Bunte Leuchtreklame strahlt in den Billstedter Nachthimmel. In rotem und blauem Neonlicht zeigen die Werbetafeln an, was den Besucher hier erwartet. Casino, Spielothek und Sports Bar nennen sich die Betriebe. Gelockt wird mit garantierten Gewinnen und Bonusgetränken. Geboten wird meist der Einstieg in Spielsucht und Absturz. Nächstes Jahr soll Billstedt um eine der zweifelhaften Attraktionen reicher sein. An der Möllner Landstraße 116 entsteht ein neuer Spielhallenkomplex. Größer, als alle bisherigen Spielhallen im Stadtteil wird er sein. Das Fundament ist bereits gegossen und der Bau nimmt Gestalt an. Doch in Billstedt brodelt es. Statt ohnmächtiger Wut entwickelt sich wütender Protest. Die Bürgerinnen und Bürger sind fest entschlossen für die Lebensqualität in ihrem Stadtteil zu kämpfen.
„Es ist jetzt notwendig Wut und Empörung in konkrete Aktionen gegen diese Spielhalle umzuwandeln“, sagt Uwe Böhm, engagierter Bürger in der Stadtteilinitiative „Hallo Billstedt“. Gemeinsam mit Politikern aller Parteien will die Initiative gegen das Bauvorhaben vorgehen. Am Mittwoch trafen sich Politiker und Bürger zu einem ersten Gedankenaustausch. „Die Politik hat rechtlich alle Möglichkeiten ausgeschöpft diese Spielhalle zu verhindern“, sagt Murat Gözay von den Grünen. „Alle Parteien sind sich jedoch einig die Bürgerproteste zu unterstützen“. Die Chancen der Politiker die Spielhalle zu verhindern waren von Anfang an sehr schlecht. Das Grundstück ist als Gewerbegebiet ausgewiesen. Nach dem geltenden Baurecht musste die Genehmigung erteilt werden. Bis zuletzt hatte es Gespräche mit dem Bauherren gegeben, um doch noch Wohnungsbau auf dem Gelände zu ermöglichen. Doch während im Hintergrund noch verhandelt wurde, rückten schon die Bagger an und schufen Tatsachen.
Damit will sich die Stadtteilinitiative nicht abfinden. „Wesentlich ist es jetzt, die Bürger zu informieren und Protest zu organisieren“, sagt Uwe Böhm. Mit Handzetteln und Flyern soll den Billstedtern nun verdeutlicht werden, was dort in ihrer Nachbarschaft gebaut wird. Viele Einwohner sind hierüber kaum informiert. Das Baustellenschild vor Ort ist ein nur schwer erkennbarer kleiner Zettel. Zeigen was passiert und Protest mobilisieren ist daher das Motto der Billstedter Initiative. „Unbedingt sollte auch die nahegelegene Moschee eingebunden werden“, sagt Hildegard Jürgens, Bürgerschaftsabgeordnete für Billstedt. „Es ist bekannt, dass insbesondere viele junge Migranten von Spielsucht betroffen sind“. Dem pflichtet Murat Gözay bei: „Viele Migranten sind von dem Problem berührt und der Großteil will sich an Protesten beteiligen. Das ist ein Problem, das den ganzen Stadtteil betrifft. Gemeinsam sind die Billstedter stark und können sich wehren“.
Die Politik in Stadt und Bezirk will es nicht bei Bürgerprotesten belassen. In der nächsten Bezirksversammlung wird ein interfraktioneller Antrag aller Parteien zum Thema Spielsucht eingebracht. Dadurch soll die Suchtberatung in den Stadtteilen verstärkt und den Betroffenen Zugang zu Hilfseinrichtungen erleichtert werden. Gleichzeitig wird die Bürgerschaft noch in diesem Jahr einen Gesetzesentwurf zu dem Problem der Spielhallen abschließend beraten. Nach bisherigen Planungen soll durch das Gesetz in festgelegten Gebieten ein Mindestabstand von 500 Metern zwischen Spielhallen festgeschrieben werden. Dies würde eine Verdichtung der Spielhallen, wie dies in vielen Stadtteilen wie Billstedt der Fall ist, erschweren.
Die Spielhalle in der Möllner Landstraße wird durch Anträge und Gesetze nicht mehr verhindert werden können. Die Billstedter wollen daher ihr Konzept der Information und des Protestes schnell in die Tat umsetzen. Bereits am 23. Oktober um 19:30 Uhr laden die Grünen zu einer Diskussionsrunde in die AWO Merkenstraße ein. Gemeinsam mit Wirtschafts- und Suchtexperten wollen die Abgeordneten dabei das Thema „Keine weiteren Zockerbuden in Billstedt“ besprechen. Eine Woche später am Dienstag den 30. Oktober um 17:30 Uhr will „Hallo Billstedt“ zum ersten Mal eine Mahnwache vor der Baustelle abhalten. Mit einer Email an BillstedtGegenSpielhallen@gmail.com können sich Bürgerinnen und Bürger in einen Informationsverteiler eintragen lassen. „Wir werden einen langen Atem brauchen, aber wer nicht kämpft hat schon verloren“, sagt Uwe Böhm. Hildegard Jürgens pflichtet ihm bei: „Es ist zu früh zu sagen, ob wir Erfolg haben werden. Aber je mehr Bürgerinnen und Bürger sich beteiligen, desto deutlicher setzen wir ein Zeichen gegen Spielhallen in unserem Stadtteil“.
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