Kultur

Ausstellung zu „hh2112“ im St. Pauli Museum: Verpatzter Frühstart

Kultur
Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Eine Ausstellung über ein Ereignis zu präsentieren, das gerade eine Woche zurückliegt und aktuell noch diskutiert wird, ist mutig. Besonders hoch ist daher die Notwendigkeit die Ereignisse einzuordnen und zu erklären. Das gelingt dem St. Pauli Museum mit der Ausstellung „hh2112“ leider nicht, findet unser Autor.

Der 21. Dezember hat die politische Landschaft in Hamburg erschüttert, wie kein anderes Ereignis des vergangenen Jahres: Ein weiträumiges Gefahrengebiet, tägliche Proteste, wachsendes Misstrauen gegenüber der Polizei und zunehmende Kritik am Regierungsstil des Senats waren nur einige der Folgen, welche die Stadt bis heute beschäftigen. Gerade aufgrund der politischen Brisanz und der weiter bestehenden Aktualität des Themas, ist es ein mutiger Schritt des St. Pauli Museums den Ereignissen und Folgen des 21. Dezember bereits jetzt eine Ausstellung zu widmen. Leider gelingt die Umsetzung den Organisatoren nicht gut genug, um dem komplexen Thema gerecht zu werden.

Ausführliche Informationen

Die Ausstellung besteht aus einer breit gefächerten Übersicht der Berichterstattung zum Thema. Dabei liegt der Fokus der Präsentation nicht so sehr auf dem 21. Dezember selbst, sondern auf dem Gefahrengebiet, das als Resultat der Krawalle von der Polizei auf St. Pauli und in der Sternschanze eingerichtet wurde. Das St. Pauli Museum lässt neben den großen Medien auch kleine Magazine und Blogs zu Wort kommen. Ergänzt werden die Berichte von Einträgen aus Sozialen Netzwerken und Bildern aus dem Stadtteil, die mit dem Gefahrengebiet in Zusammenhang stehen.

Insgesamt schafft es das Museum so eine wirklich gut und aus verschiedenen Perspektiven über die Folgen des 21. Dezember zu informieren. Dass nicht nur etablierte Medien gezeigt werden, trägt besonders dazu bei die unterschiedlichen Ansichten über das Gefahrengebiet kennenzulernen. Der Besucher kann sich so aus den verschiedenen Blickwinkeln eine eigene Meinung zu den Ereignissen bilden. Dabei ist jedoch ungünstig, dass der Schwerpunkt der Ausstellung auf das Gefahrengebiet gelegt wurde – die politisch ebenfalls sehr brisanten Vorgänge des 21. Dezember bleiben weitgehend unbeachtet.

Ein Museum muss mehr leisten

Das St. Pauli Museum bietet einen sehr guten Überblick über das Gefahrengebiet. Leider fehlt eine Erläuterung und Einordnung der Texte und Bilder vollständig. Gerade weil der Gesamtkontext des 21.Dezember und seiner Folgen durch die politische Debatte zu diesem Zeitpunkt noch nicht von allen Punkten beleuchtet wurde, fällt es schwer eine Einordnung vorzunehmen. Der mutige Schritt der frühen Ausstellung wird so zu ihrem größten Fehler. Der Museumsbesucher wird mit den umfangreichen, teils widersprüchlichen Informationen alleine gelassen. Ohne Kenntnisse des Gesamtzusammenhangs kann man sich die Texte und Bilder kaum erschließen. Zumal weder die Ereignisse des 21. Dezember selbst, noch die Vorgeschichte mit allen beteiligten Akteuren erläutert werden.

Eine Bildergallerie mit Protestbildern, Videobeiträge mit unkommentierten Szenen von Zusammenstößen der DemonstrantInnen mit der Polizei und eine schlichte Klobürstendekoration tragen zur Verwirrung der Besucher bei. „Warum stehen da Klobürsten“, fragt unseren Autor ein Tourist, der die Ausstellung betrachtet. Ohne eine gründliche Erläuterung des Kontexts und der einzelnen gezeigten Bilder und Texte, kann ein Besucher, der die Ereignisse nicht detailliert verfolgt hat, kaum verstehen worum es in der Ausstellung genau geht. Manchem wird es sogar schwer fallen von den Bildern direkt auf das Gefahrengebiet zu schließen. Auch warum gerade diese Bilder eines Künstlers im Rahmen der Ausstellung gezeigt werden, bleibt unklar. Für eine Sammlung an Berichten ist das Gezeigte sehr umfangreich. Ein Museum muss jedoch mehr leisten und jedem Besucher zumindest ein grundlegendes Verständnis ermöglichen.

Hinweistafeln sind dringend geboten

Den 21. Dezember thematisieren zu wollen, ohne die gezeigten Texte und Bilder zu erläutern ist schwierig. Das Thema ist komplex und vielschichtig und bedarf einer gründlichen fachlichen Erläuterung, um das Gezeigte erstens verstehen und zweitens einordnen zu können. Das gelingt dem St. Pauli Museum nicht. Aufgrund des frühen Ausstellungszeitpunktes ist es natürlich nicht möglich eine abschließende Analyse vorzulegen, ein paar Hinweistafeln mit Erläuterungen zur Vorgeschichte und den gezeigten Objekten sind jedoch dringend geboten. Ohne derartige Erläuterungen wird die Ausstellung den Anforderungen an ein Museum kaum gerecht, sondern bleibt eine schlichte Sammlung thematisch passender Texte und Bilder.

Klicken um Kommentar zu schreiben

Artikel kommentieren

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Mehr in Kultur

Bothmer-Nosferatu+

Kulturtipp: Nosferatu zu Gast in der Laeiszhalle

Judith Behnk3. März 2016
Ausstellungsansicht "Geniale Dilletanten - Subkultur der 1980er Jahre in Deutschland"

„Geniale Dilletanten“: Experimente zwischen Lärm und Klang

Judith Behnk5. Februar 2016
moritz_neumeier_by_mathias_becker_02

Im Kern verrückt, die Hülle immer wieder neu – der Hamburger Comedy Pokal 2016

Felix Rasmus Willeke3. Februar 2016
Valerie Bayol

Künstlerporträt: Valérie Bayol – Von Hexen, Zauberern und Drachen in St. Georg

Judith Behnk28. Januar 2016
Gefahrengebiete und andere Hamburgensien

Tipp der Woche: „Gefahrengebiete und andere Hamburgensien“

Isabella David15. Dezember 2015
Asyland Hamburg

Tipp der Woche: Mit „Asyland“ die Perspektive wechseln

Isabella David8. Dezember 2015
Kraftwerk Bille - Hallen

Producers Artfair: „Ein Labor des Austausches“

Judith Behnk9. September 2015
Peotry Slam, Patrick Salmen, Foto: Jelena Malkowski

Weltrekord: Größenwahnsinniger Poetry Slam

Jelena Malkowski28. August 2015
"Kampf der Künste"-Moderator Michel Abdollahi im vollbesetzten Schauspielhaus (Foto: Jan Brandes).

Weltrekordversuch im Dichterwettstreit

Jelena Malkowski26. August 2015

Rund um Billstedt, Billbrook und Horn atmet die grüne Lunge der Stadt. In Hamm, Rothenburgsort, Borgfelde, Hammerbrook, St.Georg, der Alt- und Neustadt, und auf St. Pauli riecht und schmeckt man Hamburg an jeder Straßenecke. Die Hafencity glänzt und glitzert im Schatten der dicken Pötte und Kräne.

Die andere Seite der Elbe auf der Veddel, in Wilhelmsburg, auf dem Kleinen Grasbrook, in Steinwerder, Waltershof, Finkenwerder und auf der Insel Neuwerk lässt hanseatische Tradition spürbar werden.

Das ist Hamburg-Mitte, unser Bezirk inmitten einer lebhaften Stadt. So vielfältig wie seine Bewohner sind die Geschichten, die wir erzählen.

Mittendrin ist Name und Programm – täglich sind wir unterwegs und bringen euch spannende Reportagen, aktuelle Lokalnachrichten und ausdrucksstarke Bilder und Videos aus Hamburgs bunter Mitte.

Hamburger Geschichten

© 2012 - 2015 Mittendrin | Alle Rechte vorbehalten. Impressum - Umsetzung Politikwerft Designbüro.