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Artville – ein urbanes Festival der besonderen Art

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Ein Kubus, der Homers Odyssee mit der Beatgeneration in den USA verbindet. Eine Datenzentrale, die in Datingportal-Manier, Künstler und Besucher zusammenbringen will. Auf dem diesjährigen MS Artville Festival erwartet die Besucher eine Kunststadt.

Von Philip Kaleta

Das MS Artville lockt auch in diesem Jahr Kunst- und Musikbegeisterte mit dem Konzept  der „urban Art“ im öffentlichen Raum. Das Artville (früher Dockville Kunstkamp) erhebt aus der Verbindung der Themen Kunst und Stadt den Anspruch, eine Kunststadt zu sein, die aus der Reflektion und dem Diskurs der beteiligten Künstler erwächst. Die Kunstobjekte, die dabei entstehen, sollen im Verlauf der vier Festivalwochenenden eingeweiht werden. Zum Richtfest am Sonnabend war also erst eine überschaubare Zahl an Kunstobjekten fertiggestellt.

Keine selbsterklärende Kunst

Wenn ein Vertreter des Hamburger Kollektivs Krautzungen die Geschichte erzählt, die zur Entstehung ihres Kunstwerkes, dem Kubus, geführt hat, wirkt es geradezu methodisch. Das ist vor dem Hintergrund interessant, dass viele der ausgestellten Kunstwerke auf dem Artville nicht selbsterklärend sind, auch nicht der Kubus. Das sollen sie laut Krautzungen auch nicht sein.

Der Kubus, ein weißes Schachtelhaus, auf den man unmittelbar bei dem Betreten des Festivalgeländes stößt, vereint Homers Odyssee vom Trojanischen Krieg und die „Cut Up“-Methode, die innerhalb der Beatgeneration der fünfziger Jahre in den USA sehr beliebt war.  Die „Cut Up“-Methode ist bekannt als Schreibtechnik, bei der inhaltsfremde Texte zusammengeschnitten werden und sich daraus ein neuer Text mit neuem Sinn ergibt. Über die logischen Bruchstellen,  an denen die Texte zusammengeklebt wurden, wird hinweggelesen.

Das Kollektiv hat diese Methode in seine Kunst eingefügt, um die vorherrschende Verschmelzung von Politik, Literatur, Medien und Wirtschaft zu visualisieren. Die Verbindung zu Homers Odyssee besteht darin, dass das trojanische Pferd der Bote sein soll, der die Verschmelzung der besagten Bereiche versteckt in die Gesellschaft führt. Realisiert hat der Künstler dieses Vorhaben, indem er ein Luftballonpferd an der Decke des Kubus befestigte und auf dessen Boden einen riesigen Haufen Zeitungsschnipsel anhäufte, die sich aus den jeweiligen Politik-, Wirtschafts- und Feuilletonteilen zusammensetzen. Diese Schnipsel werden anschließend von einem Ventilator durcheinander gewirbelt.

Zwischen Kunst und Wissenschaft

Will man sich von dem Kubus aus dem Epizentrum der House-Beats nähern, die das Festivalgelände beherrschen, stößt man auf das Kunstwerk der „Datenzentrale“, einem Highlight des diesjährigen MS Artville. Sie wird von dem Performance-Kollektiv Wölfe & Kabel aus Hildesheim betrieben, welches sich mit dem Thema der Vernetzung und der Frage, welche Daten man in Zeiten von Überwachung und NSA von sich Preis gibt, beschäftigt.

Die Artville Besucher können anhand der eigens vom Kollektiv entwickelten Software, die auf einem Retrocomputer in der Datenzentrale bedienbar ist, den Künstler heraussuchen, mit dem sie am meisten Schnittmengen haben. Für die Offenlegung ihrer Daten bekommen sie ein „match-and-meet“ mit dem jeweiligen Künstler. Das Kollektiv vergleicht diese Methode mit derjenigen, die von Datingportalen genutzt wird.

Es geht weiter

In den kommenden Tagen geht es auf dem Artville weiter:Heiß begehrt ist dabei der „verwunschene Pfad“, welcher dekorativ ausgestattet durch ein kleines Fleckchen Wald zu einer Bar führen soll.

Das Queer-Event „Vogelball“ am 2. August ist außer der Finissage eines der Highlights des Artville und gilt als Publikumsmagnet. Es werden 2000 Besucher erwartet, die sich in der Datenzentrale als Vögel verkleiden und zu House und Minimal feiern werden. Der Vogelball dient als inoffizieller „Ausgleich“ zum zeitgleich stattfindenden Hip-Hop-Festival „Spectrum“.

Am 8. August endet das MS Artville. Anlässlich der Finissage am nächsten Tag werden alle Kunstobjekte des Artville ein letztes Mal offiziell von den Künstlern vorgestellt.

Was? “Artville”-Festival

Wann? 19. Juli bis 08. August

Wo? Dockville-Gelände, Alte Schleuse 23

Eintritt? 4 – 8 Euro

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