Werbung, Kunst, Musik, Literatur – die Medienlandschaft in Hamburg ist vielfältig, rund 14.000 Unternehmen arbeiten hier in der Branche. Darunter auch zahlreiche Verlage. In unserer Literaturreihe stellt Mittendrin euch heute das Hamburger Verlagswesen vor – wer publiziert hier eigentlich? Ein Über- und Einblick.
Veröffentlicht am 04. Juni 2014
Bei einem Spaziergang durch Hamburgs Innenstadt fallen die Namen großer Pressevertreter ins Auge: Gegenüber der Petrikirche prangert groß „Die Zeit“ auf dem Backstein ihres Pressehauses. In der Hafen-City steht ein 13-stöckiges Hochhaus mit Glasfassade und umgeben von Wasser. In roten Buchstaben steht „Der Spiegel“ über dem obersten Stockwerk. In der Nähe der Deichtorhallen ragt der weiß-grüne Heißluftballon mit der Aufschrift „Das liest ganz Hamburg – Hamburger Abendblatt“ über die Dächer. Das Verlegen von Medien hat in Hamburg Tradition. Viele der großen deutschen Verlagshäuser sind in Hamburg angesiedelt oder wurden hier gegründet. Ein Verlag ist ein Unternehmen, das Werke unter anderem aus den Bereichen Literatur, Kunst, Unterhaltung oder Wissenschaft vervielfältigt und verbreitet. Das Verlagswesen in Hamburg umfasst Bücher und Comics sowie überregionale und lokale Zeitschriften und Zeitungen. Ein Über- und Einblick:
(1) Bücher und Comics
Das Spektrum der Hamburger Verlage reicht von Comics, Belletristik über Fachzeitschriften, Kinderbüchern bis hin zu Prosa und Romanen. Einige Verlage sind auf Zielgruppen wie Homosexuelle, Kinder oder Akademiker spezialisiert, andere konzentrieren sich auf die Förderung von Nachwuchsschriftstellern oder bieten eine breite Palette an verlegten Werken. Die längste Tradition hat der Verlag Hoffmann und Campe. Er wurde 1781 in der Hansestadt gegründet und hat im 19. Jahrhundert vor allem Werke junger, liberaler Dichter aus der Bewegung „Junges Deutschland“ wie Heinrich Heine verlegt. Gegenwärtig dominieren politische Sachbücher wie die von Helmut Schmidt („Mein Europa“, 2013, „Zug um Zug“, 2011) und Hans-Dietrich Genscher („Brückenschläge“, 2013). Aber auch Autobiografien von Gerhard Schröder („Entscheidungen“, 2006), Arnold Schwarzenegger („Total Recall“, 2012) oder Wolfgang Joop („undressed“, 2013) und Belletristik internationaler und deutscher Autoren zum Beispiel Siegfried Lenz. Wenige Meter vom Die Zeit Pressehaus hat der Murmann Verlag seinen Sitz und publiziert seit 2004 pro Jahr circa 20 Sachbücher mit Schwerpunkt auf aktuelle wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen.
Pixi, Pipi und die Schlümpfe fanden ihren Weg nach Deutschland über Hamburg
Zu den Verlagen aus dem Bereich Kinderbuch und Comics, die in Hamburg gegründet wurden, zählen unter anderem der Tessloff Verlag (1946) und die Verlagsgruppe Friedrich Oetinger (1956), die trotz Kritik „Pipi Langstrumpf“ verlegte. Auch der Carlsen Verlag bedient diese Sparte. 1953 wurde er als Tochterunternehmen eines dänischen Verlags gegründet und gehört zum schwedischen Medienunternehmen Bonnier AB. Bereits ein Jahr nach der Gründung wurden die Pixi-Bücher im Miniaturformat publiziert. Auch „Tim und Struppi“ und „Die Schlümpfe“ fanden durch den Carlsen Verlag ihren Weg zum deutschen Buchhandel. Heute gehört der Verlag zu den drei größten deutschen Comicbuch-Verlagen. Seit 1998 werden die „Harry Potter“-Bücher im Carlsen Verlag publiziert. Der Kleinverlag veröffentlicht Bücher und Hörspiele aus dem Fantasy-Bereich. Für Bühnen- und Musikstücke bietet der Verlag Whale Songs eine Plattform in Hamburg. Reiseliteratur findet sich in Hamburg unter anderem im Ellert & Richter Verlag (neben Ratgebern, Krimis und Belletristik) und im Traveldiary Verlag. Elfen, Vampire und Geisterjäger finden im Zaubermond-Verlag ihre Verbreitung.
Liebe Liebe,
auch du bist im Hamburger Verlagswesen in all deinen Formen vertreten. Mit 94 Prozent Marktanteil liegt der Cora Verlag mit Sitz in Hamburg auf Platz eins im Bereich der Liebesromane in Deutschland. „Queerpass“ (Tim Seng) und „Zerrissenes Herz“ (Marc Förster) sind zwei Titel aus dem Himmelstürmer Verlag. Seit 1998 werden hier und im MännerschwarmSkript Bücher für und über gleichgeschlechtlich Liebende als E-Book und in Print verlegt. Das Programm umfasst schwule Belletristik, Sachbücher und Coming-Out-Romane. Der Charon-Verlag wurde 1991 in Hamburg gegründet und ist der größte Verlag aus dem Bereich BDSM (Sammelbegriff für sexuelle Vorlieben, auch Sadomasochismus). Er veröffentlicht Fachliteratur, Ratgeber wie das „SM Handbuch“ und „Bondage Handbuch“, die jeweils eine Auflage von über 50.000 Stück hatten, Zeitschriften und Sammlungen von Kurzerzählungen.
Was für ein E-Book darf es denn sein? Single, Album oder Longplayer?
CulturBooks – Elektrische Bücher ist ein literarischer E-Book-Verlag mit Sitz Hamburg und wurde in Berlin gegründet. Im Oktober 2013 erschienen die ersten zwanzig Titel mit dem Schwerpunkt auf zeitgenössischer Prosa. Die Bücher werden dabei in Formaten veröffentlicht, die an die Musikbranche angelehnt sind: Einzelne Erzählungen, Kurzgeschichten, Essays als Singles, ab fünfzig (konventionellen) Druckseiten als Maxis, Sammlungen von Kurzgeschichten oder Essays als Alben, Romane und Sachbücher als Longplayer. Ausgenommen deutsche Literatur von Prosa, Essays, Künstlerbüchern bis zum Roman wird im Textem Verlag publiziert. Der Print-Verlag ist 2004 aus einer Internetplattform mit Literatur- und Kunstrezensionen von Autoren. 2004 wurde aus dem Internetprojekt auch ein Print-Verlag. Seit 2006 gibt es das Printmagazin „Kultur & Gespenst“. Der Textem Verlag kooperiert u. a. mit dem Kunstverein Harburg und dem Materialverlag der Hochschule für bildende Künste Hamburg. Mairisch ist ein Independent-Verlag, der vor allem junge Autoren im Bereich der Belletristik fördert und einen zweiten Schwerpunkt in der freien Hörspielszene hat. 2006 wurde der mairisch Verlag mit der Verlagsprämie der Hamburger Kulturbehörde für besonders engagierte Verlagsprogramme ausgezeichnet. Neben Planten un Blomen beim Holstenwall haben in-cultura ihren Sitz. 1992 begannen sie als reiner Verlag, der mittlerweile Journale und Bücher zu Kultur, Kunst und Geschichte herausgibt, Kunstausstellungen veranstaltet und Immobilienprojekte verwaltet.
Nun wird’s politisch, und wissenschaftlich
Politische Literatur wird seit 2009 im Laika Verlag, der in der Bibliothek des Widerstands Bände zur Geschichte linker Bewegungen herausgibt und Assoziation A, der seine Schwerpunkte auf den Widerstand im Nationalsozialismus, Linke Theorien und Debatten und Lateinamerika legt, publiziert. Im linken Spektrum ist der VSA Verlag angesiedelt. Er publiziert Werke zu aktuellen politischen Themen, Gewerkschaften, Gesundheit, Geschichte und der Stadt Hamburg. Politische Literatur wird seit 2009 im Laika Verlag, der in der Bibliothek des Widerstands Bände zur Geschichte linker Bewegungen herausgibt und Assoziation A, der seine Schwerpunkte auf den Widerstand im Nationalsozialismus, Linke Theorien und Debatten und Lateinamerika legt, publiziert. Im linken Spektrum ist der VSA Verlag angesiedelt. Er publiziert Werke zu aktuellen politischen Themen, Gewerkschaften, Gesundheit, Geschichte und der Stadt Hamburg. Fachbücher und wissenschaftliche Texte finden ihre Verleger in Hamburg unter anderem im Diplomica Verlag, seinem Imprint dem Igel Verlag, im Helmut Buske Verlag (Sprachwissenschaft), Felix Meiner Verlag, Junius Verlag (beide Philosophie), Verlag Dr. Kovač (akademische Fachliteratur) und in der Europäischen Verlagsanstalt (umfasst heute Philosophie, Politik, Hansekrimis), die 1946 mit dem Ziel anspruchsvolles gesellschaftskritisches Gedankengut im Namen der Aufklärung herauszugeben, gegründet wurde.
(2) Zeitungen und Zeitschriften: Von A bis Z
Hamburg hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg zum Zentrum der Presse entwickelt und gilt weiterhin als der wichtigste Sitz der deutschen Printmedien. So sind in der Hansestadt lokale Medien wie das Hamburger Abendblatt bis hin zu überregionalen Zeitungen wie Die Zeit ansässig. Die überregionale Wochenzeitung Die Zeit 1946 und deren Online-Ausgabe wurden in der Hansestadt gegründet. Der Spiegel-Verlag vertreibt mit „Der Spiegel“ das wöchentliche Nachrichtenmagazin mit der höchsten Auflage in Deutschland und Europa. „Der Spiegel“ als auch „Spiegel Online“ haben in Hamburg seit 1952 ihren Sitz. Europas zweitgrößtes Druck- und Verlagshaus, Gruner + Jahr wurde in der Hansestadt gegründet und hat seinen Unternehmenssitz am Baumwall. Heute gehören ihm rund 500 Print- und Onlinemedien weltweit an unter anderem Stern, Brigitte und Geo. Im gleichen Jahr wie Gruner + Jahr wurde auch der Axel Springer Verlag in Hamburg wie dessen Tageszeitungen Die Welt und die Bild-Zeitung (beide 1952). Heute ist der Hauptsitz in Berlin. In Hamburg sind weiterhin die Redaktionen für die Lokalteile und lokale Zeitungen ansässig. Die Bauer Media Group wurde 1875 in Hamburg gegründet, publiziert über 300 Zeitschriften und ist Marktführer bei Programmzeitschriften und bei den wöchentlich erscheinenden Frauen- und Jugendzeitschriften (darunter die „Bravo“). Der Hamburger Jahreszeiten Verlag verlegt über zehn Zeitschriften verlegt wie das Reisemagazin „Merian“ und die Frauenzeitschrift „Für Sie“.
Greenpeace und Meer
Hamburg beheimatet neben den Riesen der Printmedienkonzernen auch viele kleinere Verlage für Fachzeitungen und Zeitschriften aus unterschiedlichen Bereichen. Die Wirtschaftszeitschrift brand eins befindet in der historischen Altstadt Hamburgs. In der Speicherstadt sitzt der mare Verlag, der seit 1996 mit Themen rund um das Thema Meer widmet. In der Großen Elbstraße hat das Greenpeace Magazin seinen Sitz. Weiterhin sind die Redaktionen von Men’s Health, PAGE, Coupé und des OK! Magazins in Hamburg vertreten.
(3) Hinz&Kunzt, lokale Zeitungen und Zeitschriften
Zahlreiche Tageszeitungen haben mindestens eine Lokalredaktion in der Hansestadt. Dominierend sind dabei Axel-Springer-Publikationen: Das Hamburger Abendblatt mit einer Auflage von fast 200.000 Stück, die Hamburger Ausgabe der Bild, Die Welt und Welt am Sonntag. Die Boulevard Zeitung Hamburger Morgenpost wird mit einer täglichen Auflage von fast 100.000 Exemplaren verkauft. Nicht zu vergessen ist der gemeinnützige Verlag Hinz&Kunzt GmbH, dessen Straßenmagazin „Hinz&Kunzt“ fast jedem Hamburger bekannt sein dürfte. Seit 1993 wird das Magazin von wohnungs- und obdachlosen in Hamburg vertrieben. Es ist mit einer Auflage von 60.000 die auflagenstärkste Straßenzeitung in Deutschland.
Die genannten Verlage sind nur eine kleine Auswahl aus der Vielzahl der Verlage, die in Hamburg ansässig sind. Dennoch bleibt zu erwähnen dass viele, auch traditionsreiche Verlage in den letzten Jahren Konkurs angemeldet haben, übernommen wurden oder ihren Sitz von Hamburg in eine andere Stadt verlegt haben. So zum Beispiel der Claassen Verlag, der 1934 in Hamburg gegründet wurde und mit „Moby Dick“ und „Vom Winde verweht“ Bestseller herausbrachten. Oder die Harburger Anzeigen und Nachrichten, die 1844 gegründet wurden und waren bis zu ihrer Einstellung im September letzten Jahres die älteste Hamburger Tageszeitung waren.
Foto: Carolin Wendt
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