Seit Dienstag dürfen die Mieterinnen und Mieter der Esso-Häuser ihre Balkone nicht mehr betreten. Nach der Feststellung erheblicher Mängel hat der Bezirk Hamburg-Mitte den Eigentümer, die Bayrische Hausbau, dazu aufgefordert die Balkone zu sichern. Die Esso-Häuser sind seit Jahren Streitobjekt auf St. Pauli, da die Bayrische Hausbau plant, die Häuser abzureißen.
Die Gutachter des Prüfbüros dr-architekten entdeckten die Mängel an den Balkonen bei einer Begehung der Esso-Häuser. Das Prüfbüro erstellt derzeit im Auftrag des Bezirks ein Gutachten über den Zustand der Wohnanlage. Aufgrund der Mängel dürfen die Balkone bis auf Weiteres nicht mehr betreten werden. „Es liegen erhebliche Mängel an den Balkonen und auch in den Häuserfluren vor“, bestätigt Sorina Weiland, Sprecherin des Bezirksamts Hamburg-Mitte. In den Fluren ginge es auch um Glasbausteine, die drohen würden herauszufallen. Bei den Balkonen bestehe sogar Absturzgefahr. „Der Eigentümer ist nun dazu aufgefordert worden, die Balkone abzusichern und der Absturzgefahr gegebenenfalls durch stützendende oder auch sanierende Maßnahmen zu begegnen“, sagt Sorina Weiland weiter.
Aus Sicht der Initiative Esso-Häuser verdeutliche die aktuelle Sperrung der Balkone, wie stark der Eigentümer die Instandhaltung der Wohnanlage vernachlässigt hat. „Wir haben es satt, dass die Eigentümer dieser Häuser seit Jahren ihrer Instandhaltungspflicht nicht nachkommen. Wir zahlen hier regelmäßig unsere Miete und haben ein Recht darauf, dass unsere Wohnungen und die Häuser instand gehalten werden. Wir fordern die Bayerische Hausbau auf, jetzt und sofort ihrer Instandhaltungspflicht nachzukommen“, sagt Julia Priani von der Initiative Esso-Häuser. Mit dem Vorgehen des Investors werde die Lebensqualität und auch Sicherheit der Mieterinnen und Mieter aufs Spiel gesetzt. „Es drängt sich der Verdacht auf, dass der Verfall der Häuser bewusst in Kauf genommen wird, um durch Abriss und Verdreifachung der Bruttogeschoßfläche den Profit der Immobilienunternehmens zu maximieren“, lässt die Initiative Esso-Häuser in einer aktuellen Pressmitteilung verlauten.
Darüber hinaus warnt die Initiative vor falschen Rückschlüssen vom Zustand der Balkone auf die Standfestigkeit der Häuser im Allgemeinen. „Wenn man mit wachsamen Auge beispielsweise durch Eppendorf spaziert, erkennt man, dass unglaublich viele Balkone von Gründerzeitgebäuden saniert werden, ohne dass die Substanz der Gebäude an sich in Frage gestellt wird“, sagt Volker Schmidt von der Architekturwerkstatt. Schmidt berät die Initiative seit längerem in architektonischen Fachfragen.
Die Bayrische Hausbau hat die sogenannten Esso-Häuser am Spielbudenplatz 5 bis 13 auf St. Pauli bereits 2009 erworben. Seit dem steht der Abriss der Gebäude zur Diskussion. Die Bayrische Hausbau will den Gebäudekomplex abreißen, um an dieser Stelle neue Wohnungen zu bauen. Die Initiative Esso Häuser fürchtet, dass die Mieten nach einem Neubau für derzeitigen Bewohnerinnen und Bewohner der Wohnanlage am Spielbudenplatz nicht mehr bezahlbar sein werden.
Titelfoto: Irene Bude
Foto im Text: Initiative Esso-Häuser
Pingback: Die Esso-Häuser: „Eine quicklebendige Legende“ | Mittendrin | Das Nachrichtenmagazin für Hamburg-Mitte
Pingback: Eilmeldung: Esso-Häuser evakuiert | Mittendrin | Das Nachrichtenmagazin für Hamburg-Mitte