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Flüchtlingsunterkunft: Nicht aus der Verantwortung ziehen

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Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Die Pläne rund 600 Flüchtlinge in der Berzeliusstraße in Billbrook unterzubringen sind umstritten. Aus Sicht der Stadt gibt es jedoch aufgrund steigender Flüchtlingszahlen kaum Alternativen.

Bereits vor der Sitzung des Hauptausschusses der Bezirksversammlung Mitte wurden die Pläne der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) an der Berzeliusstraße in Billbrook Unterkünfte für rund 600 Flüchtlinge zu schaffen heiß diskutiert. Viele BewohnerInnen von Billstedt und Billbrook fühlen sich an die untragbaren Zustände erinnert, die an diesem Standort geherrscht haben, als hier bis 2002 schon einmal rund 1.000 Flüchtlinge untergebracht waren. Der Grünen Bezirksabgeordnete Lothar Knode war damals beruflich als Sozialarbeiter in der Einrichtung tätig: „Dieser Ort war aufgrund der Nähe zur Industrie einer der giftigsten Flecken Hamburgs“, erinnert sich Knode. „Wie es heute mit der Umweltbelastung aussieht weiß ich aber nicht“, sagt er weiter. Die Fläche sei jedoch weiterhin genauso abgeschieden wie damals. Es gebe keine Infrastruktur und kaum Anbindungen an den öffentlichen Nahverkehr. „In dieser Abgeschiedenheit haben sich damals Situationen ergeben, in der hilfsbedürftige Menschen anderen dort Untergebrachten völlig ausgeliefert waren“, sagt Knode und spricht von mafiösen Strukturen innerhalb der Unterkunft. Aufgrund dieser Erfahrung sei eine erneute Unterbringung in der Berzeliusstraße abzulehnen.

Grote: Schnelle Lösung vor dem Winter nötig

Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) ist bemüht, die derzeitige Lage der Stadt zu erklären. Obwohl nicht der Bezirk, sondern die BASFI die Unterbringung in Billbrook vorgeschlagen hat, kann Grote die Gründe der Behörde nachvollziehen. „Man muss nur die Nachrichten einschalten, um zu sehen was gerade auf der Welt los ist“, sagt Grote. Niemand wolle diese Unterbringung, es sei aber fraglich, ob man in der derzeitigen Situation darauf verzichten könne. Schon seit Monaten beobachtet man in Hamburg steigende Zahlen von ankommenden Flüchtlingen. Inzwischen sind es rund 500 Hilfsbedürftige, die täglich neu in der Hansestadt Schutz suchen. Da die Stadt auf diese Situation nicht vorbereitet war, müssen rund 300 Flüchtlinge derzeit in Zelten leben. „Wir haben einfach einen hohen Druck, diese Menschen unterzubringen. Dass hunderte Flüchtlinge in einfachen Zelten untergebracht sind, geht im Winter einfach nicht mehr“, sagt Grote.

In der Berzeliusstraße könne man sofort eine große Zahl an Menschen aufnehmen. Die BASFI geht davon aus, dass innerhalb von drei Monaten Unterkünfte bereitgestellt werden können. Eine solche Möglichkeit gibt es laut Grote nirgendwo anders im Bezirk. Der Bezirksamtsleiter ist sich zwar der vorbelasteten Geschichte des Standortes bewusst, verspricht jedoch, dass vergleichbare Verhältnisse hier nicht wieder entstehen sollen. Unter anderem sollen hier Schulungen und eine Kinderbetreuung für die Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden. Auf einen Betreuer sollen 80 Flüchtlinge kommen. Die Einrichtung ist zunächst auf fünf Jahre geplant. „Wir werden die Menschen unterbringen müssen. Dieser Verantwortung können wir uns nicht entziehen“, appelliert der Bezirksamtsleiter an die Abgeordneten.

Entscheidung bis Ende August

Einen Antrag für die Unterbringung hat die BASFI bereits eingereicht. Innerhalb der Bezirkspolitik sind die Meinungen gespalten. Neben den Grünen lehnt auch die CDU die Unterbringung in Billbrook strikt ab. „Es gibt unendlich viele Gründe, die man völlig emotionslos gegen diese Fläche vorbringen kann“, sagt Gunter Böttcher, Fraktionsvorsitzender der Christdemokraten. Es gebe zudem eine Vielzahl anderer Flächen, die geeigneter seien. Die Linke hingegen spricht sich deutlich für die Berzeliusstraße aus. „Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass die Menschen nicht in den Zelten erfrieren“, sagt Christine Detamble-Voss von der Fraktion die Linke. Aber auch innerhalb der festen Unterkünfte müsse man immer weiter dafür kämpfen, dass die Flüchtlinge unter guten Bedingungen leben könnten.

Bei der SPD ist man noch unentschlossen, wie man abstimmen soll. „Die Frage ist, ob die Not wirklich so groß ist, dass man wieder an diese Fläche ran muss“, sagt Kerstin Gröhn, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD. Bis zum Ende des Monats wolle man jedoch genau prüfen, ob eine Unterkunft hier vorstellbar sei. „Es ist ein Teil unserer Verantwortung, dass man sich auch Standorte anschaut, die man vorher nicht betrachtet hat. Wir werden das hier genau prüfen“, sagt Arik Willner, Bezirksabgeordneter der SPD. Bis Ende August hat die Bezirksversammlung die Möglichkeit, eine Stellungnahme zu dem Vorhaben abzugeben. Danach entscheidet die Behörde endgültig über die Nutzung des Standortes.

 

 

Bild: Google Maps

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