Am Montag haben Vertreter der MieterInnengessenschaft Karolinenviertel 550 Unterschriften an Dirk Kienscherf (SPD) übergeben. Am Mittwoch soll die Bürgerschaft über die Veräußerung der städtischen Immobilien an die SAGA GWG entscheiden. Mit den Unterschriften wollen die Bewohnerinnen und Bewohner sich deutlich gegen einen Verkauf der Wohnungen positionieren.
550 Unterschriften nahm Dirk Kienscherf, Wohnungspolitischer Sprecher der SPD, am Montag von Vertreterinnen und Vertretern der MieterInnengenossenschaft Karolinenviertel entgegen. Mit den Unterschriften aus dem Stadtteil soll der aktuellen Stimmungslage über den Verkauf der städtischen Wohnungen im Karolinenviertel Nachdruck verliehen werden. 550 der direkt betroffenen Mieterinnen und Mieter aus den 900 städtischen Wohnungen fordern mit ihrer Unterschrift den Stopp des Verkaufs, die Offenlegung des Kaufvertrags, eine genossenschaftliche Lösung und eine soziale Mietobergrenze. Schon am Mittwoch stimmt die Bürgerschaft über den Verkauf der Wohnungen an die SAGA GWG ab.
Die Vertreter der MieterInnengenossenschaft Karolinenviertel vertrauen nicht auf die durch den Senat versprochene Mietsicherheit nach einem Verkauf der Wohnungen an die SAGA GWG. Insbesondere kritisiert die Genossenschaft, dass sich die Diskussion bisher vor allem um finanzielle Aspekte und nicht um die soziale Situation der Mieterinnen und Mieter gedreht habe. „Es ist bereits jetzt klar, dass die SAGA GWG das Geld für den Kauf der Wohnungen über die Mieten wieder reinholen wird“, sagt Christoph Rauch aus dem Vorstand der MieterInnengenossenschaft Karolinenviertel. Diese Befürchtung bestehe vor allem deshalb, weil sich die SAGA GWG bei Mieterhöhungen am Mittelwert des Mietenspiegels orientiere. „Auch ich werde mir meine Wohnung nicht mehr leisten können“, sagt Rauch auch zu Dirk Kienscherf (SPD) bei der Übergabe der Unterschriften im Rathaus. Auch andere Vertreter der MieterInnengenossenschaft und Bürgerinnen und Bürger aus dem Stadtteil bekräftigen diese Sorge. Es bestehe die Angst, dass viele der bisherigen Bewohnerinnen und Bewohner der städtischen Wohnungen nach einem Verkauf an die SAGA GWG aus dem Karoviertel verdrängt werden. Dies zerstöre die soziale, kreative und künstlerische Struktur des Stadtteils. Dirk Kienscherf nahm die Unterschriften entgegen, machte jedoch deutlich, dass auch die 550 Unterschriften die Abstimmung am Mittwoch wohl nicht verhindern werden. „Sie wissen, wie wir dazu stehen. Wir werden einem Verkauf an die SAGA GWG zustimmen“, sagt Kienscherf.
Schon im Vorfeld hat der Vorstand der MieterInnengenossenschaft Karolinenviertel einen Brief an alle Bürgerschaftsabgeordneten geschickt. Die Mieterinnen und Mieter fordern darin, die Abstimmung am 13. Februar 2013 auszusetzen. Aus ihrer Sicht besitzt der Vertrag insbesondere im Hinblick auf die Mietpreisbindung der Wohnungen Mängel. Viele Bewohnerinnen und Bewohner befürchten die Verdrängung aus dem Karolinenviertel. „Leider haben wir wenig Hoffnung, dass wir die Abstimmung am Mittwoch noch kippen können“, sagt Andreas Gerhold aus dem Aufsichtsrat der MieterInnengenossenschaft Karolinenviertel. Die Genossenschaft kritisiert insbesondere, dass die Stadt nie ernsthaft mit ihnen verhandelt habe. „Wie unsere 550 gesammelten Unterschriften zeigen, haben sich mehr als die Hälfte aller Mietparteien gegen den Verkauf an die SAGA GWG ausgesprochen“, sagt Christoph Rauch. Dies begründe sich vor allem daraus, dass aus den meisten Wohnungen immer nur eine Mieterin oder ein Mieter unterschrieben habe. Insgesamt leben rund 2000 Menschen in dem Gebäudekomplex. „Das Viertel steht auf der Kippe, diese Erfahrung habe ich beim Unterschriften-Sammeln gemacht“ sagt Susanne Sippel, Mitglied der Genossenschaft. „Viele können sich schon jetzt ihre Wohnung nicht mehr leisten, denn die Mieten sind in den letzten Jahren massiv gestiegen. Die Menschen sind zum gezwungen wegzuziehen. Die Verdrängung ist bereits im vollen Gange.“
Titelbild: Isabella David / auf dem Bild v.l. Dirk Kienscherf (SPD) und Christoph Rauch (MieterInnengenossenschaft Karolinenviertel)
Bild 2: Martin Heger, ©creative commons (by-sa-nc)
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