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Neumann verteidigt Hamburger Flüchtlingskurs

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Isabella David
@isabelladavid89

Chefredakteurin | Studentin der Politikwissenschaft an der Universität Hamburg | Kontakt: david@hh-mittendrin.de

Am Montagabend war Innensenator Michael Neumann zu Gast bei den „Hafengesprächen“ der SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Loretana de Libero. Unter Deck der Rickmer Rickmers sprach Neumann mit GenossInnen über Flüchtlingspolitik in Hamburg.

„Private Veranstaltung“ steht am Montagabend am Aufgang zur Rickmer Rickmers: Im Inneren des Museumsschiffes haben sich auf Einladung von Loretana de Libero, Bürgerschaftsabgeordnete der SPD, rund 30 Interessierte eingefunden, um mit Innensenator Michael Neumann ein „Hafengespräch“ über Flüchtlingspolitik in Hamburg zu führen. Für die Gäste – in erster Linie GenossInnen – umreißt Neumann den gesetzlichen Rahmen, denen Flucht und Asyl in der Bundesrepublik und Europa unterliegen. „In der öffentlichen Diskussion entsteht oftmals der Eindruck, man ‚müsse nur wollen‘. Tatsächlich haben wir als Bundesland da aber kaum Möglichkeiten“, sagt Neumann.

Der Innensenator beschreibt, was geschieht, wenn ein Flüchtling nach Hamburg kommt: Wenn ein Flüchtling beispielsweise am ZOB in Hamburg ankomme, kenne er oftmals schon von den Schlepperbanden oder einer eigenen Internetrecherche im Heimatland den weg zur Ausländerbehörde. Dort könne er Asyl beantragen, wenn er seinen Fluchtweg schildere und komme dann für die ersten drei Monate in eine zentrale Erstaufnahmeeinrichtung. Die insgesamt 270 Plätze in der Sportallee und in einer Einrichtung in Mecklenburg-Vorpommern hätten dafür jahrelang ausgereicht. „Seit einigen Jahren befinden sich jedoch allein 1200 Menschen in dieser Dreimonatsfrist“, so Neumann. Nach Ablauf der drei Monate kommen die Flüchtlinge in öffentlich rechtliche Unterbringungen. „Die Asyl-Anträge werden nicht hier in Hamburg, sondern vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bearbeitet“, erklärt der Innensenator. Wird ein Antrag abgelehnt stehe den Flüchtlingen der Klageweg offen. Bleibt auch dies erfolglos besteht die Möglichkeit, dass die Bürgerschaft in der Härtefallkommission über den Fall berät. Bleibt all dies erfolglos vollzieht die Hamburger Polizei oder die Bundespolizei die Abschiebung. „Dann ist der Innensenator ‚unbarmherzig‘. Es besteht die öffentliche Erwartungshaltung, dass nach kreativen Lösungen gesucht werden kann und muss. Tatsächlich ist das in einem Rechtsstaat schwierig“, sagt Neumann.

„Sich nicht von der Straße erpressen lassen“

Hochgezogen an der medialen Aufbereitung der Lampedusa-Gruppe werde der Senat als „herzlos und brutal“ dargestellt. Tatsächlich werde in Hamburg jedoch viel für Flüchtlinge getan. „Auch wer illegal ist erhält eine Krankenversorgung, die Kinder können in die Schule gehen“, so Neumann. Doch wer Asyl wolle, müsse nun mal seinen Namen nennen und seine Fluchtgeschichte erzählen. „Nur weil man ordentlich Rabatz macht und am lautesten demonstriert, wird Unrecht nicht plötzlich Recht“, sagt der Innensenator. Man dürfe sich nicht von der Straße erpressen lassen. Der Innensenator geht nicht davon aus, dass die „Kampagnen“ der Gruppe Lampedusa in Hamburg von den Flüchtlingen selbst ausgehen. Vielmehr würden sie seit langem durch bestimmte Gruppierungen instrumentalisiert, sagt Neumann.

Eine Gruppenlösung nach Paragraph 23, wie von der Gruppe Lampedusa in Hamburg gefordert hält Neumann nicht für möglich, da die Gruppe sehr heterogen sei. Recherchen hätten ergeben, dass einige der Flüchtlinge schon in mehreren europäischen Ländern erfolglos Asyl beantragt haben und schon sich schon deutlich länger in Europa aufhalten würden, als angenommen. 85 Flüchtlinge hätten sich gemeldet und warten nun auf die Entscheidung über ihren Asylantrag, andere Mitglieder der Gruppe seien zurück nach Italien oder auch nach Berlin gereist. „Die verbliebenen Lampedusa-Flüchtlinge wollen in Hamburg bleiben und nicht zurück nach Italien, obwohl sie dort als Flüchtlinge anerkannt sind“, sagt Neumann. Erst auf Nachfrage aus dem Publikum räumt der Innensenator ein, dass die Flüchtlinge in Italien womöglich ein Handgeld dafür erhalten haben, dass Land zu verlassen. Dies war der Ausgangspunkt ihrer Weiterreise nach Deutschland. „Wenn das stimmt, ist es ein Skandal, dass die EU an dieser Stelle nicht eingreift“, so Neumann.

Neumann ist aufgebracht darüber, dass ihm und der Hamburger Polizei bei der Suche nach den Flüchtlingen der Lampedusa-Gruppe racial profiling vorgeworfen worden ist. „Wenn Menschen aus Afrika sich in der Zeitung in seitenlangen Interviews damit brüsken, dass sie mit einem Touristenvisum hier sind, dann ist es doch logisch, dass wir eingreifen müssen“, erläutert Neumann. Man habe nicht gezielt schwarze Menschen kontrolliert, sondern die Menschen die in der St. Pauli Kirche übernachtet haben und dort ein- und ausgegangen sind.

Keine Hamburger, sondern eine europäische Frage

„Ich bin davon überzeugt, dass Deutschland und Europa insgesamt mehr Flüchtlinge aufnehmen könnte und sollte. Es ist die große Frage, in was für einem Europa wir in Zukunft leben wollen“, sagt Neumann und übt Kritik an Handelsschranken, schädlichen Agrarsubventionen und Waffenhandel der Bundesrepublik und der Europäischen Union. Diese Frage könne jedoch nicht hier in Hamburg gelöst werden. Auch wenn es in Hamburg für die Lampedusa-Flüchtlinge eine Menge Solidarität und HelferInnen gebe fehle dies für viele regulären Flüchtlingsunterbringungen in der Stadt. Der Erhalt eines P+R Parkplatzes oder einer Kleingartensiedlung werde von vielen AnwohnerInnen oft als wichtiger betrachtet als der Bau neuer Flüchtlingseinrichtungen. „Während ich morgens noch als Rechtsextremist und Law-and-Order Verfechter bezeichnet werde, weil ich sage, dass die Lampedusa-Flüchtlinge den weg eines geordneten Asylverfahrens gehen müssen, so werde ich Abends als Linker und Multi-Kulti-Anhänger bezeichnet, wenn ich bei Bürgerveranstaltungen für neue Flüchtlingsunterbringungen werbe“, prangert der Senator an. 

Einige GenossInnen kritisieren den Umgang des SPD-Senats mit der Flüchtlingsgruppe in der Öffentlichkeit. „Warum ist der Bürgermeister nicht mal in die St. Pauli Kirche gegangen, um selbst mit den Flüchtlingen zu reden“, fragt Juso-Landesvorsitzender Carl-Philipp Schöpe. Dies hätte eine ganz andere Symbolik gehabt und die Türen vielleicht geöffnet, meint Schöpe. Für Neumann keine Option: „Warum sollen wir belohnen, wenn jemand gegen Recht und Gesetz verstößt.“

Zeitgleich zum „Hafengespräch“ fanden am Schlump und später auf der Sternschanze erneut Spontandemonstrationen für ein Bleiberecht der Lampedusa-Gruppe statt. Die etwa 40 DemonstrantInnen trugen zwei große Banner mit der Aufschrift „Kein Mensch ist illegal“ und „No nation, no border, fight law and order“ mit sich. 

Kommentare anzeigen (3)

3 Kommentare

  1. Stefan

    29. Januar 2014 at 13:05

    Wer wie Neumann im Zusamenhang mit Lampedusa-Flüchtlingen von „Arbeitsmigranten“ redet, der muss sich nicht hinter angeblichen „Sachzwängen“ verstecken, sondern zeigt genau durch diese Äußerung, wessen geistes Kind er ist.

  2. David

    29. Januar 2014 at 17:07

    Wie bitte? Wenn tausende Menschen (friedlich! und auch bei Eiseskälte) demonstrieren gehen, ist das Erpressung?
    „Wenn Menschen aus Afrika sich in der Zeitung in seitenlangen Interviews damit brüsken, dass sie mit einem Touristenvisum hier sind, dann ist es doch logisch, dass wir eingreifen müssen“ Also logisch ist das nicht. Heißt das, dass Afrikaner nicht als Touristen nach Europa kommen sollen oder was? Obwohl, nach Neonazi-Logik machts ja doch Sinn, schließlich sind die Schwarzen ja geistig so zurückgeblieben, was sollen die schon mit unseren dollen Museen anfangen. Und auch die Behauptung, dass man ja nur Namen und Fluchtgeschichte angeben müsse, um hier Asyl zu erhalten, ist ja wohl offensichtlicher Blödsinn. Die Mehrzahl dieser Männer hat auf dem Weg nach Hamburg mindestens dem Umweg Italien gemacht, und wenn die Flüchtlinge das bestätigen, sitzen sie schon bald im Flieger nach Rom. Dass sie in Italien als Flüchtlinge anerkannt sind, ändert auch nichts an der katastrophalen Situation dort!

  3. Beobachter

    1. Februar 2014 at 14:21

    Soso. Laufend finden also „Spontandemonstrationen“ statt. Warum wird das hier so unkritisch berichtet? Es ist doch ganz offensichtlich, das diese Demonstrationen nicht spontan, sondern lediglich unangemeldet sind, und damit dem Versammlungsgesetz widersprechen.

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