Bleiberecht, Wohnung, Arbeitserlaubnis: Am Samstag haben in Hamburg etwa 8.000 Menschen für die Rechte von Menschen ohne Papiere demonstriert. Das klare Statement der DemonstrantInnen: „Ein Recht auf Stadt gilt für alle“.
Mehr als 92 Gruppen, Initiativen und Organisationen schlossen sich dem Aufruf des Netzwerks “Recht auf Stadt – never mind the papers” an und demonstrierten am Samstag in der Innenstadt für die Rechte von Flüchtlingen in Hamburg. Etwa 8.000 Menschen zogen von den Landungsbrücken über den Jungfernstieg auf den Rathausmarkt.
„Drei Wochen vor den Bürgerschaftswahlen wollen wir noch einmal ein deutliches Signal an die Öffentlichkeit und Politik senden und den Kampf von Refugees, darunter die Gruppe Lampedusa in Hamburg, für Bleiberecht, Arbeitserlaubnis und Wohnraum zu unterstützen“, fasst „Recht auf Stadt“ die Forderungen zusammen.
Junge Hamburger für Flüchtlinge
Besonders viele junge Menschen beteiligten sich an den lautstarken, kreativen Protesten am Samstag. Die Jüngsten von ihnen liefen mit ihren Eltern im „Kinderblock“. „Auch auf dieser Demonstration haben wir einen Schülerblock eingerichtet, um zu zeigen, dass wir uns gegen die Flüchtlingspolitik in der Stadt einsetzen“, sagt Nadja Sanchez. Die junge Frau prangert das Asyl-System der Europäischen Union an und fordert den Stopp von Abschiebungen aus Deutschland. Sie glaubt, dass schon in Hamburg mehr getan werden könnte: „Immer wieder trifft es auch Mitschüler. Aber manchmal kann eine Abschiebung durch Öffentlichkeit und Protest gerade noch verhindert werden.“
Die Forderungen nach besseren Lebensbedingungen für Flüchtlingen hängt für die TeilnehmerInnen der Demonstration eng mit einem „Recht auf Stadt“ als solches zusammen. Insbesondere gilt dies für die Forderung nach bezahlbarem Wohnraum und die Eindämmung von Leerständen. Statt in großen oft abgelegenen Unterbringungen, wie der zentralen Erstaufnahme in der Schnackenburgallee, sollten die Flüchtlinge in Wohnungen in der Stadt untergebracht werden, fordern die Organisatoren der Demonstration.
Keine Arbeit, keine Krankenversicherung
„Wir setzen uns dafür ein, dass auch Menschen ohne eine Krankenversicherung eine medizinische Versorgung erhalten“, sagt ein Vertreter des Medibüros. Bisher gebe es für Menschen ohne Papiere nur wenig Möglichkeiten, sich behandeln zu lassen. Die Stadt verlasse sich bei der Gewährleistung der medizinischen Versorgung auf Ehrenamtliche, die sich engagieren, kritisiert das Medibüro bei einer Ansprache. Stattdessen müsse man das Gesundheitssystem für die Geflüchteten öffnen und ihnen erlauben zu Arbeiten. Denn hätten sie eine Arbeitserlaubnis, könnten sie sich auch krankenversichern.
Lampedusa in Hamburg: „Wir wollen arbeiten“
Keine Krankenversorgung, keine Arbeitserlaubnis: Schwierigkeiten, die auch die Mitgliedern der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ selbst erfahren haben. Noch immer ist für sie nicht klar, ob sie in Hamburg oder überhaupt in Deutschland bleiben dürfen. Kurz vor der Bürgerschaftswahl wollen sie noch einmal Druck auf den SPD-Senat aufbauen. „Unsere Situation hat sich noch immer nicht verändert. Die Hamburger Politik muss unsere Arbeitserlaubnis aus Italien anerkennen und uns ein Leben hier ermöglichen“, fordert ein Sprecher von „Lampedusa in Hamburg“. Viele Mitglieder der Gruppe haben sich den Protesten am Samstag angeschlossen. Erneut wollten sie ein Zeichen für ein Bleiberecht der ganzen Gruppe setzen.
Hamburger verschenken ihre Stimme
Einige der Lampedusa-Flüchtlinge hatten die Chance, tatsächlich ihre Stimmen für die Bürgerschaftswahl abzugeben. Viele DemonstratInnen waren dem Aufruf des Schwabinggrad-Balletts gefolgt und hatten ihre Briefwahlunterlagen für die Bürgerschaftswahl am 15. Februar im Demogepäck.
In der orangefarbenen „Wahl-Patroullie“ schenkten die wahlberechtigten HamburgerInnen einigen Menschen ohne Papiere ihre Stimmen. Auf den Wahlakt folgte eine Wahlparty mit Sekt und Konfetti. „Viele Menschen, die seit Jahren in Hamburg leben, dürfen nicht wählen gehen“, kritisiert Grace vom „Schwabinggrad-Ballett“. Man solle auch dort mitbestimmen dürfen, wo man lebt, meint die Aktivistin. Deshalb habe die Gruppe dazu aufgerufen, Menschen ohne Wahlberechtigung die Kreuze auf ihren Briefwahlunterlagen machen zu lassen.
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Carlos Combat
4. Februar 2015 at 17:19
Was heißt nicht illegal? Wer sich als Flüchtling nicht zu erkennen gibt, sich nicht anmeldet, also wild wohnt, vielleicht nicht ohne Arbeitserlaubnis werkelt, tut dies illegal!
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