Am Sonntag feierte das Kindertheaterstück „Doktor Faust“ in der Honigfabrik in Wilhelmsburg Premiere. Ein großer Spaß – nicht nur für die jüngeren Zuschauer.
Kurz vor Premierenbeginn sind am Sonntag laute Kinderstimmen aus dem Theatersaal der Honigfabrik in Wilhelmsburg zu hören. An der Kasse davor kaufen die letzten Eltern mit ihren Kindern Karten für das Wilhelmsburger Wintermärchen „Doktor Faust“. Kurz nach 15 Uhr gehen im Saal die Lichter aus und Stimmen erklingen dem Nichts: „Wie viele Bücher hat er gelesen, Doktor Faust? Alle!“. Die Bühne ist noch leer, doch die Kinder sind sofort ruhig.
Prolog im Himmel
Der graue Vorhang fällt und gibt die Sicht auf einen großen Rahmen auf der Bühne frei. In ihm schweben drei weiße Engelspuppen und singen vor dem blauen Himmelshintergrund „So schön ist die Welt, es macht so Spaß auf der Welt zu sein.“ Kinder lachen auf. Plötzlich ertönt ein gehässiges Lachen, Mephisto erscheint als schwarze Handpuppe und Gottes Stimme donnert durch den Theatersaal. Szenenwechsel: Ein Mann mit grauer Wollweste und moosgrünem Wollschal sitzt an einem kleinen Tisch und stützt seinen Kopf in die Hände. Er klagt: „Mein Kopf ist voll, mein Herz ist leer.“ Kurz darauf beschwört er Mephisto herauf. Der taucht dieses Mal in Menschengestalt mit weißem Gesicht, rot unterlaufenden Augen und ganz in schwarz gekleidet auf. Er krümmt seine blassen Finger, als er seine Hand dem Faust entgegenstreckt, um den berüchtigten Pakt zu schließen: Faust verkauft seine Seele für das Versprechen, einen Moment reinen Glückes zu erleben.
„Gut pariert Herr Doktor Faust, der muss nicht mehr ins Krankenhaus“
Der Stoff des Faust ist ein Literaturklassiker. Die Theatergruppe Theaterbox hat ihn als Wilhemsburger Wintermärchen kinderfreundlich auf die Bühne gebracht. Die drei Hauptprotagonisten Mephisto, Faust und Gretchen treten abwechselnd als reale Personen und als Handpuppen in Erscheinung. Die Adaption hält sich nahe am Originaltext: Die Verse stammen weitgehend aus dem Buch, Passagen wie „es irrt der Mensch so lang er strebt“ und die Orte der Handlung und Protagonisten werden beibehalten. Doch wenn aus Auerbachs-Keller leise Technomusik erklingt, Mephisto mit der Einlassdame, die eine Sonnenbrille mit kleinen Flamingos am Bügel trägt, vor einer Mini-Diskokugel tanzt, oder der jung gewordene Faust am Bühnenrand sitzt und mit den Beinen baumelnd ein Trinkpäckchen trinkt, dann wird damit der Nerv des jungen Zielpublikums getroffen. Das Stück bietet den Kindern Abwechslung. Als die Puppen Gretchen und Faust näher zusammen rücken und der erste Kuss in der Luft liegt, ist kein Laut aus dem Publikum zu hören. Die Kinder sitzen still und schauen mit großen Augen auf die Bühne. Wenige Minuten später ersticht Faust Gretchens Bruder. Aus den ersten Reihen wird der Sterbende von den Kinderrufen mit „Tschüß!“ und „Gute Nacht!“ verabschiedet, nachdem Mephisto erklärt: „Gut pariert Herr Doktor Faust, der muss nicht mehr ins Krankenhaus.“
Jung und Alt im vollen Saal
Rund 100 Leute haben sich zur Premiere eingefunden. Die meisten Kinder sitzen direkt vor der Bühne auf dem Boden, einige neben ihren Eltern im Publikum. Aber auch viele ältere Zuschauer sind gekommen und das nicht nur, um ihre Enkel zu begleiten. „Ich habe von einer Freundin von dieser Aufführung erfahren und war sehr interessiert, wie das Stück umgesetzt wird“, erzählt Anna (65). „Vor allem der Mix aus Theater und Puppenspiel hat mir sehr zugesagt.“ Auch die kleineren Besucher waren begeistert. „Mir hat alles gut gefallen“, sagt Nicolas (7) und Nina (10) ergänzt: „Mir auch, und besonders lustig fand ich das Lachen vom Mephisto.“ Die Theatergruppe hat es mit ihrer Inszenierung geschafft, die Zuschauer für 50 Minuten in ihren Bann zu ziehen.
Weitere Vorstellungen: 9. bis 13. und 16. bis 18. Dezember, jeweils 10 und 12 Uhr, sowie am 14. und 15. Dezember um 15 Uhr
Wo: Honigfabrik, Industriestraße 125-131
Theaterkarten (Kinder 4 Euro, Erwachsene 6 Euro) können über die Honigfabrik reserviert werden (Tel: 421039-20)
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