Stadtteilaktivisten lehnen den „Hilldegarden“ auf dem Bunker in der Feldstraße ab und fordern selbst verwalteten, grünen Raum im Kulturbunker.
Zuerst veröffentlicht in der taz am 22. April 2015.
Einstimmig hat eine öffentliche Versammlung im Centro Sociale eine Resolution zum geplanten Dachgarten auf dem Bunker in der Feldstraße beschlossen: In der Erklärung „Bunker von unten“ kritisieren die Aktivisten die fehlende Beteiligung am Projekt „Hilldegarden“ – und schlagen eine stadtteilverträgliche Alternative für den Bunker vor.
Das gesamte Projekt sei durch seine Intransparenz geprägt, sagt Theresa Jakob, parteiloses Mitglied im Cityausschuss und Stadtplanungsausschuss für die Bezirksfraktion der Linken. „Eine Beteiligung der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte ist vom Bauträger bisher ausgeblieben.“ Jakob nennt den von zwei Initiatoren vorgeschlagenen kolossalen Garten-Aufbau „Hilldegarden“ einen „grünen Deckmantel“, bei dem kein Beteiligungsprozess, sondern nur ein Mitgestaltungsprojekt für Teile der Außenbegrünung vorgesehen seien.
Bisher gebe es weder ein Verkehrs- noch ein Lärmkonzept, so Jakob weiter. Auch der Quartiersbeirat Karolinenviertel hat bezüglich Erbpacht und Beteiligung bereits mehrere Beschlüsse gefasst. Die Kritikpunkte des Beirats finden sich auch in der Resolution wieder: Die beauftragte Projektagentur „Interpol“ missbrauche das „verständliche Bedürfnis vieler Menschen nach mehr Grün in der Stadt, um damit Geschäftsinteressen des Erbpachtnehmers Thomas Matzen politisch durchzusetzen“, heißt es dort. Die Kulturbehörde will den bestehen Erbpachtvertrag mit Unternehmer Matzen ohne die üblichen Pachtzahlungen verlängern. Damit würde der Senat auch das Projekt „Hilldegarden“ ermöglichen.
Gemeinwohl statt Profitinteresse
Ginge es nach dem Willen der Stadtteilaktivisten, könnte das Flachdach des Bunkers, auch ohne es aufzustocken, begrünt werden. Aus dem Gelände rund um den Bunker bis hin zur Alten Rindermarkthalle könne ein öffentlicher Stadtteilgarten für St. Pauli entstehen. Eine solche Entwicklung würde es zusätzlich ermöglichen, eine würdige Gedenkstätte auf oder am Bunker schaffen, der unter dem Nazi-Regime mit Zwangsarbeit errichtet worden war.
Eine kostenlose Nutzung des Dachgartens will Eigentümer Thomas Matzen durch kostenpflichtige Veranstaltungen im Bunker finanzieren.
Die Stadtteilaktivisten fordern die Stadt auf, den Erbpachtvertrag umgehend aufzulösen und aus dem Bunker ein selbstverwaltetes Kulturprojekt zu machen. Um Transparenz über den aktuellen Planungsstand zu schaffen, sollten in ihren Augen Baupläne und realistische Darstellungen des Dachgartens veröffentlicht werden. Die Aktivisten sind gegen den Aufbau auf dem denkmalgeschützten Bunker und stattdessen für eine offene, am Gemeinwohl orientierte Planung zu ermöglichen.
Stadtteil fordert Transparenz
Aus einer Kleinen Anfrage der Linken geht hervor, dass das Bauvorhaben auf Senatsebene bereits weiter vorangetrieben wird. Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Finanzbehörde, dem Landesbetrieb Immobilienmanagement, der Kulturbehörde und des Bezirksamts befasst sich seit Dezember 2014 mit den Details der Planung und bereitet erste formaler Schritte vor. „Die Antworten des Senats sind nicht nur mangelhaft, sondern in Teilen auch falsch“, kritisiert Stadtteilaktivistin Jakob. So sei eine Vorstellung der Planung nicht für alle Bezirksfraktionen, sondern nur für SPD und Grüne erfolgt. Auch auf Landesebene bleibe es intransparent: Der Senat werde die Bürgerschaft zu gegebener Zeit mit dem Dachgarten befassen, heißt es in Senatsantwort – einen konkreten Zeitpunkt könne man dafür noch nicht nennen.
Theresa Jakob
23. April 2015 at 12:48
Erst geheime Senatsdrucksachen und dann ebenso heimliche Senatsarbeitsgruppen
Transparenz sieht anders aus Herr Scholz
Welche Interessen stecken unter dem grünen Deckmantel?
Im Zentrum der Verflechtungen steht immer wieder der selbe Name Staatsrat Dr. Horst-Michael Pelikahn – In Bayern würde man sagen – das hat „Geschmäckle“ wer da mit wem warum wofür so ein Projekt vorantreibt
Nachdenker
29. April 2015 at 12:09
Weshalb sind ausgerechnet Hamburger Bürgermeister und immer SPD daran interessiert, dass St.Pauli immer mehr vom Kommerz überschwemmt wird? Das fing mit H.v.D. an und hört offenbar erst auf, wenn der letzte „arme Schlucker“ aus dem Viertel weggezogen- oder tot ist!
A.Bebel
9. Mai 2015 at 06:50
Interessant, der Bezirksamtsleiter tönt öffentlich, es würde Bürgerbeteiligung geben, und hinter den Kulissen wird schon mal alles klar gemacht. Wieder mal typisch Grote.
Dirk Holm
15. Mai 2015 at 08:43
Das mit der Begrünung ist ziemlicher Unfug. Der Wilhelmsburger Flakturm war jahrelang begrünt. Viele Menschen im Stadtteil regten sich über sein „schreckliches“ Erscheinungsbild auf. Deshalb wurde er für viel Geld bepflanzt. Bis man feststellte, dass die Absonderungen der Pflanzen den Armierungsstahl im Beton und damit die Substanz des Gebäudes schwer beschädigten. Diese Art des Umgangs mit einem Mahnmal für den Wahnsinn des Nazikrieges geht gar nicht. Inzwischen wurde der Flakturm zum „Energiebunker“ umdefiniert und umgebaut. Ein angemessenes Gedenken an die bei Bau missbrauchten Zwangsarbeiter sowie an die Zivilisten, die bei
Bombenangriffen auf dem Weg zum vermeintlich sicheren Bunker um ihr Leben kamen, gibt es bis heute nicht. Im Zuge der Bauausstellung war an die Einrichtung eines Dokumentationszentrums im Gebäude gedacht. Wegen mangelnder Bereitsschaft der Stadt dies dauerhaft zu finanzieren, ist das Projekt gescheitert. Bis heute ist nicht einmal eine gut sicht- und lesbare Erklärungstafel am Gebäude angebracht, die auf seine historische Funktion und Bedeutung hinweist (ich denke dabei an die vielen blauen Hinweisschilder, die überall in der Stadt an historischen Bauwerken angebracht sind).
Nein! Der Flakturm Feldstraße sollte unbedingt erhalten werden. Und zwar mindestens äußerlich, so wie er ist. Nicht noch ein kommerzgetriebenes Belustigungsprojekt!