Papierschiffchen. Kleine Papierschiffchen schwimmen über die Tische, beladen mit Buchstaben auf weißem Grund. Buchstaben, die sich zu Sätzen vermischen. Sätze die in keinem Buch zu lesen sein werden. Die Papierschiffchen bestehen aus verworfenen Entwürfen zu Daniela Chmeliks Debütroman „Walizka“. Gefaltet wurden die kleinen Literaturschiffe von Gästen der Release-Party am Mittwochabend, mit der die junge Hamburger Autorin das Erscheinen ihres Werkes gefeiert hat.
Grund zum Feiern gibt es reichlich, denn der Roman versprüht mit jeder neuen Seite den Duft von Fernweh, Liebe, Lachen und Traurigkeit. „Walizka“ ist polnisch und bedeutet übersetzt Köfferchen. Der Titel lässt sich auf unterschiedliche Weise auf den Inhalt des Buches übertragen. Die Handlung entfaltet sich um eine Reise von drei jungen Frauen über den Balkan. Köfferchen als Symbol für den Aufbruch in die Fremde. Chmelik breitet die Städte Osteuropas wie in einem literarischen Reiseführer vor dem Leser auf. Der Detailreichtum ihrer Beschreibung vermittelt das Gefühl selbst am Ufer der Donau oder auf dem Markt in Split zu stehen. „Vor ein paar Jahren bin ich mit einer Freundin selbst über den Balkan gereist. Einige Szenen des Romans stammen aus diesen Erfahrungen“, sagt Chmelik, die ihre Faszination für den Osten Europas zur Grundlage ihres Studiums der russischen Literatur gemacht und als Stipendiatin in Sarajevo gelebt hat.
Köfferchen deutet jedoch auch die Fülle an unterschiedlichen Gefühlen an, die Protagonistin Liza mit sich trägt. Mit kreativen Wortschöpfungen gelingt es der Autorin die Gefühlswelt der jungen Frau spürbar und erfahrbar zu machen. Der Leser möchte Liza in einem Wechselbad der Gefühle anschreien, für das was sie sich und anderen antut, mit ihr lachen, in jedem glücklichen Moment den sie erleben darf und sie letztendlich einfach in den Arm nehmen und festhalten für das, was ihr wiederfährt. „Ich bin eigentlich eine wahre Frohnatur“, sagt Chmelik, „auch wenn der Roman daher nicht autobiografisch ist habe ich die Gefühle von Liza dennoch vorempfunden oder kann sie nachfühlen.“
Ebenso spannend wie die Interpretation des Buchtitels ist seine Entstehungsgeschichte. Auf einer Lesung sollten Gäste Vorschläge für Titel und Titelbild des noch namenlosen Entwurfs machen. Einer der aushängenden Vorschläge für das Coverbild, war die Darstellung eines Koffers mit dem Titel „Walizka“. „Einer der Anwesenden hat versehentlich oder absichtlich den Titel des Bildes in die Liste für die Namensvorschläge eingetragen“, sagt Daniela Chmelik lächelnd. „Das gefiel mir so gut, dass ich diesen Titel ausgewählt habe.“
Drei Jahre hat Daniela Chmelik an ihrem Erstlingsroman gearbeitet und dabei jedes Wort und jede Formulierung sorgfältig ausgewählt. Für den Leser wird „Walizka“ daher zu einer Lektüre, die ihn nicht leicht wieder loslässt. Einmal begonnen, lässt sich das melancholische und doch so schöne Werk kaum wieder aus der Hand legen. Nachdem der Leser zusammen mit Liza geweint, gelacht und gelitten hat, wird er sicher noch ein zweites Mal in den wortgewaltigen Roman eintauchen wollen. Wann Daniela Chmelik ihre Leserschaft mit ihrem nächsten literarischen Kunstwerk beglücken wird, ist noch nicht absehbar. „Ich habe dauernd neue Ideen im Kopf, muss mich aber erst einmal um ein anderes Projekt kümmern, bevor ich wieder zu Stift und Papier greife“, sagt Chmelik.
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