen Bürgerschaft. Die Abgeordneten der Grünen Olaf Duge, Christa Goetsch, Farid Müller, Katharina Fegebank, Jens Kerstan, sowie die gesamte GAL Fraktion brachten das Thema mit dem Antrag „Off-Kultur ermöglichen – Soulkitchen-Halle retten!“ auf die Tagesordnung. In diesem Antrag werden der Bezirk Hamburg-Mitte, die IBA Hamburg GmbH, sowie die Sprinkenhof AG dazu aufgefordert den Betreiber bei der Beseitigung der Mängel zu unterstützen und so eine zeitnahe Wiedereröffnung des kulturellen Zentrums zu gewährleisten. Darüber hinaus solle auch eine mögliche finanzielle Unterstützung der baulichen Maßnahmen, aber auch des Projektes im Allgemeinen, geprüft werden.

Eröffnet hatte die Soulkitchen-Halle 2010 in der alten Fabrikhalle der Zinnwerke in Wilhelmsburg. Die Halle war Drehort des Films „Soul Kitchen“ von Regisseur Fatih Akin und gehört der Sprinkenhof AG, also der Stadt Hamburg. Die Soulkitchen-Halle bietet Raum für die Theaterwerkstatt, eine Galerie und auch soziale Projekte, wie „Gangway“, das sich mit Gewaltprävention auseinandersetzt. Der kulturelle Freiraum hat in den letzten zwei Jahren über 20. 000 Besucher zu rund 250 Veranstaltungen auf die Elbinseln gelockt. Immer wieder kommen auch Gäste vorbei, die den ehemaligen Drehort besichtigen möchten. Bereits 2011 wurde der Abriss der Halle schon einmal verhindert.

Ende August musste die Kreativstätte ihre Tore jedoch erneut abschließen. Als Gründe für die vorläufige Schließung gab das Bezirksamt Hamburg-Mitte die mangelhaften Sicherheits- und Brandschutzmaßnahmen an. Im Anschluss wurde der Versuch unternommen, die Mängel zu beseitigen und so eine endgültige Schließung der Einrichtung zu verhindern. Nach vielen Arbeitsstunden präsentierte Betreiber Matthias Lintl am Dienstag die Soulkitchen-Halle schließlich der Bauprüfabteilung des Bezirks.

Christa Goetsch betonte am Mittwochabend in der Bürgerschaft die Strahlkraft des Projektes, die auch über Hamburg hinaus reiche. Stadtmarketing sei an dieser Stelle gar nicht notwendig, die Soulkitchen sei auch so ein kultureller Schatz. Insbesondere während der Internationalen Bauausstellung, sowie der Internationalen Gartenschau 2013 in Wilhelmsburg, sei der Erhalt der Einrichtung zu begrüßen. „Das Soul muss in der Kitchen bleiben!“, schloss Goetsch ihre Rede ab.

Einig waren sich alle Fraktionen über den Stellenwert des Projektes. Es wurde deutlich, dass es sich derzeit nur um eine vorläufige Schließung zur Beseitigung der Mängel handeln soll. Der Vertrag des Betreibers mit der Sprinkenhof AG läuft jedoch nur noch bis zum Jahresende. Unklar ist bisher, wie es danach weiter gehen soll. In der Debatte wurde deutlich, dass die wichtige Symbolik der Einrichtung, mit der sich viele Wilhelmsburger identifizieren können, für einen Erhalt des Standorts spricht. Schließlich sei die Soulkitchen auch Teil des „Sprungs über die Elbe“. Auf der anderen Seite sprach sich die SPD aber auch für eine losgelöste Standortdebatte aus. Zum Abschluss der Diskussion verdeutlichte Katja Suding (FDP), wie wichtig der Erhalt von Off-Kultur auch für Hamburg als Kulturmetropole sei. Zu oft liege der Fokus der Stadt nur auf den großen Häusern, sagte Suding. Darüber hinaus sei die Soulkitchen-Halle ein Sinnbild für viele kulturelle Einrichtungen und Projekte in der Stadt. Dieses Thema müsse grundsätzlich angegangen werden. Schließlich wurde der Antrag mit der Unterstützung aller Fraktionen einstimmig an den Kulturausschuss überwiesen. Dort soll eine mögliche finanzielle Unterstützung geprüft werden. Auch ein Erhalt des Standorts der Soulkitchen an der Industriestraße soll dann zur Debatte stehen.

Fotos: Signe Heins

Während in der Bürgerschaft noch diskutiert wird, weiß man in Wilhelmsburg schon, dass die Halle wieder eröffnen darf. Nach dem Rundgang am Mittwoch, hatte die Bauprüfabteilung grünes Licht gegeben. Für den Moment ein gutes Ende. Am Wochenende feiert die Soulkitchen-Halle die große Wiedereröffnung. Am Freitagabend treten Stimmwerk, Elace und Vakuumlator bei einem Benefitzkonzert zugunsten der Soulkitchen auf. Am Sonnabend wird die Wiedereröffnung mit einem Auftritt von The Phunk Guerilla weiter gefeiert. Trotz der Partylaune bleibt jedoch Ungewissheit. Schließlich bleibt noch abzuwarten, ob auch noch im nächsten Jahr in der Soulkitchen-Halle gefeiert werden kann.

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